Transaktionen oder Aktivitäten? Zwei Steuern für die Märkte
18.05.2010, 12:43 UhrDie Schuldenkrise sorgt für Bewegung: Deutschland schließt sich den Forderungen nach einer Finanztransaktionssteuer an. Der IWF dagegen verfolgt ähnliche Ziele mit einem anderen Steuerkonzept. Noch ist offen, welcher Vorschlag die besseren Chancen hat.
Die Namen klingen ähnlich, doch hinter den Begriffen Finanzmarkttransaktionsteuer und Finanzaktivitätsteuer verbergen sich zwei verschiedene Konzepte: Welches das bessere ist, darüber gehen die Meinungen der Experten auseinander.
Einigkeit herrscht eigentlich nur in dem Bestreben, die Finanzbranche an den Kosten der letzten und vor allem künftiger Krisen zu beteiligen. Das gilt in Deutschland für alle Bundestagsparteien und international für die wichtigsten Wirtschaftsmächte. Doch wenn es um das geeignete Instrument oder eine Kombinaten von Instrumenten geht, dann wird die Lage zunehmend unübersichtlich. Hier die wichtigsten Eckpunkte zum Vergleich:
Transaktionssteuer
Die Finanzmarkttransaktionssteuer (auch Finanzmarktsteuer oder Finanztransaktionsteuer) soll alle Geschäfte mit Finanzprodukte gleichmäßig belasten. Die Steuer fällt bei der Transaktion an, also beim Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers. Die diskutierten Steuersätze bewegen sich im Bereich von 0,05 bis 1,0 Prozent vom Volumen der jeweiligen Transaktion. Die generell niedrige Besteuerung möglichst aller Markt-Aktivitäten soll die Geschwindigkeit des Handels bremsen und so extreme Marktschwankungen verhindern. Geschäfte, die auf einer hohe Zahl an Finanzbewegungen basieren, werden so weniger attraktiv, heißt es.
Gegner befürchten, dass eine solche Abgabe auch Kleinsparer zum Beispiel bei der privaten Altersvorsorge belastet. Die Unterstützer halten dem entgegen, dass dies bei einem minimalen Besteuerungssatz kaum ins Gewicht fällt, sich aber bei den sehr hohen und kurzfristigen Umsätzen der Spekulanten um so stärker auswirkt. Wegen des großen Volumens der Handelsaktivitäten dürfte die Finanztransaktionsteuer mehr Geld einbringen als die Finanzaktivitätsteuer.
Der Vorschlag, auf jedes Geschäft mit Aktien, Devisen und Derivaten eine Steuer zu erheben, wird in Fachkreisen unter Stichworten wie "Tobin-Tax" schon lange diskutiert. Zwischenzeitlich war dieses Modell allerdings fast schon wieder vom Tisch, nachdem die USA sich dagegen entschieden hatten und auch der IWF es als nicht sonderlich geeignet wertete. Doch nun hat sich der Wind zumindest in Europa wieder gedreht. In Deutschland gibt es mittlerweile auch im Regierungslager, bei der Union, aktive Befürworter. Die Opposition plädierte schon länger dafür. Auch in der EU ist die Steuer wieder ein Thema.
Die Transaktionssteuer würde alle Märkte und Marktakteure treffen, könnte den darbenden Staatshaushalten Entlastungen in Milliardenhöhe bei Krisenkosten und -prävention bringen. Die Steuer stellt ein grobkörniges Instrument dar, das man aber für bestimmte Zielgruppen schärfen könnte.
Aktivitätssteuer
Die Finanzaktivitätssteuer, wie sie der Internationale Währungsfonds (IWF) im April vorgeschlagen hatte, beschränkt sich dagegen auf die Besteuerung der Gewinne von Finanzunternehmen und die Gehaltszahlungen wie Manager-Boni. Auch beim IWF-Konzept soll der Steuersatz niedrig bleiben, um die volkswirtschaftliche Funktionalität der Banken nicht zu behindern.
Vor allem in Kombination mit einer pauschalen Finanz-Stabilitätsabgabe der Banken hält man die Aktivitätssteuer für das besser geeignete Instrument zur Beteiligung der Finanzbranche an den Krisenkosten.
Die Bezugsgröße dieser Steuer wären einerseits die Gewinne der Finanzinstitutionen (also Banken, Fonds, Finanzkonzerne) und andererseits die Summe ihrer Vergütungen (Manager-Boni). Mit ihr könnten, so der IWF, je nach konkreter Form erhebliche Einnahmen erzielt werden. Sie könnte zudem für unterschiedliche Ziele ausgestaltet werden.
Der IWF hält die Aktivitätssteuer für geeignet, die zum Teil ins Absurde abgeglittene Renditehatz im Finanzgewerbe mit hohen Boni und Sondervergütungen zu "bestrafen". Auch könnte das Modell zu einer Bremse für zügelloses, risikoreiches Wachsen von Finanzfirmen ausgebildet werden.
Bedenken im eigenen Haus
Die Befürworter der Aktivitätssteuer betonten, dass so der Kleinsparer verschont bliebe. Als Steuersatz wurde ein Wert von zwei Prozent ins Spiel gebracht. Kritiker bemängeln, dass diese Abgabe weniger Geld zur Bewältigung der Krise einbringt als die Transaktionssteuer und sie weniger zielgerichtet gegen schädliche Spekulationen gerichtet sei.
Auch der IWF gab jüngst eine Schwachstelle in seinem Vorhaben zu bedenken: "Kein einzelnes Instrument wird wahrscheinlich ausreichen, um die angestrebten Ziele zu erreichen." Der Schritt zur Kombination von verschiedenen Instrumenten ist da nicht weit.
So sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder nach einer Sitzung der Koalitionsspitzen in Deutschland, die Regierung solle sich "über die Bankenabgabe hinaus" auf europäischer und globaler Ebene für eine Finanzsteuer einsetzen, sei es nun eine Transaktionssteuer oder eine Finanzaktivitätssteuer.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/rts