Korruptionsaffäre und Boni Siemens-Aktionäre sind gefragt
25.01.2010, 10:55 UhrUnd jährlich grüßt ... Auf der Hauptversammlung geht es wieder mal um die Aufarbeitung der Korruptionsaffäre. Ein großes Thema wird aber auch die Entlohnung der aktuellen Führungsspitze sein.

Finanzchef Joe Kaeser mit Siemens-Chef Peter Löscher.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Konzernspitze stehen wieder einmal turbulente Stunden bevor. Wie in den vergangenen drei Jahren geht es vorwiegend um die Aufarbeitung der Korruptionsaffäre. Der Aufsichtsrat um Gerhard Cromme bittet die Aktionäre um Zustimmung für die millionenschweren Vergleiche mit neun Ex-Managern, die insgesamt knapp 20 Mio. Euro zahlen und so zumindest für einen kleinen Teil des Gesamtschadens von 2,5 Mrd. Euro büßen sollen.
Doch an den Schadenersatzsummen zwischen einer halben und fünf Mio. Euro pro Person entzündet sich der Konflikt. Viele Aktionäre wollen mit der Einigung endlich einen Schlussstrich unter die größte Schmiergeldaffäre der bundesdeutschen Wirtschaftsgeschichte ziehen, andere verlangen dagegen einen deutlich größeren Beitrag von der einstigen Führungsriege um den langjährigen Konzernchef Heinrich von Pierer. "Die Summen, die von den Vorständen verlangt werden, sind im Verhältnis zu dem verursachten Schaden lächerlich gering", kritisiert die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).
850 Mio. für Berater in Korruptionsaffäre
Siemens verteidigt die Einigung, zumal sie viele der Ex-Manager um ihr gesamtes Vermögen bringe. Ein Zivilrechtsstreit würde Jahre dauern und hohe Kosten verursachen. "Das Thema Korruptionsvorgänge würde auf unabsehbare Zeit in der Wahrnehmung der Mitarbeiter und der Öffentlichkeit wachgehalten", warnt der Dax-Konzern. Der Streit um die Schadenersatzzahlungen könnte die Hauptversammlung, zu der jährlich tausende Anleger in die Münchener Olympiahalle kommen, einmal mehr vom Morgen bis weit in die Nacht beschäftigen.
Nachdem Siemens alle Geldstrafen für die Korruptionsaffäre bezahlt hat, nehmen die Anteilseigner nun die Kosten für die Aufarbeitung der Affäre ins Visier. Die rund 850 Mio. Euro die der Konzern für Berater, im wesentlichen die US-Kanzlei Debevoise & Plimpton, ausgegeben hat, verursachen bei einigen Eigentümern Stirnrunzeln. "Hier wird es einer Aufarbeitung bedürfen, wieso diese Kosten so hoch sind", fordert die SdK. Siemens muss aufgrund der Konjunkturflaute ohnehin auf seine Kosten achten. Im vergangenen Quartal schmolz der Gewinn nach Analystenschätzungen im Jahresvergleich um gut ein Fünftel auf 950 Mio. Euro ab, wenn auch der Auftragsschwund zunächst gestoppt erscheint.
Gehaltsschema auf der Agenda
Ein großes Thema wird auch die Entlohnung der aktuellen Führungsspitze werden. Siemens bittet seine Aktionäre erstmals um Zustimmung zum geltenden Vergütungssystem für die Vorstände. Das Votum ist rechtlich unverbindlich und betrifft auch nicht die Höhe der Gehälter, sondern nur deren Zusammensetzung und ihre Kopplung an den Unternehmenserfolg. Während viele Aktionärsverbände das System nur in Details kritisieren, treibt es den Belegschaftsaktionären beim Blick auf das Jahreseinkommen von Vorstandschef Peter Löscher von 7,1 Mio. Euro die Zornesröte ins Gesicht. Es sei "durch nichts zu begründen, dass die Vergütung des Vorstandsvorsitzenden mehr als das 150-fache des durchschnittlichen Einkommens eines Siemens-Mitarbeiters beträgt", erklärte der Verein der Belegschaftsaktionäre. Der Verein will auch die Bezahlung der Aufsichtsräte auf ein Jahresfixum von je 50.000 Euro zurückstutzen und schaffte es mit diesem Antrag sogar auf die Tagesordnung. Die Konzernführung lehnt den Vorstoß ab.
Siemens setzte die Abstimmung über das Vergütungsschema nach einer Gesetzesänderung im vergangenen Jahr freiwillig auf die Agenda. "Wenn es ein positives Votum ist, bedeutet das eine platonische Vertrauenserklärung", erklärt Wirtschaftsanwalt Axel Wenzel von der Kanzlei Oppenhoff & Partner. "Falls die Aktionäre mit Nein stimmen, hat das keine rechtlichen Konsequenzen, aber sicher eine starke Wirkung in der Öffentlichkeit. Das wäre eine Katastrophe für die öffentliche Wahrnehmung und genau das war die Absicht des Gesetzgebers." Auf die Rückendeckung der Gründerfamilie Siemens- mit knapp sechs Prozent größter Anteilseigner - und der meisten Großinvestoren dürften Löscher und Cromme wie gewohnt zählen können.
Quelle: ntv.de, rts