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Die Welt zu Gast im Schwellenland Südafrika weckt Hoffnung

Austragungsort Soweto im Oktober 2009.

Austragungsort Soweto im Oktober 2009.

(Foto: Reuters)

Ein halbes Jahr vor dem Anpfiff der Fußball-WM 2010 macht sich im Gastgeberland Ernüchterung breit. Der erhoffte Aufschwung rückt in weite Ferne. Deutsche Unternehmen rechnen sich dennoch Chancen aus.

"Das Land am Kap der guten Hoffnung beeindruckt durch ein stabiles Wirtschaftswachstum, eine moderate Inflationsrate und einen boomenden Bausektor, der seine Aktivitäten ganz auf die Fußballweltmeisterschaft im kommenden Jahr konzentriert", hieß es in einer Studie der Wirtschaftsberatung Pwc. Die Bauwirtschaft wird dabei vor allem von staatlichen Infrastrukturmaßnahmen im Zusammenhang mit der Fußball-Weltmeisterschaft angetrieben.

Doch von dem allgemeinen Aufwärtstrend profitiert nach Ansicht der Pwc-Experten auch die  Handels- und Konsumgüterindustrie. Südafrika gilt immer noch als Boomland, obwohl die Wachstumsraten im laufenden Jahr wohl erstmals seit Jahren in den negativen Bereich rutschen dürften. Die Wirtschaftsfördergesellschaft Germany Trade & Invest rechnet für 2009 mit einem krisenbedingten Rückgang des Bruttoinlandsprodukt um 2,2 Prozent.

In die Vorfreude auf die WM 2010 mischen sich mittlerweile skeptische Töne. In einer Umfrage der Unternehmensberatung KPMG äußerten sich lediglich 45 Prozent der befragten südafrikanischen Unternehmen zuversichtlich, dass die Weltmeisterschaft eine Art "WM-Dividende" in ihre Kassen spülen wird. Immerhin 35 Prozent der Unternehmen erwarteten sogar eher eine Störung ihres Betriebs, betonte KPMG bei der Vorstellung der Ergebnisse.

Auswirkungen der Krise

Jacob Zuma macht sich Sorgen.

Jacob Zuma macht sich Sorgen.

(Foto: REUTERS)

Unter Hinweis auf die globale Krise hatte Südafrikas Präsident Jacob Zuma zuletzt sogar vor weiteren Arbeitsplatzverlusten gewarnt. Seit Beginn der Krise habe der Kap-Staat bereits mehr als eine Million Jobs verloren. Der halbstaatliche Sozialwissenschaftliche Forschungsrat HSRC bezeichnete die Annahmen für positive Auswirkungen der WM auf Südafrikas Ökonomie als zu hoch angesetzt.

"Die allgemeine Annahme ist, dass der Beitrag des Ereignisses zur wirtschaftlichen Entwicklung - inklusive des Tourismus, der Arbeitsplatz-Schaffung und der Armutsbekämpfung - mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit völlig überzogen war", sagte der HSRC-Forscher Udesh Pillay.

So sei etwa 2004 ein Beitrag von 1,4 Prozentpunkten zum nationalen Wirtschaftswachstum vorhergesagt worden - nun würden nur noch 0,2 bis 0,9 Punkte angenommen. Schwer zu bewerten sei allerdings der Imagegewinn. Der verbreitete Afro-Pessimismus könne durch eine erfolgreiche WM nachhaltig revidiert werden.

Massenspektakel mit Umsatz-Effekt

Unternehmen aus Europa sehen ihre WM-Chancen dagegen in einem deutlich freundlicheren Licht. Europas größter Sportartikelkonzern Adidas zum Beispiel hat mit Blick auf die Fußball-Weltmeisterschaft einen Umsatzrekord mit Fußball-Artikeln in Aussicht gestellt.

"Die Welt zu Gast bei Freunden", hier in Gelsenkirchen nach dem Sieg der deutschen Mannschaft im Spiel gegen die Argentinier.

"Die Welt zu Gast bei Freunden", hier in Gelsenkirchen nach dem Sieg der deutschen Mannschaft im Spiel gegen die Argentinier.

(Foto: REUTERS)

"Wir sind die klare Nummer eins und erwarten 2010 mehr als 1,3 Mrd. Euro Umsatz mit Fußball. Das wäre Rekord", sagte Konzernchef Herbert Hainer Adidas habe beim WM-Turnier in Südafrika zwölf Teams unter Vertrag, während bei der WM 2006 in Deutschland nur sechs Mannschaften in Adidas aufliefen.

Analysten der US-Großbank Goldman Sachs sahen das ähnlich. Durch die Fußball-WM 2010 in Südafrika sei für das Unternehmen mit positiven Effekten zu rechnen, hieß es in einer Kaufempfehlung Ende November.

Wer kleidet wen ein?

Auch der weltweit drittgrößte Sportartikelhersteller Puma will mit dem sportlichen Großereignis die Konsumflaute hinter sich lassen. Der Adidas-Erzrivale hofft darauf, dass die Nachfrage umso stärker anzieht, je näher die WM 2010 in Südafrika heranrückt. Hier genieße Puma "einen echten Heimvorteil", sagte Vorstandschef Jochen Zeitz. Die Herzogenauracher rüsten zahlreiche afrikanische Mannschaften aus.

Dass Puma vom französischen Luxusgüterkonzern PPR kontrolliert wird, könnte sich im Afrika-Geschäft als Vorteil erweisen. PPR verfügt im afrikanischen Markt dank der seit kurzem börsennotierten Tochter CFAO über ein ausgebautes Vertriebsnetz, von dem die Puma-Beteiligung profitieren dürfte.

Den offiziellen Spielball stellt Adidas.

Den offiziellen Spielball stellt Adidas.

(Foto: picture alliance / dpa)

Neben den Sport-Zulieferern interessieren sich jedoch auch Konzern-Strategen aus anderen Branchen für das aufstrebende Schwellenland an der Südspitze des Kontinents. Die Deutsche Bank zum Beispiel will in Südafrika das lukrative Geschäft mit Fusionen und Übernahmen ausbauen.

"Bereits jetzt kommen 15 bis 20 Prozent unserer Erträge in Südafrika aus der Beratung bei Mergers & Acquisitions (M&A), und wir sehen hier durchaus noch Potenzial", sagte Herman Bosman, Südafrika-Chef der Deutschen Bank. "Wir wollen unsere M&A-Teams vergrößern", sagte er.

Finanzmarkt Südafrika

Erst im August hatte die Deutsche Bank vier Spitzenkräfte von den Konkurrenten Goldman Sachs, UBS und Macquarie Bank abgeworben und damit verschiedene Bereiche des Geschäfts in Südafrika gestärkt. Bosman selbst hatte sich vor seinem Start bei der Deutschen Bank einen Namen als Finanzchef der Rand Merchant Bank (RMB) gemacht und viele der größten Fusionen und Übernahmen in Südafrika begleitet.

Das an Rohstoffen - wie Diamanten, Gold und Platin - reiche Südafrika ist bei der Deutschen Bank Chefsache. Anshu Jain, der in dem Geldhaus den Titel "Head of Global Markets" trägt, sieht Südafrika als einen der künftigen Kernmärkte an.

Bankchef Josef Ackermann und seine Vorstände machen sich seinen Angaben zufolge regelmäßig vor Ort ein Bild der Lage. "Wir sehen hier viel Potenzial und wollen in den nächsten Jahren die Erträge jährlich um 10 bis 15 Prozent  erhöhen", erklärte Bosman. Das Wachstum soll rein organisch sein.

"Zukäufe sind nicht in der Pipeline", sagte der gebürtige Südafrikaner. Geplant seien vielmehr neue Produkte und der Ausbau der Teams. Für das Jahr 2009 rechnet Bosman mit Erträgen von 200 Mio. Euro. "Hiervon haben wir bereits 160 Mio. Euro erreicht", sagte er.

Zukunft am Kap

Das Geschäft der Deutschen Bank in Südafrika gliedert sich zu 80 Prozent in Equity- und Debt-Markets; Fusionen und Übernahmen machen 15 bis 20 Prozent aus. "Der M&A-Markt zieht, vor allem in den Sektoren Einzelhandel und Immobilien, wieder an und wir wollen dabei sein", sagte Bosman.

In Südafrika leben mehr als 49 Millionen Einwohner.

In Südafrika leben mehr als 49 Millionen Einwohner.

(Foto: REUTERS)

Im ersten Halbjahr 2009 gab es in Südafrika M&A-Deals im Wert von 3,4 Mrd. US-Dollar, wie aus einer Statistik von "mergermarket" hervorgeht. Das entspricht zwar nahezu eine Halbierung im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Vorjahres. Allerdings weist die Statistik im zweiten Quartal zunehmende Aktivität der Investoren und Berater aus.

Der größte Deal war im ersten Halbjahr der Erwerb von 11,3 Prozent an AngloGold Ashanti durch den Hedgefonds Paulson & Co. Der Marktführer Deutsche Bank trat in dem Geschäft als Berater auf. John Paulson ließ sich den Anteil an dem weltweit drittgrößten Goldproduzenten aus Johannesburg 1,28 Mrd. US-Dollar kosten.

Als weitere Einnahmequelle könnten auch wieder Börsengänge in Frage kommen: Nach einer langen Durststrecke rechnet Bosman damit, dass sich Unternehmen wieder an die Börse trauen.

"Wir erwarten angesichts einer Entspannung der wirtschaftlichen Lage eine Belebung bei den IPOs", sagte er. Diese werde aber wohl erst im ersten Quartal des nächsten Jahres spürbar sein. Mit Börsengängen rechnet Bosman vor allem in den Sektoren Nahrungsmittel und Finanzdienstleister.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa

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