D

Banken im Blick der EZB Viele Fragen an Trichet

Die anstehende Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank tritt einmal mehr in den Schatten wichtiger Richtungsentscheidungen der Währungshüter. Im Fokus stehen nämlich vor allem die künftigen Eingriffe in den Geldmarkt, die den Märkten viel über das Vertrauen in die finanzielle Verfassung des europäischen Finanzmarktes verrät.

RTR2EZD1.jpg

(Foto: REUTERS)

Wenn der Rat der Europäischen Zentralbank am Donnerstag in Frankfurt zu seinen monatlichen geldpolitischen Beratungen zusammentritt, dürfte die Entwicklung des Leitzinses erneut eher eine Nebensache sein - wenngleich die Leitzinsentscheidung nominell der wichtigste Tagesordnungspunkt ist. Mehr Raum dürfte dagegen die Diskussion über die Lage im europäischen Bankensektor einnehmen, sowie die Frage, welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um künftig für einen vernünftigeren Kurs bei den öffentlichen Finanzen im Euroraum zu sorgen.

Sicher ist, dass die EZB ihren Hauptrefinanzierungssatz auf dem Allzeittief von 1,0 Prozent belassen wird, wo er seit Juni 2009 steht. Die Prognosen dazu, wann die EZB mit dem Ausstieg aus der Politik des sehr billigen Geldes beginnen wird, haben sich in den vergangenen Monaten stetig nach hinten verschoben. Ursache dafür war zunächst die anhaltende Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung im Euroraum, gepaart mit anhaltend eingedämmten Inflationsperspektiven, später kam die eskalierende Staatsschuldenkrise hinzu.

Inzwischen erwarten Beobachter einen ersten EZB-Zinsschritt mehrheitlich erst für die zweite Hälfte des kommenden Jahres. Da sich das Bild bei Wachstums- und Inflationsrisiken seit der vergangenen Sitzung nicht geändert hat, gibt es allen Grund zu der Annahme, dass EZB-Präsident Jean-Claude Trichet das Zinsniveau der Pressekonferenz am Donnerstag als "weiterhin angemessen" bezeichnen wird.

Fragen nach Stützungskäufe

Fragen wird Trichet in der Pressekonferenz sicherlich zum Volumen und zur geplanten Dauer ihres Programms zum Aufkauf von Wertpapieren erhalten - nicht zuletzt deshalb, weil die EZB ihr bislang parallel laufendes Programm zum Ankauf besicherter Anleihen wie etwa Pfandbriefen in dieser Woche für beendet erklärt hat. Beobachter gehen allgemein davon aus, dass die EZB im Rahmen des Aufkaufprogramms auch weiterhin besicherte Anleihen kaufen kann. Die Frage ist, ob sie auch will. Bisher scheint sie das Programm vor allem für den Kauf von Staatsanleihen genutzt zu haben.

Für Diskussionen sorgte in dieser Woche, dass es der EZB erstmals nicht gelungen ist, die im Rahmen von Anleihekäufen geschaffene zusätzliche Liquidität im Rahmen eines einwöchigen Geschäfts wieder abzuschöpfen. Beobachter erklärten sich dies mit der zu diesem Zeitpunkt noch bevorstehenden Fälligkeit des Einjahrestenders im Volumen von 442 Mrd Euro.

Zieht Sturm auf oder entspannt sich die Lage? Banken senden derzeit gemischte Signale.

Zieht Sturm auf oder entspannt sich die Lage? Banken senden derzeit gemischte Signale.

(Foto: REUTERS)

Dabei sorgte das Bietungsverhalten der Banken bei den beiden extra zur Abfederung dieses Liquiditätsentzugs ausgeschriebenen Refinanzierungsoperationen für Rätselraten - beim ersten, dreimonatigen Geschäft fiel die Nachfrage niedrig aus, was auf eine unerwartet robuste Verfassung der Banken hindeutete. Beim zweiten, dem sechstägigen, war die Nachfrage nach EZB-Liquidität dagegen überraschend hoch.

Nimmt man die Nutzung der EZB-Einlagenfazilität als Maß für die überschüssige Liquidität im Bankensystem, so hat sich diese mit dem Auslaufen des Jahrestenders und unter Berücksichtigung der beiden gegenläufigen Geschäften sowie des nicht voll bedienten Absorptionstenders um 100 Mrd. Euro verringert. Entsprechend stiegen die Geldmarktsätze. Der für den unbesicherten Handel maßgeblich Tagesgeldsatz Euribor stieg am Freitag auf 0,79 Prozent, den höchsten Stand seit September 2009.

Stresstests auf der Agenda

Interesse dürften die Teilnehmer der monatlichen Pressekonferenz aber auch an den geplanten erweiterten Stresstests für Banken im Euroraum und an der von der EZB propagierten "Härtung" des Stabilitäts- und Wachstumspakts haben. Zu beiden Punkten hat es in dieser Woche interessante Statements von EZB-Direktoriumsmitgliedern gegeben, und man würde gerne die Meinung des Präsidenten dazu erfahren.
So sagte Jose Manuel Gonzalez-Paramo jüngst, die Stresstests umfassten auch das Szenario von Staatspleiten, allerdings nicht von Staaten der Eurozone. "Die Eurozone kann keinen Zahlungsausfall zulassen, daher hat es keinen Sinn, darauf einen Stresstest aufzubauen", so der Spanier. Zumindest deutsche Kreditinstitute haben an dem vorgeschlagenen Testszenario wegen der darin unterstellten starken Wertverluste hoch bewerteter Staatsanleihen Anstoß genommen. Die EZB ist daran interessiert, dass Klarheit über die Stressresistenz der Banken des Euroraums herrscht, weil dies insgesamt das Vertrauen innerhalb des Finanzsektors stärken würde.

Gonzalez-Paramos Kollege Jürgen Stark setzte sich am gleichen Tag in einer Rede erneut mit der Frage auseinander, wie der Währungsraum zu einer größeren Einheit auch in puncto Fiskalpolitik und Wettbewerbsfähigkeit finden könne. "Statt weiter abzuleugnen, dass die Mitgliedschaft in einer Währungsunion auch die Autonomie der nationalen Wirtschafts- und Fiskalpolitik einschränkt, müssen sich die Euro-Mitgliedsstaaten endlich auf den Boden der wirtschaftlichen Tatsachen stellen und gestärkten europäischen Regeln zur Sanierung ihrer Haushalte folgen", sagte er.

Stark forderte einen besseren Rahmen zur Überwachung und Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit einzelner Länder und zum Abbau von Ungleichgewichten. "Hierfür muss die Wettbewerbsfähigkeit, zum Beispiel auf Basis der Lohnstückkostenentwicklung, überwacht und unter Aufsicht gestellt werden", so Stark. Derart detaillierte Vorschläge zum Eingriff in die Politik der Nationalstaaten hat bisher noch kein EZB-Offizieller gemacht.

Quelle: ntv.de, nne/DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen