Im Zahlenwerk der Allianz Worauf Analysten achten
06.08.2010, 11:25 UhrMit dem Bericht zum zweiten Quartal findet das Dax-Schwergewicht Allianz freundliche Aufnahme am Aktienmarkt. Die Experten sehen selbst den starken Einbruch beim Nettogewinn alles andere als dramatisch. Doch in den Beifall mischen sich auch skeptische Untertöne.
Der im Dax gelistete Versicherungskonzern Allianz hat im zweiten Quartal trotz operativer Fortschritte deutlich weniger verdient. Der Nettogewinn ging um 45,6 Prozent auf 1,01 Mrd. Euro zurück, teilte Europas größter Versicherer mit. Analysten hatten im Schnitt mit 1,15 Mrd. Euro gerechnet. Operativ stieg der Gewinn von April bis Juni dagegen überraschend stark um 23 Prozent auf 2,19 Mrd. Euro an. Im Tenor äußerten sich die Experten überzeugt, und das obwohl das Ergebnis die Erwartungen in Teilen verfehlt hatte.
Die Allianz habe im zweiten Quartal 2010 eine starke operative Leistung erzielt, hielten LBBW-Analysten in einer ersten Reaktion fest. Der operative Gewinn von 2,2 Mrd Euro liege um rund 19 Prozent über der hauseigenen Prognose. Dazu beigetragen hätten zum Beispiel eine unerwartet geringe Schaden-Kosten-Quote und die prosperierende Vermögensverwaltung, hieß es.
Die Schaden/Kosten-Quote als zentrale Kennziffer für die Profitabilität verbesserte sich bei der Allianz zum Halbjahr auf gute 96,3 Prozent. Im Vorjahresquartal waren es 98,9 Prozent und im ersten Quartal sogar 100,4 Prozent. Bis zu Werten von 100 Prozent sind die Schadenzahlungen und Verwaltungskosten durch Prämieneinnahmen gedeckt, darüber ist das reine Versicherungsgeschäft nicht mehr profitabel.
Kursziel 111 Euro?
Dass indes der Nettogewinn des Gesamtkonzerns die Prognosen nicht ganz erreicht habe, sollte die Anleger nicht allzu sehr beunruhigen, schrieben die LBBW-Analysten. Die Allianz habe im zweiten Quartal schlicht keine Gewinne aus Kapitalanlagen realisiert. Der Ausblick des Konzerns sei weiterhin vielversprechend, so die Analysten weiter. Sowohl das Lebensversicherungsgeschäft als auch die Vermögensverwaltung wüchsen derzeit zweistellig.
Vor allem der überraschend deutliche Steigerung des operativen Gewinns schien auch die Anleger zu überzeugen. Die Titel des Versicherers stiegen in der Spitze um 1,7 Prozent auf 91,66 Euro. Der operative Gewinn im Vermögensmanagement sei herausragend, kommentierte DZ-Bank-Analyst Thorsten Wenzel. Die Sparte trage sehr viel mehr zum Nettogewinn bei als in der Vergangenheit. Auch die Schaden/Kosten-Quote bewertete Wenzel als positive Überraschung.
Kein Grund zur Traurigkeit
Dass der Nettogewinn geringer ausgefallen sei als erwartet, liege am Steuersatz, der höher ausgefallen sei als prognostiziert, erklärte Analyst Christian Muschick von Silvia Quandt Research. Das sei aber kein Grund, die Allianz-Zahlen als gemischt zu bewerten. Der Konzern sei auf einem guten Weg, seine Jahresziele zu erreichen.
Ähnlich äußerten sich Analysten der NordLB. Der Geschäftsbericht der Allianz enthalte ein "sehr gutes Halbjahresergebnis". Operativ laufe es bei den Münchenern rund, sagte NordLB-Analyst Constantin Rohrbach. Das etwas unter den Erwartungen ausgefallene Quartalsergebnis sei nicht beunruhigend. Der Konzern sei im Asset Management "ganz bewusst vom Gas" gegangen, dürfte aber keinerlei Probleme haben, so Rohrbach, diesen Bereich gegen Ende des Jahres wieder nach oben zu fahren.
Rohrbach sieht denn auch keinerlei Probleme bei der Erfüllung der Jahresendziele. Die NordLB stuft das Papier mit "Kaufen" ein und nennt ein Kursziel von 111 Euro. Am Berichtstag bewegte sich die Aktie im Bereich von gut 91 Euro.
Skeptische Händler
Einzelne Händler reagierten dagegen zurückhaltend. "Zwar hat sich das operative Geschäft sowohl in der Sachversicherung als auch in der Lebensversicherung und im Asset Management besser entwickelt als erwartet", sagte ein Händler. Allerdings hätten andere Branchengrößen wie die Munich Re schon "sehr gut vorgelegt".
Angesichts dieser guten Vorgaben könnten die Zahlen der Allianz nicht mehr als Kurstrigger für die Aktie dienen, war aus dem Lager der charttechnisch orientierten Beobachter zu vernehmen. "Nach dem Kursanstieg von unter 80 auf über 90 Euro auf Monatssicht könnten nun Gewinne mitgenommen werden", sagte ein Broker. Das Nettoergebnis liege rund zwölf Prozent unter den Konsensprognose. Unterstützung sahen Charttechniker beim Pivot-Punkt von 89,60 Euro, ein Pivot-Widerstand liege bei 91,50 Euro.
Jetzt kommt es auf das Wetter an
Im Vorfeld waren Analysten davon ausgegangen, dass die Allianz auf der Schadenseite zwischen April und Juni glimpflicher davongekommen sein dürfte als im turbulenten ersten Quartal. Damals hatten das schwere Erdbeben in Chile und der Orkan "Xynthia" nicht nur die Allianz, sondern die gesamte Branche schwer belastet.
Die Belastung durch Naturkatastrophen bezifferte die Allianz im zweiten Quartal auf 255 Mio. Euro. Im ersten Quartal waren es 555 Mio. Euro. Damit ist das Budget für das Gesamtjahr bereits verbraucht. Im Juli gab es weitere Belastungen: Die Gewitterstürme "Norina" und "Olivia" in Teilen Westeuropas führen vor Steuern wohl zu einem Minus von 35 Mio. Euro, der Hagelsturm "Petra" über Süddeutschland und Österreich verursacht noch einmal einen schaden von 30 Mio. Euro.
Quelle: ntv.de, mmo/AFP/DJ/dpa/rts