Wandelanleihen Chamäleon im Depot
23.07.2007, 12:03 UhrVon Gianluca Biggi, Senior Portfolio-Manager bei Jefferies (Schweiz) AG
An den Aktienmärkten jagt derzeit ein Hoch das nächste. Doch anders als noch im Rekordjahr 2000 profitieren immer weniger Menschen von den neuen Höchstständen. So ist allen Rekordmarken zum Trotz die Zahl der Aktionäre im vergangenen Jahr erneut zurückgegangen. Nach den bitteren Erfahrungen des letzten Aktiencrashs von 2000 trauen viele Anleger dem Aktienmarkt offensichtlich nicht mehr. Und in der Tat scheint bei so hohen DAX-Ständen wie in den letzten Monaten in der Tat Vorsicht geboten – die nächste Kurskorrektur ist schließlich auch diesmal nur eine Frage der Zeit.
Privatanleger haben jedoch Alternativen zum Aktienkauf. Neben den inzwischen recht populären Zertifikaten, die als Wetten auf so ziemlich jede erdenkliche Marktsituation, in immer verwirrenderer Vielfalt angeboten werden, bietet sich dem umsichtiger Anleger auch das seit Jahrzehnten erprobte Instrument der Wandelanleihen. Als hybride Finanzinstrumente vereinen Wandelanleihen die Vorteile von Anleihen und Aktien in einem Papier. Wie Anleihen haben sie eine feste Laufzeit mit fester Verzinsung; zusätzlich erhalten Anleger jedoch ein so genanntes Wandelrecht. Das bedeutet, dass Investoren ihre Papiere nach Ablauf der Laufzeit zu im Voraus festgelegten Bedingungen in Aktien umtauschen können. Damit bieten Wandelanleihen dem Anleger einerseits einen günstigen Kapitalschutz, und lassen ihn andererseits dennoch von steigenden Aktienkursen profitieren.
Gerade für mittel- bis langfristig orientierte Anleger bieten Wandelanleihen ein außergewöhnliches Ertrags-Profil: Stellt man den MSCI World Aktienindex den auf Wandelanleihen spezialisierten Jefferies Active Convertible Index (JACI) entgegen, wird deutlich, dass Wandelanleihen langfristig ein lohnendes Investment sind. Seit nunmehr zwölf Jahren erwirtschaften Wandelanleihen eine höhere Rendite als Anleihen und Aktien (siehe Grafik). Der Grund dafür liegt in der hybriden Natur von Wandelanleihen. Als Faustregel gilt, dass Wandelanleihen etwa 2/3 der Kursanstiegen der Basis-Aktien mitnehmen, aber nur zu etwa 1/3 unter Kursverlusten leiden.
Für die Wandeloption zahlt der Anleger eine Prämie, die so genannte Wandelprämie, die sich auf den Aktienkurs des emittierenden Unternehmens bezieht. Die im März dieses Jahres ausgegebene Wandelanleihe von Air Berlin hatte beispielsweise eine Wandelprämie von 37 Prozent. Das bedeutet, dass sich die Umwandlung in Aktien für den Anleger erst lohnt, wenn die Aktienkurse von Air Berlin um mehr als 37 Prozent steigen.
Direktanleger müssen jedoch eine Reihe von wichtigen Details beachten. So spielt etwa die Volatilität eines Wertpapiers eine wichtige Rolle für die Preisbildung einer Wandelanleihe und auch in der vertraglichen Ausgestaltung der einzelnen Papiere kann es Fallstricke für Anleger geben. Sonderformen von Wandelanleihen wie Zwangswandler, die am Ende der Laufzeit auf jeden Fall in Aktien getauscht werden müssen oder Umtauschanleihen, die am Ende der Laufzeit in Aktien eines anderen Unternehmens getauscht werden können, machen Wandelanleihen zusätzlich zu einem überaus komplexen Anlageinstrument.
Daher sollten Anleger auf die Hilfe von Experten zurückgreifen und in Wandelanleihen-Fonds investieren. Durch den weltweiten Anstieg von Wandelanleihen-Emissionen in diesem Jahr ist auch die Auswahl der möglichen Wandelanleihen gestiegen, so dass sich auch individuelle Wandelanleihen-Portfolios erstellen lassen, die genau auf die individuellen Wünsche der Anleger ausgerichtet sind.
Die Vorteile von Wandelanleihen auf einen Blick:
Wandelanleihen sind Anleihen mit Aktienumwandlungsoption (vom Gläubiger zum Aktionär) oder anders ausgedrückt: Eine in Aktien wandelbare Obligation
Die Wandelanleihe bietet dem Anleger so die Möglichkeit, an Kursanstiegen der zugrunde liegenden Aktie teilzuhaben
Die Wandelanleihe reduziert das mit dem Aktienbesitz verbundene Risiko
Wandelanleihen sind eine seit langem etablierte Investionsmöglichkeit mit sehr attraktivem Risiko-Ertrags-Verhältnis: sie partizipieren als Faustregel zu 2/3 an Kursanstiegen der Aktien, aber nur zu 1/3 bei Baissen
Quelle: ntv.de