Südkorea Wenig Impulse
13.05.2008, 17:01 UhrVon Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest
Die Erholungstendenz des Aktienindex Kospi seit Mitte-März könnte als Untermauerung der etwas gewachsenen Zuversicht an den internationalen Finanzmärkten interpretiert werden. Diese Bewertung erscheint jedoch verfrüht. Vielmehr hat die Entscheidung der Notenbank in der letzten Woche die Zinsen unverändert zu lassen, die zuvor aufgebauten Erwartungen hinsichtlich einer ersten Lockerung der Geldpolitik enttäuscht.
Die Marktteilnehmer müssen daher in den kommenden Monaten, ähnlich wie in den anderen asiatischen Märkten, die sich abschwächende Konjunktur und andauernde Inflationsrisiken in ihren Positionierungen verarbeiten.
Stabilisierend wirken in diesem Zusammenhang das im regionalen Vergleich recht niedrige Bewertungsniveau des südkoreanischen Aktienmarktes und die voraussichtlich langsam zum Stillstand kommende Abwertungsbewegung der Landeswährung Won. Diese hat in den letzten Wochen die positive Aktienmarktbewegung aus Sicht eines Euroraum-Investors deutlich gedämpft.
Die konjunkturelle Perspektive Südkoreas bleibt getrübt, da einerseits die nach dem politischen Wechsel im April erwarteten strukturellen Impulse bislang noch nicht konkretisiert wurden, und andererseits die Frühindikatoren bereits eine deutliche Verlangsamung der wirtschaftlichen Dynamik in den kommenden Monaten anzeigen. Auslöser hierfür sind vor allem nachlassende Impulse vom Außenhandel. Zwar ist die Wirtschaft Südkoreas im asiatischen Kontext kaum noch als überdurchschnittlich handelsorientiert zu bezeichnen, aber die Volkswirtschaft reagiert insgesamt sehr sensitiv auf schwächere Exportimpulse.
Vor diesem Hintergrund überrascht auch nicht der seit 2003 starke Gleichlauf zwischen der Konjunktur Südkoreas und der Weltwirtschaft. Andere Länder, wie beispielsweise Malaysia, können sich mittlerweile trotz einer stärkeren Handelsorientierung besser von der globalen Konjunkturdynamik lösen, da die strukturellen Veränderungen der Binnenwirtschaft die gesamtwirtschaftliche Dynamik auf einem hohen Niveau stabilisieren.
Die Geldpolitik wird der Wirtschaft Südkoreas vermutlich erst dann Impulse liefern können, wenn sich die Inflationsraten wieder in Richtung des Notenbankziels von 2,5-3,5% bewegen. Im April vergrößerte sich hingegen der Abstand, da die Inflationsrate auf 4,1% geg. Vorjahr stieg. Sollte jedoch der Trend der Frühindikatoren bestätigt werden und sich die Konjunktur in den kommenden Monaten deutlich verlangsamen, ist mit Zinssenkungen um bis zu 100 Basispunkten zu rechnen. Die Wirkung der geldpolitischen Impulse dürfte mit Blick auf 2009 gleichwohl moderat bleiben, da die Investitionsdynamik im Zuge schwächerer Impulse vom Außenhandel und einer geringen Dynamik des Privaten Verbrauch kaum kräftig ansteigen wird.
Darüber hinaus hält die Diskussion über das Klima für ausländische Direktinvestitionen an. Gerade an diesem kritischen Punkt dürfte der Reformwille der neuen politischen Führungsmannschaft gemessen werden. Insgesamt erscheint der in dem Börsentrend zum Ausdruck kommende Optimismus daher etwas überzogen. Impulse aus der Region könnten das Bild im Jahresverlauf allerdings aufhellen.
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Quelle: ntv.de