Osteuropa-Anleihen Gute Perspektiven
16.02.2009, 16:56 UhrVon Stefan Grünwald, Fondsmanager, Global Fixed Income, Raiffeisen Capital Management
Mit Fonds, die in Staatsanleihen der zentral- und osteuropäischen Länder (kurz CEE-Länder) bzw. der Euro-Beitrittskandidaten investieren, konnten Anleger in den vergangenen Jahren ausgezeichnete Erträge erzielen. Wertzuwächse von jährlich rund 7% seit dem Jahr 2000 liegen nicht nur deutlich über denen deutscher Staatsanleihen, sondern sogar auf einem aktienähnlichen Niveau.
Höheres Zinsniveau und Währungspotential
Die Anleger profitierten dabei von den höheren Zinsniveaus der zentral- und osteuropäischen Länder und den Kurs- und Währungspotenzialen durch die vollzogenen bzw. zu erwartenden Angleichungen an die EU-Niveaus. Mit der globalen Finanzkrise und dem wirtschaftlichen Einbruch in Europa sind allerdings auch Anleihen und Währungen in der Region massiv unter Druck geraten.
Die zentrale Frage für viele Anleger ist angesichts dessen: Markiert das Jahr 2008 das Ende der „Osteuropa-Story“ oder eröffnen die scharfen Kursrückgänge bei Anleihen und Währungen sogar attraktive neue Einstiegschancen?
Zunächst ist festzuhalten, dass die CEE-Region aus wirtschaftlich, politisch und demographisch zum Teil sehr unterschiedlich strukturierten Staaten besteht. Die einzelnen Länder stehen daher vor unterschiedlichen Herausforderungen und allgemeingültige Aussagen für die gesamte Region lassen sich nur bedingt treffen.
Dennoch lässt sich zweifellos einschätzen, dass nahezu alle Staaten der Region in den vergangenen 10 Jahren große wirtschaftliche Fortschritte gemacht haben. Länder wie Polen, Ungarn und Tschechien haben die Euro-Einführung ins Visier genommen – ein Schritt, den die Slowakei zum Jahreswechsel bereits vollziehen konnte.
Risiken der wirtschaftlichen Entwicklung
Gleichwohl dürfte sich der Aufholprozess der CEE-Staaten verlangsamen und er könnte in den kommenden Monaten und Jahren in einigen Ländern, die zuletzt hohe volkswirtschaftliche Ungleichgewichte aufgebaut haben, sogar Rückschläge erleiden. Angesichts der hohen Abhängigkeit von der wirtschaftlichen Verfassung der EU, Finanzierungsproblemen und Leistungsbilanzdefiziten könnte eine anhaltende und tiefe Rezession in der EU viele CEE-Staaten besonders hart treffen. Die stark gesunkenen Rohstoffpreise, EU-Transferzahlungen sowie die Stützungspakete von EU und IWF werden jedoch dabei helfen, die negativen Folgen abzumildern und in Grenzen zu halten.
Raiffeisen Capital Management geht insgesamt davon aus, dass die Konvergenzprozesse in den CEE-Staaten intakt bleiben. Die globale Finanzkrise könnte die Befürworter eines Euro-Beitritts in den einzelnen potentiellen Beitrittsländern sogar stärken - vor allem dann, wenn sich die Eurozone als handlungsfähig erweist und sich erfolgreich in der Wirtschaftskrise behaupten kann.
Fazit
Staatsanleihen Polens, Ungarns und Tschechiens dürften in den kommenden Monaten von weiteren Zinssenkungen der EZB, wie auch der lokalen Zentralbanken profitieren. Die lokalen Währungen handeln nach den starken Kursrückgängen auf vielfach wieder sehr attraktiven Niveaus und bieten langfristig gutes Ertragspotential. Da das Risikosentiment weiterhin sehr negativ ist, die volkswirtschaftlichen Daten sich noch deutlich verschlechtern werden und die Währungsschwankungen derzeit noch sehr hoch sind, besteht jedoch kein Grund zur Eile und zum sofortigen Einstieg. Im Verlauf der kommenden Monate dürften sich aber gute Einstiegsgelegenheiten für Anleger ergeben, um von der Fortsetzung des wirtschaftlichen Aufholprozesses der Region langfristig zu profitieren.
Quelle: ntv.de