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Alexander Seibold Nachzügler treiben die Aktienmärkte

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Vor etwas mehr als einem Jahr, am 6. März, vollzogen die Aktienmärkte eine Trendwende. Dieses Mal war es einen knappen Monat früher: Anfang Februar wechselten die Vorzeichen an den Aktienmärkten. Wie so oft ist es im Nachhinein schwer zu erklären, warum ab einem bestimmten Tag mehr Marktteilnehmer bereit sind, höhere Preise für eine Aktie zu zahlen. An den fundamentalen Marktdaten kann es nicht liegen. Die Lage am Arbeitsmarkt ist bestenfalls durchwachsen, wie stark der nächste Konjunkturzyklus in Europa wie auch in den USA wird, vermag noch keiner zu sagen. Zweifellos spielten psychologische Faktoren wieder eine große Rolle. Immer mehr Investoren erhöhen ihre Aktienquote, durch den Einstieg der Nachzügler wird ein weiterer Anstieg der Kurse zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung – the trend is your friend. Und Trends können erstaunlich lange halten.

Aktienindizes überschreiten wichtige Wendemarken

Die Einstellung der Investoren zu risikoreicheren Investments hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verbessert. Ein Anzeichen dafür war, dass die ersten Börsengänge des Jahres an der Deutschen Börse erfolgreich über die Bühne gegangen sind und noch weitere geplant sind. Sehr bemerkenswert ist auch, dass die Kurse an den wichtigsten Aktienmärkten wichtige Marken überschritten haben beziehungsweise kurz davor stehen. Bei Indexkursen von 6100 im deutschen DAX, 1200 Punkten beim US-amerikanischen S&P 500 und 3000 beim europäischen DJ Euro Stoxx 50 stehen die Aktienmärkte ziemlich genau wieder an der Stelle wie vor dem Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers im September 2008. Das heißt, die lange Phase der Seitwärtsbewegung in der „Lehman-Zone“ wäre damit vorbei.

Anleger suchen nach positiven Signalen

Es ist ganz natürlich, dass sich Menschen, wenn sie einmal eine Entscheidung getroffen haben, anschließend ganz unbewusst Bestätigungen dafür suchen. Jeder kennt den Effekt: Hat man sich für den Kauf eines Autos einer bestimmten Marke entschieden, scheint einem diese Marke ständig zu begegnen, und man fühlt sich dadurch in der Wahl bestätigt. Nach dem Motto: „So viele können ja nicht irren“. Investoren ticken nicht anders. Wer einmal die Aktienquote erhöht hat, nimmt jede positive Meldung für die Märkte euphorisch auf: Die gestiegenen Frühindikatoren wie der deutsche ifo-Index werden ebenso als Begründung für weitere Aktienkäufe genommen wie die Tatsache, dass die Zahl der Arbeitslosen in den USA zumindest nicht weiter gestiegen ist.

Aktienquote wurde erhöht

Diese Beobachtung aus der Verhaltenspsychologie der Anleger – auch als Behavioral Finance bezeichnet – ist ein wesentlicher Grund dafür, dass Aufwärtstrends oft länger dauernd als zunächst angenommen. Die Interpretation von Meldungen als Bestätigung der eigenen Meinung führt zu einem sich selbst verstärkenden Trend. Daher haben wir in unseren Depots und Fonds im Laufe des März die Investitionen auf steigenden Aktienmärkte umgestellt.

Rund 60 Prozent eines durchschnittlichen Depots ist auf steigende Aktienmärkte ausgerichtet. Wir glauben zwar nicht, dass es sich um die endgültige Richtungsänderung aus dem langfristigen, seit 2000 dauernden Bärenmarkt handelt. Aber eine flexible Vermögensverwaltung verlangt es, auch Zwischenrallyes zu nutzen.

Schwächerer Euro hilft deutschen Export-Aktien

Neben steigenden Aktienmärkten setzen wir weiterhin auf einen schwächeren Euro. Das Geschacher um Griechenlandhilfen hat, so interpretieren es Beobachter, dem Euro in seinem Image als krisenresistente Währung geschadet. Tatsächlich verlor der Außenwert des Euro nach Abschluss der Verhandlungen. Ein schwächerer Euro hilft deutschen Konzernen, von denen etliche vorrangig im Ausland verdienen. Zu den börsennotierten Konzernen mit dem größten Umsatz-Anteil im Ausland gehören der Medizintechnik-Konzern Fresenius Medical Care, der Windanlagenbauer Nordex, und Konsumgüterspezialisten Puma und Adidas, die jeweils mehr als 93 Prozent der Umsätze außerhalb Deutschlands erwirtschaften.

Der Autor Alexander Seibold ist bankunabhängiger Vermögensverwalter bei Dr. Seibold Capital und Experte des Internetportals Vermögensprofis.de.

Quelle: ntv.de

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