Kolumnen

Inside Wall Street Die Fed steht nun allein da

Die Wall Street liegt sozusagen in seinem Wahlkreis: Andrew Cuomo (mit roter Krawatte) spricht als neu gewählter demokratischer Gouverneur im Bundesstaat New York.

Die Wall Street liegt sozusagen in seinem Wahlkreis: Andrew Cuomo (mit roter Krawatte) spricht als neu gewählter demokratischer Gouverneur im Bundesstaat New York.

(Foto: AP)

Seit Wochen spekulieren die Börsianer auf einen Richtungswechsel in Washington: In der Wahlnacht setzen sich die Republikaner wie erwartet durch. Wall-Street-Korrespondent Lars Halter erklärt, was das für die Märkte bedeutet.

Neuer Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus: John Boehners Geste erinnert an Barack Obamas Vorgänger im Amt des Präsidenten.

Neuer Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus: John Boehners Geste erinnert an Barack Obamas Vorgänger im Amt des Präsidenten.

(Foto: REUTERS)

Die Kongresswahlen in den USA sind gelaufen, die ersten Ergebnisse stehen fest. Die genaue Zusammensetzung der beiden Häuser in Washington wird sich wohl erst in einigen Tagen herausstellen, doch bereits jetzt ist sicher: Präsident Obama wird es in Zukunft noch schwerer haben, seine Agenda umzusetzen, denn die Blockade der Republikaner steht. Das hat Folgen für die Wall Street.

Um es vorweg zu nehmen: Wo die Wall Street am Dienstag ihr Kreuzchen gemacht hat, ist ganz klar. Die Republikaner stehen für eine Politik, die den Unternehmen ein freundlicheres Umfeld bietet. Sie stehen für weniger Regulierung - besonders wichtig etwa im Finanz-, Pharma- oder im Energiesektor -, und sie haben das Land in den letzten zwei Jahren überzeugt, dass die den Kapitalismus gegen Obamas vermeintlichen Sozialismus verteidigen müssen und können.

Die Börse steht folglich nahezu geschlossen hinter den Republikanern. Direkten Einfluss auf das Wahlergebnis hat das zwar nicht, denn die meisten Börsianer wohnen in Staaten mit deutlichen Mehrheiten. Sowohl New York als auch Connecticut sind fest in der Hand der Demokraten. Aber indirekt haben Wall Street und andere Konzerne die Wahlen wieder einmal mit Milliarden-Ausgaben mitgelenkt.

Ob das Wahl-Ergebnis für die Branche gut ist, ist dennoch nicht klar. Experten fürchten, dass ein Stillstand im Kongress, in dem sich die beiden Parteien gegenseitig blockieren, den Märkten nicht hilft. Im Gegenteil: Je weniger der Kongress für die US-Wirtschaft tue, desto mehr Druck läge auf der Notenbank, meint etwa Bruce Bittles, Analyst bei R.W. Baird. "Die Fed muss im Alleingang die Wirtschaft ankurbeln", sagt er mit Sorge, denn zuviel Unterstützung von Bernanke & Co. könnte den Markt teuer zu stehen kommen. Ständig die Geldmenge zu erhöhen entwertet den Dollar weiterhin und birgt auch darüberhinaus eine Reihe von Problemen.

Nahezu handlungsunfähig

Überhaupt zeigen sich zahlreiche Analysten skeptisch darüber, was die Wahl für die Wall Street bedeuten dürfte. Mit einer Rally als Reaktion auf eine gestärkte Position der Republikaner rechnet jedenfalls keiner. Kein Wunder: Dass die Opposition ihre Zahlen in den beiden Kammern des Kongresses verstärken würde, war seit langem erwartet worden und im Markt entsprechend eingepreist. Zahlreiche Branchen haben sich in den letzten Monaten in Erwartung eines vermeintlich wirtschaftsfreundlicheren Klimas verbessert. In den nächsten Wochen ist daher eher mit Gewinnmitnahmen zu rechnen als mit einer anhaltenden Kletterpartie.

Der Nachrichtendienst Reuters belegt diese Befürchtung mit Zahlen. In den vergangenen hundert Jahren habe der marktbreit aufgestellte S&P-500-Index im Falle eines "split Congress" jeweils mit einer Jahresrate von 3,7 Prozent nachgegeben. Ein "split Congress" wäre streng genommen, wenn der Senat von den Demokraten, das Repräsentantenhaus aber von der Republikanern dominiert würde. In Anbetracht der jüngsten Veränderungen in der amerikanischen Hauptstadt, wo die Republikaner seit zwei Jahren per Filibuster jeden Fortschritt bremsen, konnte ohnehin bereits von einem "split Congress" gesprochen werden, von einem Regierungskörper also, der nahezu handlungsunfähig ist.

Quelle: ntv.de

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