Kolumnen

Inside Wall Street Hinter den Kulissen des Dow Jones

Vor gut 130 Jahren erstellt Charles Dow einen Börsenindex als Abbild der amerikanischen Wirtschaft. Seit den Anfangstagen ist nur noch ein Titel dabei. Und auch die jüngste Anpassung spiegelt die Änderungen der Volkswirtschaft wider. Auch wenn die Neulinge nicht allen gefallen.

Dow Jones
Dow Jones 46.765,94

Alle drei Monate fällt an der Wall Street das Scheinwerferlicht auf Alcoa, den Alu-Riesen, in dessen Vorstandssessel der Deutsche Klaus Kleinfeld sitzt. Alle drei Monate ist Alcoa der erste Dow-Konzern mit Quartalszahlen. Diese Rolle muss nun ein anderes Unternehmen ausfüllen. Denn Alcoa fliegt Ende September aus dem amerikanischen Leitindex, den auch Hewlett-Packard und Bank of America verlassen müssen.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Dow Jones neu bestückt wird. Die Indexverwalter bemühen sich seit eh und je, den Dow als Abbild der amerikanischen Wirtschaft aktuell zu halten. Damit hat man sich über die Zeit ein wenig vom eigentlichen Namen des Index - Dow Jones Industrial Average - entfernt, denn reine Industriewerte sind unter den Blue Chips längst in der Minderheit. Zu recht, denn Amerika ist keine Industrienation mehr.

Index erstmals 1984 erstellt

Als Charles Dow 1884 erstmals einzelne Aktien zu einem Index zusammenfasst, waren das neun Eisenbahn- und zwei Industriewerte. Veröffentlicht wurden diese allerersten Blue Chips in dem von Dow verfassten "Customer´s Afternoon Letter" - dem späteren "Wall Street Journal". Und aus der kleinen Sammlung von Aktien wurde ein Leitindex, der die globalen Märkte beeinflussen wollte wie kein zweiter. Einer der Industrietitel aus Charles Dows Ur-Index ist übrigens immer noch dabei: General Electric (GE). Thomas Edison hatte gerade die Glühbirne erfunden und sein Unternehmen, die Edison General Electric Company, bemühte sich um die Verbreitung von Strom, Dynamor und Lampen.

Die meisten der ursprünglichen Dow-Werte haben den wirtschaftlichen Wandel in den fast 130 Jahren nicht überstanden. Die überlebt haben, spielen keine große Rolle mehr. Unter den heutigen Dow-Jones-Werten sind außer GE nur noch United Technologies, Caterpillar, Boeing und 3M dem Industriesektor zuzurechnen, dazu vielleicht noch die beiden Öl-Riesen ExxonMobil und Chevron.

Viel stärker im Index vertreten sind heute Konsumartikler, Finanzwerte, Medien- und Hightech-Aktien. Vor allem Letztere haben in den vergangenen Jahren die US-Wirtschaft dominiert. Vielen Kritikern geht damit die aktuelle Umbesetzung des Dow Jones nicht weit genug. Dass Alcoa an Bedeutung verloren hat, ist nicht von der Hand zu weisen. Dass auch Hewlett-Packard als Hightech-Wrack und die angeschlagene Bank of Amerika nicht unbedingt zu den Vorzeigestücken der US-Wirtschaft gehören, geht auch klar.

Aufwertung der Finanzbranche fragwürdig

Zumindest der Neueintritt von Nike fügt sich bestes in die Reihe der Konsumartikler ein. Doch dass mit Goldman Sachs und dem Börsenneuling Visa gleich zwei neue Finanzwerte aufgenommen werden, lenkt das Auge der Investoren auf einen skandalgeplagten Sektor, der Amerika in den vergangenen Jahren eher geschadet als gedient hat. Warum die Indexverwalter nicht Apple oder Google aufgenommen haben, ist fragwürdig.

Und noch aus einem weiteren Grund schmunzeln Experten an der Wall Street über die vielleicht doch etwas durchschaubare Aktion. Mit Alcoa, Bank of America und Hewlett-Packard wirft man die drei billigsten Papiere aus dem Dow - ersetzt werden sie durch Aktien, deren Relevanz für Amerika einigermaßen nachvollziehbar sein mag, deren Kurspotenzial im Umbauprozess aber die Hauptrolle gespielt haben dürfte.

Vielleicht hat auch dieser Gedanke Apple geschadet. Immerhin ist das Papier seit einiger Zeit im Sinkflug. Denn eines ist klar: Für die Indexverwalter gibt es ein Ziel, dass noch wichtiger ist als die Blue Chips als Querschnitt der US-Wirtschaft zu sehen - den Dow weiterhin klettern zu lassen.

Quelle: ntv.de

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