Kolumnen

Per Saldo Sehnsucht nach der Mark

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der Euro leidet unter der Schuldenkrise Griechenlands. Er gerät an den Devisenmärkten unter Druck - und wird in Deutschland noch unbeliebter, als er ohnehin schon ist.

Wir Deutsche haben ein durchaus emotionales Verhältnis zur D-Mark. Wie groß die Sehnsucht nach der geliebten Währung noch immer ist, zeigt die Diskussion um die Milliardenkredite für Griechenland.

Die Währungsreform in den Westzonen galt den Bundesbürgern später als Startschuss für das Wirtschaftswunder.

Die Währungsreform in den Westzonen galt den Bundesbürgern später als Startschuss für das Wirtschaftswunder.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Dass die D-Mark bei so vielen Deutschen so hoch im Kurs steht, hat gute Gründe. Sie ist das Symbol des Wirtschaftswunders und sorgte für jede Menge Selbstbewusstsein. Hinzu kommt das Trauma namens Weltwirtschaftskrise, das tief in unserer kollektiven Erinnerung verankert ist. Die Angst vor Inflation ist hierzulande auch deshalb so immens, weil sie mitverantwortlich gemacht wird für das Ende der Weimarer Republik - und für das, was darauf folgte.

Im Gegensatz zur Reichsmark war die D-Mark stabil. Das machte sie in der alten Bundesrepublik so beliebt. Auch in Ostdeutschland wurde sie zum Symbol der Wiedervereinigung und des Aufbruchs in eine bessere Zukunft.

Der Euro hat einen schweren Stand

Der Euro, der im Jahre 2002 die D-Mark als Bargeld ablöste, stieß vor diesem Hintergrund in weiten Teilen der Bevölkerung auf wenig Gegenliebe. Politiker und Ökonomen wurde deshalb nicht müde, immer und immer wieder zu betonen: Der Euro werde so stark wie die Mark. Das trifft auch zu, dennoch hat die Gemeinschaftswährung einen harten Stand. Viele bezeichnen sie abschätzig als "Teuro" – obwohl das Statistische Bundesamt nachweist, dass seit der Einführung des Euro die Inflation in Deutschland nicht höher ist als zu Zeiten der Mark – das Gegenteil ist der Fall.

Viele Ostdeutschen schlossen sich dem D-Mark-Patriotismus an.

Viele Ostdeutschen schlossen sich dem D-Mark-Patriotismus an.

(Foto: picture-alliance / dpa)

Die gegenwärtige Kritik am Euro ist trotzdem verständlich. Es sind nicht nur Währungsnostalgiker, die die Mark zurückwünschen. Angesichts der immensen Schwierigkeiten Griechenlands taumelt die Gemeinschaftswährung, die Eurozone ist in Gefahr. Die tief verwurzelte Angst vor der Inflation erklärt, warum hierzulande so heftig auf die Schuldenkrise Athens reagiert wird.

Grenzenlose Kritik

Leider kommt dabei in weiten Teilen der Bevölkerung und der Medien ein weiterer nicht nur in Deutschland weit verbreiteter Charakterzug zum Tragen: der Hang zum Extremen. So angemessen Kritik am Euro, am Verhalten Griechenlands und an der Bundesregierung auch ist: Das Vokabular ist häufig maßlos, respektlos und unverschämt. Die Rede ist verallgemeinernd von "Pleite-Griechen", die "unser Geld wollen". Und warum? Um ihre "Luxus-Renten" zu finanzieren, "ihr System" aus "Klüngel, Korruption und Familienbande". Frecherweise sind sie auch noch undankbar. Sie "bepöbeln Deutsche", haben "nichts kapiert". Denn statt zu sparen streiken sie lieber. Und am Abend? Da feiern sie "ihre" Finanzspritze: "Lokale voll – der Ouzo fließt".

Mit diesem Populismus lösen wir keine Probleme, wir verschärfen sie nur und schaffen uns neue. Die Stabilität des Euro ist in unser aller Interesse, ein Ausstieg aus der Eurozone ist unrealistisch. Vielleicht ist es deshalb keine schlechte Idee, für die Stabilität der Gemeinschaftswährung und die Zukunft der Eurozone zu kämpfen.

Es macht keinen Sinn, Griechenland aus der Eurozone zu drängen. Ein Austritt aus der Währungsunion würde weder dem Land helfen, noch wäre er gut für die Eurozone. Stürzt ein Mitgliedsstaat, ist das ein gefundenes Fressen für die Devisenmärkte. Der Euro wird dann Gegenstand noch wilderer Spekulationen und könnte in einen Abwärtsstrudel geraten. Für die so sehnlich gewünschte Stabilität unserer Währung wäre das nicht gerade förderlich. Wer weiß, vielleicht trauern wir dann später den guten, alten Euro-Zeiten nach.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen