Per Saldo Ungedeckt in die Deckung
02.07.2010, 15:37 UhrJetzt ist Schluss mit lustig: Allzu wilde Spekulationen an den Märkten sollen an deutschen Börsenplätzen verboten werden. Wenn das mal nicht ins Leere läuft…
Kaum im Amt vereidigt, wartet auf den frisch gebackenen Bundespräsidenten Wulff eine denkwürdige Aufgabe. Eines der ersten Gesetze, die durch seine Unterschrift den Weg ins Bundesgesetzblatt finden soll, ist das "Gesetz zur Vorbeugung gegen missbräuchliche Wertpapier- und Derivategeschäfte". Damit will Schwarz-Gelb verbieten, was die Finanzmärkte nach Koalitionsbekundung bedroht: Ungedeckte Leerverkäufe deutscher Aktien und Staatsanleihen sowie ungedeckte Kreditausfallversicherungen. Interessante Idee – doch wie kommt die Regierung überhaupt darauf? Fakten können es nicht gewesen sein.
Ökonomen in den USA und Europa sind sich ungewöhnlich einig: Leerverkäufe und Finanzkrise haben ungefähr so viel mit einander zu tun wie die sprichwörtlichen Störche mit dem Nachwuchs. Den Gegenbeweis wird die Regierung schlechterdings nicht antreten können, weiß doch die deutsche Finanzaufsicht BaFin noch nicht einmal, wie viele ungedeckte Leerverkäufe es überhaupt am Markt gibt. Die Finanzmarktregulierung gerät so zum Blindflug.
Wer es nicht schafft, ein globales Tempolimit für die Finanzmärkte zu setzen, kommt mit Fahrverboten auf einzelnen Landstraßen nicht weiter. Die Umleitungen stehen schon bereit – und die Zahl der Unfälle wird damit ebenfalls nicht sinken. Klar ist auch, dass mit jeder Umleitung nicht nur vermeintlich "böses Spekulantenkapital" einen Bogen um die Sperrzone machen wird, sondern auch eben solches Kapital, das eine gesunde Volkswirtschaft dringend braucht.
Wenn es bei dem Verbot also nicht um effektive Regulierung geht, worum dann? Es ist der politische Kampf gegen die eigene Machtlosigkeit - dabei ist es genau diese Machtlosigkeit, die dadurch mehr als offenkundig wird. Weil auf internationaler Ebene keine Ergebnisse zur Zügelung der Märkte möglich sind, wollen die Bundespolitiker zumindest vor ihrer eigenen Türe kehren. In der Grundschule hätte es dafür ein Fleißbienchen gegeben. In der wirtschaftspolitischen Prüfung sind sie damit jedoch durchgefallen.
Quelle: ntv.de