Marktberichte

Inside Wall Street Albträume am Himmel

Für sein erstes bedeutendes Jahrhundertprojekt hatte sich Boeing einen tollen Namen ausgedacht: man baute nicht weniger als einen "Dreamliner". Doch aus dem Traum ist längst ein Albtraum geworden, und zwar für das Unternehmen, die Kunden und die Aktionäre - wenn auch zumindest letztere mittlerweile an Enttäuschungen gewöhnt sind.

Die jüngste Enttäuschung aus dem Hause Boeing - eine weitere Verzögerung für den Dreamliner - quittieren die Anleger folglich sogar mit einem Aktienplus von sechs Prozent. Man könnte das zynisch nennen, denn die Begründung auf dem Parkett lautet: Man hat noch viel Schlimmeres erwartet.

Schwer vorstellbar, denn was Boeing zur Wochenmitte bekanntgab, war ziemlich verheerend. Der Jungfernflug des Dreamliner wird um sechs Monate verschoben, die ersten Auslieferungen gibt es erst im Herbst 2009, und dann sollen statt der geplanten 109 gerade einmal 29 Flugzeuge abheben. Die Kunden werden mit zig Millionen Dollar entschädigt werden müssen, einige könnten ihre Bestellungen gar stornieren.

Und doch: Seit Monaten wusste die Börse, dass Boeing mit dem Dreamliner erneut in Verzug geraten würde. Die Aktie hat in sechs Monaten um mehr als 30 Prozent nachgegeben und preiste damit katastrophale News ein.

Soviel zu den ungeschriebenen Gesetzen der Börse, wo nun einmal nicht nur die Fakten, sondern auch die Erwartungen gehandelt werden.

Und die Erwartungen des Konzerns an den neuen Flieger sind noch immer über den Wolken. Der Dreamliner bleibe das Modell, das die Branche verändere, meint CEO Scott Carson. Neueste Technologien machten die Maschine zum richtigen Modell zur genau richtigen Zeit fundamentaler Optimismus, oder nur warme Luft aus dem Headquarter? Da Boeing die jüngsten Verzögerungen unter anderem mit einer "ausführlichen Überarbeitung des Designs" begründet, sollten Anleger vielleicht noch einmal auf Distanz gehen.

Doch hat man Vertrauen in den Flugzeug-Hersteller. Anders sieht es natürlich bei den Fluglinien aus, die ebenfalls nicht aus den Schlagzeilen zu kommen scheinen. Die seit ewigen Zeiten erwarteten Merger wollen nicht stattfinden, und dann knallen immer wieder Nachrichten wie die jüngste von American Airlines auf das Parkett: Der Carrier hat am Dienstag 500 und am Mittwoch 1000 Flüge gestrichen, weil man an Flugzeugen vom Typ MD-80 die Verlegung von Kabeln im Fahrwerk überprüfen musste.

Bereits im März hatten technische Mängel und verpasste Inspektionen American Airlines auf den Boden gezwungen. Der Verdacht auf Haarrisse in den Benzinleitungen hatte die Flugbehörde auf den Plan gerufen. Tausende Passagiere strandeten. Die dürften künftig woanders buchen, und das ist auch Unternehmensleitung und Anlegern klar. Die Aktie brach am Mittwoch um zehn Prozent ein und dürfte sich in nächster Zeit wohl kaum in höhere Zonen bewegen.

Quelle: ntv.de

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