Marktberichte

Inside Wall Street Amis fahren Zug und Bus

Na also, es geht doch. Kaum wird Benzin in Amerika teuer - sagen wir: verhältnismäßig teuer, denn ein Liter Sprit kostet immer noch deutlich weniger als etwa in Deutschland - denken die Amis nun doch um. Die SUV bleiben stehen, kleinere Wagen sind gefragt und sogar im ungeliebten öffentlichen Nahverkehr steigen die Umsätze.

Die Amerikaner scheinen recht schnell eingesehen zu haben, dass sie auf fallende Spritpreise so bald nicht bauen müssen. Selbst das Energieministerium in Washington hat gerade seine Benzinpreis-Prognose für die nächsten Jahre nach oben revidiert. Unter 4 Dollar, so ist man sich sicher, wird der Kraftstoff nicht mehr fallen.

Im Gegenteil: Die Prognosen für den Ölpreis sind nach oben offen. Morgan Stanley spricht von 150 Dollar bis Anfang Juli, Goldman Sachs spricht auf mittelfristige Sicht von 200 Dollar und einzelne Analysten erwarten bis zu 500 Dollar pro Fass. Unrealistisch ist das nicht, wie ein schneller Blick nach China zeigt. Da soll sich die Zahl der Autos in den nächsten Jahren verdreißigfachen. Derweil zieht in anderen Schwellenländern die Industrialisierung schneller als erwartet an, was dort ebenfalls die Nachfrage nach dem schwarzen Gold antreibt.

Jane und John Doe, die amerikanischen Durchschnittsverbraucher, wollten es lange nicht wahr haben, aber sie reagieren nun doch. Aus und vorbei sind die Zeiten, als man sich um Billigsprit keine Sorgen machen musste und selbst in Städten mit guter Infrastruktur und wohlgeteerten Straßen mit gigantischen Trucks ins Büro Pendeln konnte. Jetzt ist Bus und Zug fahren angesagt.

Eine aktuelle Studie zeigt, dass bereits im letzten Jahr 10,3 Milliarden Trips mit öffentlichen Verkehrsmitteln erledigt wurden. Das ist das höchste Niveau seit 1957. In den ersten Monaten des laufenden Jahres hält der Trend an: Die Zahl der Fahrten ist um 3,3 Prozent auf 2,6 Milliarden gestiegen. Das sind 85 Millionen Fahrten mehr als vor einem Jahr. William Millar, Präsident des Branchenverbandes des amerikanischen Nahverkehrs APTA sagt: "Es gibt keinen Zweifel: Die hohe Benzinpreise lassen Amerikaner ihre Fahrgewohnheiten umstellen."

Laut der APTA-Studie ist der Verkehr in Straßenbahnen um 10,3 Prozent gestiegen, in den Zügen sitzen 5,7 Prozent mehr Passagiere. Auch für Busse, U-Bahnen und Hochbahnen sind die Trends intakt. Die Long Island Railroad, die zigtausende Pendler morgens nach New York City und abends nach Hause bringt, verzeichnet beim Passagieraufkommen ein Plus von 5,4 Prozent auf 86,1 Millionen. Das ist der höchste Stand seit 1949 - und das, obwohl man erst kürzlich die Fahrpreise angehoben hat.

Die Mehreinnahmen kommen den Nahverkehrsbetreibern gerade recht. Viele werden in den nächsten Monaten kräftig investieren müssen. In das Streckennetz und in neues Rollmaterial. Denn der Trend vom Auto zu Bus und Zug hat gerade erst begonnen. Laut einer Untersuchung von IBM wollten nämlich nur 31 Prozent der Verbraucher bei einem Benzinpreis von 4 Dollar umsteigen; bei einem Benzinpreis von 5 Dollar dürften es 66 Prozent sein. Und diese Marke dürfte bald fallen.

Quelle: ntv.de

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