Marktberichte

Inside Wall Street Ärger über AIG-Boni

An der Wall Street mag es weiter aufwärts gehen, doch was wirklich überkocht, ist die Wut der Amerikaner. Seit am Wochenende bekannt wurde, dass der ruinierte Versicherungsriese AIG, der nur dank Steuermilliarden noch lebt, satte 169 Millionen Dollar an Boni ausschütten will, ist der gute Wille der Bevölkerung gegenüber Corporate America auf ein neues Tief gefallen.

Doch nicht nur auf der Straße regt sich Protest. Im Kongress wehren sich Abgeordnete beider Parteien gegen die unglaublich dreiste Bonus-Ausschüttung, und AIG-CEO Edward Liddy musste einen "unangenehmen Anruf" von Finanzminister Timothy Geithner annehmen. Im Gespräch gelobte Liddy Besserung, doch die Glaubwürdigkeit des einst mächtigen und Dow-notierten Konzerns und des Managements ist gleich Null.

Die Forderung von Politik und Volk: Weg mit den Bonus-Zahlungen. Die Wall Street hat schon lange damit abgeschlossen, dass ein "Bonus" laut Definition und Wortherkunft eine Sonderzahlung für gute Leistungen ist. Boni werden in den Verträgen für Top-Manager über Jahre hinaus festgelegt, sie machen im Normalfall ein Vielfaches des Gehaltes aus. Dass sie auch ausgeschüttet werden, wenn es im Unternehmen schlecht läuft, ist umstritten - aber nicht neu. Dass sie ausgeschüttet werden, obwohl ein Unternehmen so gut wie Pleite ist, ist unverschämt.

Wenn AIG jetzt verspricht, die Boni nachträglich um 30 Prozent und für 2009 um 10 Prozent zu kürzen, dann ist das nicht ausreichend. Der Konzern ist kaputt, der Aktienkurs hat 99 Prozent seines ursprünglichen Wertes verloren und handelt seit Monaten flach unter einem Dollar wäre die Börse ein Krankenhaus, wäre der AIG-Chart stets von einem langen "Piiiiieeeeep" untermalt.

AIG wehrt sich gegen eine radikale Streichung der Boni und führt zwei Gründe an. Zum einen gelte es, über die Zahlungen den Verbleib der besten Manager im Unternehmen zu sichern. Dazu ist zu sagen: Es gibt bei AIG keine "besten Manager", die man behalten muss.

Zum anderen verweist CEO Liddy auf bestehende Verträge, die zu erfüllen seien. Auch dieses Argument zieht nicht. In einem Unternehmen werden bei einem Konkurs nun mal Verträge hinfällig und fest zugesagte Zahlungen nicht mehr erfüllt - weil kein Geld da ist. AIG wäre längst Konkurs, hätte der Steuerzahler nicht mit unvorstellbar hohen Zuschüssen eingegriffen. Sich vor diesem Hintergrund auf alte Verträge zu berufen, ist frech.

Der demokratische Senator Barney Frank, der dem Haushaltsausschuss vorsteht, fordert Konsequenzen. Verträge seien möglicherweise einzuhalten, sagt er. Doch müssten dann zumindest diejenigen fliegen, die derart unsinnige Verträge unterschrieben hätten.

Die US-Regierung will AIG nun zwingen, den Steuerzahler für die Millionen-Prämien an seine Mitarbeiter zu entschädigen. Das kündigte Finanzminister Timothy Geithner in einem Brief an den Kongress an. Zudem würden die Boni von einer zugesagten Finanzaspritze von 30 Mrd. Dollar abgezogen. Die Regieunrg hat AIG mit rund 180 Mrd. Dollar mehrmals vor dem Aus bewahrt.

Quelle: ntv.de

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