Marktberichte

Inside Wall Street Arme Reiche von Briny Breezes

Die Börsenkolumne aus New York von Lars Halter

Seit Monaten kühlt der amerikanische Immobilienmarkt ab, und längst ist nicht mehr jeder Häuserspekulant automatisch ein Gewinner. In Florida steht aber eine ganze Nachbarschaft vor einem lukrativen Millionen-Deal – und trotzdem fühlen sich viele der Glückspilze als Verlierer.

Ein Haus mag für viele eben ein Spekulationsobjekt sein oder eine sichere Wertanlage. Für andere aber ist ein Haus in erster Linie ein Heim. Zu letzteren gehören viele der Bewohner von Briny Breezes, einer Siedlung in Florida. Deren Parzellen beherbergten in den Dreißigerjahren die silberglänzenden Wohnwagen, die bis heute in keinem stilvollen Road-Movie fehlen. Später sind die "Alu-Dosen" dann kleinen, einfachen Häusern gewichen. Bis vor zwei Jahren waren einige noch für unter 100.000 US-Dollar zu haben.

Heute ist jede der 488 Buden in Briny Breezes mehr als eine Mio. US-Dollar wert. Denn die etwa zehn Hektar große Kommune ist das letzte große Strandgrundstück in Florida und damit interessant für den Luxus-Markt. Der Immobilienriese Ocean Land Investment (OLI) hat den Bewohnern ein unwiderstehliches Angebot gemacht und kauft Briny Breezes für 510 Mio. US-Dollar. Nun werden einfache Leute zu Millionären – nur glücklich sind sie damit nicht.

Am allerwenigsten Tom Byrne. Der 68-jährige New Yorker hat sich vor acht Jahren zur Rente nach Briny Breezes zurückgezogen. Den kräftig gebauten Mann mit dem grauen Vollbart ist das viele Geld nichts wert, denn er wollte seinen Lebensabend am Srand verbringen. "Meine Frau ist hier gestorben, und die Asche meiner Schwester haben wir hier verstreut", klagt er. "Auch ich wollte hier sterben."

Zumal vorher auch das Leben ausgesprochen schön wäre. In fünf Minuten fährt Byrne mit seinem Golf-Wägelchen zum Strand und packt die Angel aus. Er genießt den Sonnenuntergang bei winterlichen 25 Grad. "Das hier will ich für Millionen nicht aufgeben", beharrt er. Doch dass er in den letzten Wochen mit Ansteckern und Flugblättern gegen einen Verkauf protestiert hat, hat nichts genutzt. Byrne wurde von der Mehrheit überstimmt.

Zu dieser Mehrheit gehören Bill und Cora Lou Miller. Sie haben dem Verkauf von Briny Breeze zugestimmt, obwohl auch sie darüber nicht glücklich sind. "Wir wohnen seit 25 Jahren hier", blickt das Ehepaar zurück. Die Nachbarn sind enge Freunde geworden, etwa 1,6 Mio. US-Dollar für ihr Grundstück wiegen das nicht auf. Drei Hurrikans in den letzten drei Jahren haben die Millers letztlich aber überzeugt, zumal die Versicherung nun ihre Police auch nicht mehr erneuert hat.

Solche Ausreden lässt Mikey Rulli nicht gelten. Sie trifft sich nicht einmal mehr mit ihrer einst besten Freundin, weil die dem Verkauf zugestimmt hat. "Für ein paar Dollar wenden sich die Leute von ihrer Heimat ab", schimpft die 60-Jährige. Und auch nebenan, bei den Taylors, herrscht schlechte Stimmung: Das Ehepaar wird für seine vier Grundstücke, die zusammen unter 300.000 US-Dollar gekostet haben, bald 4,4 Mio. US-Dollar erhalten. Doch Jack Taylor klagt: "Meine Frau weint die ganze Zeit. Sie ist nicht sehr glücklich."

Die armen Reichen von Briny Breeze hoffen nun, dass das OLI-Angebot doch noch scheitert. Es stehen noch einige Genehmigungen aus. Doch ist das Unternehmen zuversichtlich, diese noch zu kriegen. Erste Prospekte für Luxus-Appartements am Strand hat man schon drucken lassen. Deren Kostenpunkt: ab 3 Mio. US-Dollar aufwärts.

Quelle: ntv.de

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