Marktberichte

Referendum über Sparpaket Athen schürt Euro-Angst

Tokio im Herbst: Das Gebäude der Bank of Japan ist in nachdenkliches Licht getaucht.

Tokio im Herbst: Das Gebäude der Bank of Japan ist in nachdenkliches Licht getaucht.

(Foto: REUTERS)

Die Ankündigung des griechischen Ministerpräsidenten Papandreou, das Volk bindend über das Rettungspaket abstimmen zu lassen, entfacht am Devisenmarkt neue Sorgen um die Stabilität der Währungsunion. Der Euro sackt dabei unter 1,37 Dollar, mehr als fünf Cent unter dem Kurs unmittelbar nach dem jüngsten Euro-Gipfel.

Die geplante Volksabstimmung in Griechenland über das neue Rettungspaket hat Anleger am Dienstag kalt erwischt. Jegliche Restfreude über die hart errungene Einigung verflog. Seit der Ankündigung von Griechenlands Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou, der auch noch die Vertrauensfrage stellen will, rutschte der Euro um mehr als zwei US-Cent ab. Am Dienstag fiel die Gemeinschaftswährung zeitweise bis auf 1,3608 Dollar und lag im Verlauf bei 1,3633 Dollar. Noch Donnerstag vergangener Woche war sie in Reaktion auf die Gipfel-Beschlüsse auf ein Sieben-Wochen-Hoch über 1,42 Dollar gestiegen.

Unilateral, also auf eigene Faust, den gegenwert von mehr als 90 Mrd. Euro zum Drücken eingesetzt?

Unilateral, also auf eigene Faust, den gegenwert von mehr als 90 Mrd. Euro zum Drücken eingesetzt?

(Foto: REUTERS)

"Die Ankündigung von Papandreou war schon ein Schock. Seit ich heute morgen angefangen habe zu arbeiten, ist ordentlich Druck auf dem Euro", sagte ein Händler.

Am Rentenmarkt schnellten die als sicher geltenden Bundesanleihen nach oben. Der richtungsweisende Bund-Future kletterte um mehr als zwei auf 137,61 Zähler. Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe fiel unter zwei Prozent. "Die große Sorge ist, dass Griechenland jetzt doch pleitegeht, wenn die Abstimmung danebengeht", sagte ein Händler. "Das ist zwar keineswegs ausgemacht, aber auf jeden Fall steht uns jetzt wieder eine lange Phase der Unsicherheit bevor. Vor Januar, Februar wird es ja eine solche Abstimmung sicher nicht geben."          

Kartenhaus fällt zusammen

Papandreou hatte am Vorabend völlig überraschend eine Volksabstimmung über das Rettungspaket angekündigt, deren Ergebnis für die Regierung bindend sein soll. Das Referendum solle in einigen Wochen abgehalten werden, hieß es. Die Vertrauensfrage will der Ministerpräsident schon am Donnerstag oder Freitag stellen. Die Gefahr eines Auseinanderbrechen der Euro-Zone sei durch das Vorgehen Papandreous gestiegen, hieß es von Politikern und Finanzexperten. "Wenn es dieses Referendum geben wird, können wir durchaus davon ausgehen, dass die Griechen das Rettungspaket nicht akzeptieren werden", sagte Zinsstratege Howard Wheeldon von BGC Partners in London. "Man könnte daraus schließen, dass das Kartenhaus dann zusammenfällt."        

Auch griechische Zehnjährige zogen an, sie legten 67 Ticks auf 36,96 Zähler zu und rentierten mit 24,292 (24,687) Prozent. "Da geht ohnehin kaum noch etwas um, und bei Renditen um 25 Prozent und Kursen um 36 Zählern hat so ein Anstieg gar keine Aussagekraft mehr", sagte ein Händler.

So heftig der erste Schock die Investoren auch erwischte, einige Analysten reagierten auch gelassen. "Wie so oft nach politischen Börsen dürfte sich auch dieses Mal die Verunsicherung recht schnell beruhigen und einer Analyse der Fakten weichen - darf man so ein Referendum überhaupt abhalten, wie hoch wäre die Annahmequote und was sagen aktuelle Meinungsumfragen dazu", hieß es in einem Kommentar der HSH Nordbank. "Wir gehen davon aus, dass der neuerliche Griechenland-Schock eher kurzlebig sein wird, denn die Regierungen der Eurolandstaaten werden weiter - und jetzt vielleicht sogar noch etwas entschlossener - an der Umsetzung der Gipfelbeschlüsse arbeiten."

Interventionen halten Yen in Schach

Die neue Unsicherheit in Europa belastet den Euro auch gegenüber dem japanischen Yen. Die Gemeinschaftswährung fiel um 1,2 Prozent auf 107,03 Yen. Zum Dollar blieb die japanische Währung dagegen wenig verändert. Mit 78,11 Yen kostete ein Dollar seit der Intervention der japanischen Zentralbank wieder deutlich mehr als in der Spitze bei 75,58 Yen.

Die Stützungsaktion der Bank of Japan hatte dabei offenbar ein deutlich größeres Volumen als zunächst angenommen. Bei der Bekanntgabe der Maßnahme hatten offizielle Stellen bewusst darauf verzichtet, Angaben zum Umfang der Intervention zu machen. In Fachkreisen war zunächst von einem Aufwand von rund 6 Billionen Yen die Rede.

Einer Zeitung zufolge soll es sich jedoch bei der jüngsten Interventionen sogar um einen Rekordumfang von 10 Billionen Yen (92,3 Mrd. Euro) gehandelt haben. Der eingesetzte Betrag sei damit mehr als doppelt so hoch wie die bis dahin höchste Summe von 4,5 Billionen im August, berichtete die japanische Zeitung "Asahi" ohne Angaben von Quellen.

Es war die dritte Intervention der Regierung in diesem Jahr. Die Aktion der japanischen Währungshüter hatte das Ziel, den Höhenflug des Yen zum Dollar zu bremsen und so der exportorientierten japanischen Wirtschaft unter die Arme zu greifen. Ähnlich waren zuvor bereits die Schweizer am Devisenmarkt vorgegangen.

Die Koreaner zweifeln

Mit Blick auf die Schuldenkrise in Europa hat sich Südkorea unterdessen bereiterklärt, über Hilfen für die Eurozone zu diskutieren. Präsident Lee Myung Bak sagte einem Vorabbericht der französischen Zeitung "Le Figaro" zufolge, man wolle beim G20-Gipfel zunächst sehen, welche Ressourcen die anderen Staaten einbringen wollten.

"Es sind Diskussionen geplant. Natürlich ist (Süd-)Korea bereit zu helfen, sollte es notwendig werden", sagte Lee. Zu den geplanten Schritten der europäischen Staaten erklärte er: "Wir befürchtet trotzdem, dass die Maßnahmen in ihrer jetzigen Form nicht ausreichen werden, um eine neue Krise zu verhindern." Die Staats- und Regierungschefs der G20-Staaten treffen sich in dieser Woche in Südfrankreich.

Obama bittet zum Gespräch

Zusätzlichen Klärungsbedarf scheint es auch auf der anderen Seite des Pazifik zu geben. US-Präsident Barack Obama hat die EU-Führung zu einem Gipfeltreffen am 28. November nach Washington eingeladen. Im Weißen Haus werden zu dem Treffen EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, der ständige EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy sowie die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erwartet, teilte Obamas Sprecher Jay Carney mit.

Zu dem Themen zählten die Lage der Weltwirtschaft, die Unterstützung für den demokratischen Wandel in Europa, dem Nahen Osten und Nordafrika, die Abstimmung der Iran-Politik sowie der gemeinsame Kampf gegen den Terror. Das Treffen knüpfe an den USA-EU-Gipfel in Lissabon Ende November 2010 an, hieß es.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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