Marktberichte

Inside Wall Street Barclay's auf dem Duschvorhang

Die New Yorker Subway-Karte – im Volksmund einfach "the map" genannt – gehört genauso zu den Ikonen der Stadt, wie all die anderen, zu denen sie den Weg weist.

Die MTA sucht nach neuen Einnahmequellen

Die MTA sucht nach neuen Einnahmequellen

(Foto: MTA)

Times Square, Freiheitsstatue, Empire State Building, der Bronx Zoo… die Karte ist Kult, als Motiv ziert sie Postkarten, Regenschirme und Duschvorhänge. Doch in den nächsten Jahren könnte sie sich dramatisch verändern.

Die Metropolitan Transportation Authority (MTA), die das New Yorker Schienennetz betreibt, macht seit Jahren Millionenverluste. Dabei sind die Züge voll, und die Tarife werden regelmäßig angehoben. Ab dem kommenden Wochenende müssen die New Yorker schon wieder tiefer in die Tasche greifen, um morgens ins Büro und am Wochenende in den Central Park zu kommen.

Von McDonald's zu Verizon

Jetzt will die MTA neue Wege gehen, um die Kasse zu füllen: Man verkauft Namensrechte an wichtigen Stationen – oder versucht es zumindest. Was bei Sportstadien schon lange üblich ist, soll damit im New Yorker Untergrund Einzug halten. Eines fernen Tages könnten die New Yorker von der Bank of America über McDonald's zu Verizon fahren und dort in den Zug nach Home Depot umsteigen – kein schöner Gedanke für konsumkritische Geister, und ein Aufreger für einige Juristen: Die fragen sich, wo im Nahverkehr die Grenze zwischen öffentlichem und privatem Raum verläuft und ob der Verkauf überhaupt rechtens sei.

Die Züge sind voll, die Tarife werden regelmäßig erhöht.

Die Züge sind voll, die Tarife werden regelmäßig erhöht.

(Foto: REUTERS)

Befürworter und Gegner der Aktion haben allerdings genug Zeit, ihre Argumente auszutauschen. Über einen ersten Vertrag soll zwar in den nächsten Tagen abgestimmt werden, doch soll der frühestens 2012 zu einer Umbenennung einer Station führen. Dann soll der zweitwichtigste Stop im Stadtteil Brooklyn, mit dem die Verkehrsachsen Atlantic Avenue, Pacific Street und Flatbush Avenue versorgt werden, den Zusatz "Barclay's" erhalten.

Das ist komisch, denn Barclay's ist ausgerechnet ein britisches Bankhaus, das in Manhattan nur durch Büros vertreten ist. Und eine Barclay Street gibt es zudem schon, und zwar im Finanzviertel nahe der Wall Street. Das hat freilich nichts mit der Bank zu tun, sondern ist ein historischer Name. Doch die Briten scheinen ihr Profil in New York erhöhen zu wollen, weshalb man sich bereits die Namensrechte an einem neuen Football-Stadion gesichert hat, das 2012 an der Westseite Manhattans entstehen soll – im gleichen Jahr, in dem der Name dann auch auf "the map" erscheinen soll.

Experten uneins

Barclay's will für die Umbenennung über 20 Jahre hinweg 4 Millionen Dollar zahlen und auch die Kosten für die neue Beschilderung übernehmen. Ob der Deal so viel Geld wert ist, ist unter Markenexperten umstritten. "Das kann nur effektiv sein, wenn es zwischen Name und Station einen Bezug gibt, den die Leute verstehen", meint Allen Adamson von der Branding-Firma Landor. "Die Station an der Lexington Avenue/59. Straße einfach McDonald's zu nennen, würde nicht funktionieren. Die Leute würden den Namen wohl nicht nutzen."

Dass ein historischer Bezug tatsächlich notwendig ist, hat sich jüngst in Chicago gezeigt. Da steht als Wahrzeichen der Stadt der Sears Tower, der schon lange nicht mehr zum gleichnamigen Einzelhandelskonzern gehört. Der ist längst in die Vorstadt ausgewichen und hat die ehemalige Zentrale verkauft, samt den Namensrechten. Doch unter Chicagoern heißt das schwarze Ungetüm wie eh und je: Sears Tower.

Das gleiche gilt für das Chrysler Building in New York, das mit dem Autokonzern seit Jahrzehnten nichts mehr zu tun hat. Keiner hat je versucht, den Namen des Wolkenkratzers zu ändern, der regelmäßig zum schönsten Gebäude der Stadt gewählt wird. Und keinem würde es gelingen. Ob Chrysler unter Fiat erfolgreich wird oder irgendwann ganz abgewickelt werden muss, bleibt abzuwarten, doch das Chrysler Building dürfte seinen Namen noch für Generationen tragen.

Insofern ist es nicht erstaunlich, dass der MTA zur Zeit keine weiteren Anfragen vorliegen. Keine anderen Unternehmen wollen Stationen benennen. "The map" wird sich also zunächst nicht grundlegend verändern, Fans müssen keinen neuen Designer-Duschvorhang kaufen. Das Wort Barclay´s lässt sich 2012 auch per Hand nachtragen.

Quelle: ntv.de

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