Inside Wall Street Baseball-Teams kämpfen
19.02.2009, 17:47 UhrDie Baseball-Legenden Babe Ruth und Lou Gehrig sind für viele Amerikaner bis heute die größten Helden, die je ein Stadion betreten haben. Dass ihre Sterne heller strahlen als die anderer Sportler, liegt nicht nur an ihrer Leistung an der „Home Plate“, sondern auch daran, dass sie ihre Erfolge inmitten der Weltwirtschaftskrise ein ganzes Land begeisterten.
Baseball – die „national pasttime“ der Amerikaner – war vor allem in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten stets ein Zufluchtsort. Bei den Yankees und den Dodgers konnten die Fans den Alltagssorgen für ein paar Stunden entgehen. Im Sommer 1983, als die Arbeitslosigkeit bei zehn Prozent lag, verzeichnete die National Baseball Association einen Besucherrekord in allen Stadien. Andere Sportarten schnitten in Krisenzeiten ähnlich gut ab: Die Basketball-Liga etwa hatte ihre stärksten Jahre während der Rezessionen 1973-74 und 1980-81.
Der amerikanische Profisport war also zunächst nicht sehr besorgt, als die US-Konjunktur schwächelte. Doch mittlerweise erkennt man: Die Zeiten haben sich geändert, und die aktuelle Rezession drückt Zuschauerzahlen in den Stadien und andere Einnahmen der Teams, die sich bereits um ihre Bilanzen sorgen.
„Früher war das ganz einfach“, erinnert sich Andrew Zimbalist, Sport-Ökonom am Smith College in Massachussetts. „Im Stadion haben die Leute Ablenkung gesucht und gefunden.“ Und zwar für wenig Geld. Heute kosten die billigsten Karten 15 Dollar, für einen Hot Dog und ein Bier im Plastikbecher werden 12 Dollar fällig. Ein Familienausflug ins Stadion kostet da selbst im bescheidensten Fall schnell mehr als 100 Dollar.
Eine solche Investition überlegen sich die Amerikaner gut, zumal sie – anders als vor 20 Jahren – einen gewaltigen Flachbildschirm zuhause haben, den sie vor der Krise gekauft haben. Der zeigt das Spiel hochaufgelöst und aus Kameraperspektiven, die es früher nicht gab. Bei Live-Schalten auf dem Sportsender ESPN sieht der Fan fast besser als der Trainer, dazu trinkt er sein Dosenbier für 49 Cent.
Dass zur Zeit aber nicht nur die Zuschauerzahlen einbrechen, sondern auch die Sponsoren, stürzt einige Teams in eine Krise. Die New York Yankees müssen etwa in Zukunft auf General Motors verzichten, den einst größten Sponsor der gesamten Liga. Der kämpft gerade um das pure Überleben und kann sich einen Auftritt im Baseball-Stadion nicht mehr leisten. Die Mannschaften kämpfen nun um Umsatz wie noch nie in ihrer glorreichen Geschichte.
Die Yankees, die ab der laufenden Saison in einem neuen Stadion spielen, verkaufen ihre VIP-Logen bereits über Immobilienhändler. Die Pittsburgh Pirates bieten ihre Jahreskarten mit einem Discount von 25 Prozent an. Die Arizona Diamondbacks haben Kinder-Preise eingeführt: ein Hot Dog kostet plötzlich nur noch 1,50 Dollar, im Souvenirladen gibt es T-Shirts für 8 Dollar und Caps für 7 Dollar. Das Team schickt außerdem bei jeder Gelegenheit seine Stars zu Autogrammstunden, um die Fans bei der Stange zu halten. Diamondback-CEO Derrick Hall: „Ein Kind, dass seinen Baseball von Randy Jackson signiert bekommt, ist sein Leben lang ein Fan.“
Hall gehört zu den kreativsten Bossen in der amerikanischen Baseball-Liga. Entsprechend ist ihm auch der schlagzeilenträchtigste Coup gelungen, auf den in einer Rezession wohl die wenigsten kommen würden. Hall änderte die traditionellen Farben seines Teams. Die traditionellen Hemden in türkis und lila hatten sich bei den (männlichen) Fans ohnehin nie gut verkauft und die Diamondbacks, gemessen am Souvenir-Umsatz, weit hinter der Konkurrenz zurücklassen. Jetzt laufen die Stars in schwarz-beige-rot auf – und die Trikots verkaufen sich als gäbe es gar keine Rezession.
Über den Farbentausch waren freilich nicht alle Fans glücklich. Die Traditionsbewussten beschwerten sich, und CEO Hall will „mehr als 1000 wütende Anrufe“ persönlich beantwortet haben. Allein, für das Team geht es in schwierigen Zeiten um die Zukunft, und da kämpfen leidenschaftliche Anhänger letztlich doch mit. Zumal sie anderweitig belohnt werden: Nach den Diamondback-Spielen gibt es Feuerwerk im Stadion, das den Fernseh-Fans vorenthalten bleibt. Die Besucherzahlen haben sich stabilisiert.
Quelle: ntv.de