Marktberichte

Inside Wall Street Blutbad am Arbeitsmarkt

Wer hätte das gedacht: Wir stecken mitten in der Ertragssaison für das vierte Quartal - allem Anschein nach dem schlechtesten seit vielen Jahren -, und die Zahlen spielen nur noch eine Nebenrolle. Denn in jedem zweiten Bilanzreport verbergen sich ganz andere Daten, die Anlegern wirklich das blanke Entsetzen ins Gesicht treiben: Es geht um Entlassungen.

Nicht dass man sich an der Wall Street etwas vormachen wollte. Anleger und Analysten wissen, dass es um den Arbeitsmarkt schlecht bestellt ist. Im vergangenen Jahr wurden US-weit ganze 2,6 Mio. Jobs abgebaut, so viele wie seit 60 Jahren nicht. Für das neue Jahr hatte man bisher keine Trendwende erwartet, im Gegenteil: Allein für den Januar hat sich die Wall Street auf den Abbau von weiteren 500.000 Stellen eingestellt.

Doch wie konzentriert die Entlassungen manchmal kommen, hatte man sich nicht träumen lassen. Caterpillar kündigte 20.000 Entlassungen an, und Pfizer zog im Zusammenhang mit der Übernahme des Konkurrenten Wyeth mit 19.000 Entlassungen nach. Die Baumarktkette Home Depot spart 8000 Stellen ein, der Telekomriese Sprint Nextel 7000. Der kriselnde Autobauer General Motors setzt 2000 Mitarbeiter an die Luft, und der Chip-Hersteller Texas Instruments lässt weitere 1800 gehen.

Das sind zusammen fast 60.000 Entlassungen, die an einem einzigen Tag gemeldet wurden. Dazu kommen folgende (auszugsweise), die für das neue Jahr bereits bekannt sind: Circuit City 30.000, Alcoa 13.500, Schlumberger 6000, Microsoft 5000, Boeing 4500, Motorola 4000, Hertz 4000, ConocoPhilips 1300, United Airlines 1000 es wird gekürzt in allen Branchen.

Genau das entsetzt den Arbeitsmarkt-Experten John Challenger. "Normalerweise gibt es die eine oder andere Branche, die es besonders hart trifft." Nicht so inmitten der laufenden Rezession, in der Unternehmen aus allen Sektoren wanken.

Challenger hat seine Prognose für Januar bereits revidiert. "Wir werden wohl den dritten Monat in Folge mit mehr als 500.000 Entlassungen sehen", so der Experte. Eine solche Strecke hat es seit der Weltwirtschaftskrise nicht mehr gegeben.

Umso deutlicher wird, dass ein 825 Mrd. Dollar schweres Stimulus-Paket aus Washington so schnell wie möglich verabschiedet werden muss - und zwar so, wie es die Regierung unter Präsident Barack Obama geschrieben hat. Danach gehen zwei Drittel der Gelder in die Infrastruktur, und damit direkt in die Schaffung von Arbeitsplätzen, die ortsgebunden sind und nicht ins Ausland verlagert werden können. Jobs im Straßenbau, etwa, oder im Energiesektor, wo Obama den Bau umweltfreundlicher Solar- und Windanlagen und ein komplett neues Stromnetz angekündigt hat.

Dem Paket stehen zurzeit noch die Republikaner im Weg, die statt der Investitionen der Regierung lieber Steuersenkungen sehen wollen. Doch angesichts der dramatischen Zahlen wird man diese Ansicht nicht lange vertreten können. Die Wall Street hofft, dass Washington schnell handelt - zumal man genau weiß, dass sich der Trend am Arbeitsmarkt nicht von heute auf morgen umkehren lässt, sondern dass Monate ins Land gehen werden, bis sich die Situation entspannt.

Quelle: ntv.de

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