Marktberichte

Inside Wall Street Börse braucht beliebten Bush nicht

Die Börsenkolumne aus New York, von Lars Halter

In der Euphorie um ständig neue Rekordstände an den Börsen vergessen Anleger schnell einmal die Welt um sich herum. Doch nicht nur in New York werden Rekorde aufgestellt, auch ein paar Meilen südlich in Washington. Dort wurde die Beliebtheit von Präsident George W. Bush gerade mit 29 Prozent gemessen – so niedrig wie nie zuvor.

Die Wall Street scheint sich in ihrem Höhenrausch allerdings schon lange nicht mehr um Nachrichten aus dem politischen Umfeld oder gar die Stimmung im Volk zu scheren. Im Gegenteil: An dem Tag, an dem die Meinungsforscher das vernichtende Urteil über den Präsidenten bekannt gegeben haben, kletterte die Wall Street weiter.

Das war nicht immer so. Historisch gesehen hat das Urteil der Amerikaner über ihren obersten Führer durchaus Gewicht im New Yorker Finanzviertel. Den Bärenmarkt von 1973 und 1974 schob man zu einem großen Teil auf die miese Stimmung in Washington, wo sich gerade Präsident Richard Nixon durch katastrophale Umfragewerte schlagen musste.

Es ergibt durchaus Sinn, wenn sich die Einschätzung des Präsidenten durch die Bürger auf den Markt niederschlägt. Immerhin kann ein Staats- und Regierungschef ohne Mehrheit und Rückhalt – als „lahme Ente“, wie man in Amerika sagt – politisch und damit auch wirtschaftlich wenig bewegen. Reformstau droht, und damit Stagnation.

Und doch: Die Wall Street wird von derart vielen Einflüssen gelenkt, dass sich Umfragewerte aus Washington längst nur noch in Einzelfällen auf den Handel durchschlagen. Die Statistiker vom amerikanischen Finanz-Newsletter Hulpert haben sich einmal die Performance des Dow im Zusammenhang mit allen verfügbaren Umfragewerten über den jeweiligen US-Präsidenten angesehen, und kommen zu genau diesem Ergebnis.

Dass der Markt wegen schlechter Umfragewerte nicht unbedingt einbrechen müsste, habe übrigens ausgerechnet George Bush senior zuletzt bewiesen. Dessen Beliebtheit beim Volk fiel 1992 ebenfalls auf 29 Prozent, doch ging es auf Sicht der nächsten Monate an den Börsen nach oben. Nur um 0,7 Prozent, wohlgemerkt, doch Verkäufe oder gar einen Bärenmarkt löste die Umfragepleite eben nicht aus.

Quelle: ntv.de

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