Inside Wall Street Börsen-Merger in New York
18.01.2008, 08:12 UhrDie New York Stock Exchange fährt weiter auf Expansionskurs. Am Donnerstagabend hat die wichtigste New Yorker Börse offiziell die Übernahme der benachbarten American Stock Exchange für 260 Mio. US-Dollar bestätigt. Die NYSE verstärkt sich damit im Handel mit Optionen und Indexfonds.
Die Übernahme kommt für Insider an der Wall Street nicht völlig überraschend. Seit Wochen war an der Börse über einen solchen Schritt spekuliert worden. Nachdem das Parkett in den letzten Monaten wegen des verstärkten elektronischen Handels immer mehr geschrumpft ist, stand zuletzt mit dem "Blue Room" ein großer Teil des Parketts komplett leer. In die noch bestehenden Handelsschranken sollen jetzt wohl die Spezialisten der Amex einziehen.
Die notwendigen Arbeiten für die optimale Eingliederung der Amex werden einige Monate dauern. Allerdings soll der Deal erst im dritten Quartal abgeschlossen sein. Im Geschäftsjahr 2009 rechnet das Management der NYSE dann bereits mit positiven Auswirkungen der Übernahme auf die Bilanz.
"Die Übernahme der American Stock Exchange ist für uns ein logischer Schritt, unsere Wettbewerbsposition in den USA zu stärken, effiziente Strukturen zu schaffen und neue Geschäftsfelder zu erobern", meinte NYSE-CEO Duncan Niederauer zu dem Deal. Sein Amex-Kollege Neal Wolkoff ist ebenfalls zufrieden. "Mit den innovativen Anlageformen" der Amex sieht er seinen Laden als optimalen Partner für die NYSE.
Auf eigene Faust hatte das traditionsreiche Haus zuletzt hingegen Schwierigkeiten im rasant wachsenden internationalen Börsenumfeld. Bei einem Umsatz von 178 Mio. US-Dollar im vergangenen Geschäftsjahr schloss die Amex mit einem Nettoverlust von 36 Mio. US-Dollar. Im laufenden Jahr soll das Haus verlustfrei arbeiten.
Für die NYSE ist die Übernahme der Amex ein weiteres Kapitel in der Expansions- und Modernisierungsgeschichte der letzten Jahre. Zunächst brachte der Merger mit Archipelago den Parketthandel mit einer der wichtigsten elektronischen Handelsplattformen zusammen. Es folgten der eigene Börsengang und die Fusion mit der pan-europäischen Euronext. In der vergangenen Woche schließlich schnappte sich die NYSE dann mit Wombat Financial Software einen Spezialisten für Handelssoftware, die Anlegern einen besseren Zugang zu allen Anlageinstrumenten der stetig wachsenden Börse ermöglichen sollen.
Zu den wichtigsten Anlageformen an der Amex gehören Indexfonds. Zur Zeit sind 381 solcher Instrumente dort gelistet, an der NYSE wurden bisher 240 vergleichbare Anlagen gehandelt.
Was den Deal für die NYSE noch interessanter gemacht hat, sind hohe Synergien. Die Unterhaltskosten für den Betrieb der Amex will man in den nächsten zwei Jahren um 100 Mio. US-Dollar senken, das bisherige Gebäude der Börse - einen Art-Deco-Bau an der Church Street, nur einen Steinwurf von der Wall Street entfernt - wird man verkaufen. Der Erlös wiederum geht nicht an die NYSE, sondern anteilsmäßig an die bisherigen Eigner der Amex.
Quelle: ntv.de