Bewegung in der Syrien-Krise US-Börsen hoffen auf Entspannung
09.09.2013, 22:12 Uhr
Der Tag ist noch jung, und schon beginnt die Hektik: Was plant Fiat mit Chrysler? Was macht Obama, was die Fed?
(Foto: REUTERS)
Der überraschende Vorstoß Syriens, seine Chemiewaffen unter internationale Kontrolle zu stellen, gibt den Händlern in New York neue Hoffnung. Die US-Börsen starten mit klaren Kursgewinnen die neue Woche. Zudem heizen Übernahmespekulationen im Autosektor und Neuigkeiten bei Blackberry den Handel an.
Eine mögliche Entspannung in der Syrien-Krise und freundliche Konjunkturdaten aus China haben die US-Börsen angetrieben. Daneben trugen zwei Milliarden-Übernahmen zu der positiven Stimmung am Aktienmarkt bei. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss 0,9 Prozent im Plus bei 15.063 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 legt 1,0 Prozent auf 1671 Zähler zu. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq gewann rund 1,3 Prozent auf 3706 Stellen.
In die Syrien-Krise war am Nachmittag Bewegung gekommen. Syriens Außenminister Walid al-Mualem begrüßte einen Vorschlag Russlands, sein Chemiewaffen-Arsenal unter internationale Kontrolle zu stellen. Dem war ein überraschender Vorstoß von US-Außenminister John Kerry vorausgegangen, der erklärt hatte, Syriens Präsident Baschar al-Assad könne einen Militärschlag vermeiden, wenn er binnen einer Woche alle Chemiewaffen an die Staatengemeinschaft übergebe.
Bislang hatte es so ausgesehen, als sei ein US-Militärschlag gegen Syrien schon in den kommenden Tagen denkbar. Der Öl-Preis sank um 1,9 Prozent auf rund 114 Dollar pro Fass (159 Liter). Das war der stärkste Rückgang binnen eines Tages seit Mitte Juni.
Neue Daten aus China deuteten zudem darauf hin, dass sich die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt stabilisiert. Die chinesischen Exporteure setzten im August 7,2 Prozent mehr Waren im Ausland ab als noch vor einem Jahr. Das war deutlich mehr als im Juli und von Experten erwartet. Zudem stiegen die Verbraucherpreise nicht mehr so stark wie noch einen Monat zuvor.
"Die Nachrichten aus China werden besser", resümierte Peter Cardillo, Analyst bei Rockwell Global Capital. "Das Hauptaugenmerk wird aber auf der Debatte im Kongress über einen Militärschlag in Syrien liegen. Der Markt wird sich daher in einer geringen Spanne bewegen." Die Investoren seien eher vorsichtig.
Übernahmegerüchte beflügeln Einzeltitel
Besonders auffällig verhielten sich im Handel die Molex-Aktien. Der US-Mischkonzern Koch Industries kauft den US-Steckerhersteller für 7,2 Milliarden Dollar. Molex-Aktien stiegen um 31,6 Prozent. Koch ist mit einem geschätzten Jahresumsatz von 115 Milliarden Dollar im Jahr das zweitgrößte, nicht börsennotierte US-Unternehmen.
Der Finanzinvestor Ares Management übernimmt gemeinsam mit dem kanadischen Pensionsfonds CPPIB für sechs Milliarden Dollar die US-Nobelkaufhaus-Kette Neiman Marcus. "Es gibt eine nette Aneinanderreihung von Übernahmen, und das lässt immer auf einen gesunde Verfassung des Marktes schließen", sagte Quincy Krosby von Prudential Financial.
Zudem stachen die Papiere von Blackberry hervor, die 6,3 Prozent zulegten. Der "Sunday Times" zufolge hat sich Großaktionär Prem Watsa Rückendeckung von Kanadas größtem Pensionsfonds für eine mögliche Übernahme-Offerte für Blackberry gesichert. Der Smartphone-Anbieter hatte sich im vergangenen Monat selbst zum Verkauf gestellt.
Auch die Anteilsscheine aus dem Automobilsektor drängten sich in den Vordergrund: Die Aktien von Ford könnten von den neuen ehrgeizigen Absatzzielen des US-Herstellers profitieren. Im Gespräch mit der "Welt" erklärte Ford-Chef Alan Mulally, sein Unternehmen wolle bis 2020 8 Millionen Fahrzeuge pro Jahr verkaufen. Im vergangenen Jahr setzte Ford 5,7 Millionen Autos ab. Ford-Aktien stiegen um 1,8 Prozent.
Dazu kommen neue Gerüchte um Chrysler: In Europa spekulierten Branchenbeobachter über eine vollständige Übernahme des US-Autobauers durch den italienischen Hersteller Fiat. Sowohl Fiat-Chef Sergio Marchionne als auch Chairman John Elkann hätten ihre Teilnahme an der wichtigen Branchenmesse IAA in Frankfurt abgesagt, hieß es. Händlern zufolge könnten neue Verhandlungen über den Kauf der restlichen 41,5 Prozent an Chrysler der Hintergrund dafür sein. Fiat-Aktien verteuerten sich zeitweise um bis zu 4,5 Prozent.
Fiat hatte andere Verpflichtungen für die Marchionne-Absage bei der IAA genannt, ohne ins Detail zu gehen. Die Absage bei einer so großen Messe sei ungewöhnlich und schüre dementsprechend Spekulationen, sagte ein Händler. Ein Insider ergänzte, der Fiat-Chef werde in Italien bleiben. Allerdings können natürlich auch dort Gespräche stattfinden. Es wird erwartet, dass Fiat dem US-Gewerkschaftsfonds Veba sein Chrysler-Paket abkauft. Dann könnten die beiden Auto-Hersteller fusioniert werden, um Kosten zu sparen. Es würde gemessen am Umsatz der siebtgrößte Anbieter der Welt entstehen.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa