Marktberichte

Feuerrote Warnsignale China-Börsen brechen ein

Scharfe Kursverluste im chinesischen Aktienhandel: Peking sieht sich mit brennenden Baustellen im Finanzsystem konfrontiert.

Scharfe Kursverluste im chinesischen Aktienhandel: Peking sieht sich mit brennenden Baustellen im Finanzsystem konfrontiert.

(Foto: REUTERS)

Im asiatischen Aktienhandel beginnt die neue Woche mit Angst und Schrecken: Im chinesischen Finanzsystem rumort es. In Tokio schließt der Nikkei-Index knapp 1,3 Prozent tiefer. In Shanghai sackt der Leitindex um mehr als fünf Prozent ab.

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Sorgen um die Stabilität des Finanzsystems in China haben die asiatischen Aktienmärkte zu Wochenbeginn auf den niedrigsten Stand seit Anfang September gedrückt. Bei Investoren machte sich zunehmend Verunsicherung über die weitere Entwicklung in China breit, wo Rekordzinsen am Geldmarkt zuletzt die Furcht vor einer Finanzkrise geschürt hatten. Besonders Bankaktien gerieten unter Druck. Zudem belastete weiterhin die Ankündigung von US-Notenbankchef Ben Bernanke die Stimmung, noch in diesem Jahr die Staatsanleihenkäufe zu drosseln und damit langsam aus der ultralockeren Geldpolitik auszusteigen.

Der breit gefasste MSCI-Index für die asiatischen Märkte außerhalb Japans verlor 1,8 Prozent und fiel auf den niedrigsten Stand seit neuneinhalb Monaten. In China brach der Shanghai Composite - der Index an der Börse in Schanghai - um 5,3 Prozent ein auf 1963 Punkte, was dem tiefsten Stand seit fast sieben Monaten entspricht. In Shenzhen ging es sogar um 6,7 Prozent auf 7588 Punkte nach unten.

In Hongkong ging es um mehr als zwei Prozent nach unten. Besonders Finanzaktien gehörten hier zu den Verlierern: Ein entsprechendes Barometer brach in Shanghai um 7,1 Prozent ein, das ist der größte Kursverlust seit November 2008. Für Verunsicherung sorgte die Erklärung der chinesischen Zentralbank, die Finanzbranche verfüge über ausreichend Liquidität. Die Mitteilung war auf den 17. Juni datiert, wurde aber am Montag veröffentlicht.

Wörtlich hieß es in der Mitteilung der People's Bank of China (PBOC), die Liquidität sei auf einem "vernünftigen Niveau". Mit ihrer Erklärung signalisierten die Währungshüter nach Auffassung von Beobachtern, kein neues Geld in den Finanzmarkt pumpen zu wollen. Die Notenbank rief die Banken vielmehr auf, besser auf Kreditrisiken zu achten.

Geldknappheit und hohe Zinsen hatten am vergangenen Donnerstag zu einem kurzfristigen Einfrieren des Interbankenmarktes in China geführt. Die Geldmarktrate war kurzfristig auf 25 Prozent gestiegen, lag am Montag aber mit mehr als sechs Prozent weiter auf einem hohen Niveau. Die Instabilität des Finanzmarktes weckt neue Sorgen über den Zustand der zweitgrößten Volkswirtschaft, deren Wachstum nachlässt.

Am Wochenende deuteten Berichte von Staatsmedien darauf hin, dass die Regierung in Peking gegen das Schattenbanken-System vorgehen will, das für die Finanz-Engpässe in dem Land verantwortlich gemacht wird. "Die chinesischen Behörden tun das bewusst, damit die Investoren sich über die Anpassungsschwierigkeiten bewusst werden, die Strukturreformen der Regierung begleiten müssen", sagte Xiao Minjie, Volkswirt in Tokio. "Sie sollen sich nicht darauf einstellen, dass die Regierung schon eine harte Landung vermeiden wird."

China-Fieber erfasst Tokio

In Japan bekamen Anleger die frostige Stimmung an den Märkten ebenfalls zu spüren: Der Nikkei-Index gab zu Wochenbeginn 1,26 Prozent auf 13.062 Punkte nach. Der breiter gefasste Topix verlor 9,76 Punkte oder 0,89 Prozent auf 1089,64 Zähler.

Nach einem zunächst ruhigen Handel mit leichten Verlusten war der Nikkei am Nachmittag stärker unter Druck geraten. Beobachter verwiesen auf die Einflüsse aus den übrigen asiatischen Märkten. Nachdem andere asiatische Börsen etwa in Shanghai oder Hongkong deutlich ins Minus gerutscht waren, ging es auch in Tokio nach unten.

Zwar hebe der schwächere Yen die Stimmung, sagte Ryota Sakagami, Chefstratege bei SMNC Nikko Securities. "Die Investoren sind aber zurückhaltend, Exportwerte zu kaufen, weil die Situation im Ausland unsicher ist." China gehört zu den wichtigsten Handelspartnern Japans.

Unter den Gewinnmitnahmen litten vor allem Exportwerte. Die Aktien von Honda Motor fielen um 2,2 Prozent. Die Papiere von Daikin Industries gaben um 6,6 Prozent nach. Softbank-Titel stiegen um 0,7 Prozent. Sprint Nextel hat sein Übernahmeangebot für Clearwire angehoben und macht damit wahrscheinlich das Rennen um den Spezialisten für die mobile Datenübertragung. Der Verwaltungsrat von Clearwire unterstützt das neue Gebot.

Den Anstieg des Dollar zum Yen zum Wochenauftakt erklärten Händler mit dem deutlichen Sieg der Regierungspartei LDP bei einer Regionalwahl in Tokio. Der Sieg bedeute mit Blick auf die in einem Monat stattfindenden Wahlen zum Oberhaus Rückenwind für Ministerpräsident Shinzo Abe und seine Politik, die unter anderem den Yen in den vergangenen Monaten stark geschwächt habe, so ein Händler. Bereits in der vergangenen Woche hatte der Greenback gegenüber dem Yen um 4,1 Prozent zugelegt, die beste Entwicklung seit 2009.

Der Kospi in Südkorea schloss mit einem Abschlag von 1,2 Prozent und fiel damit unter die wichtige Marke von 1800 Punkten. Er verzeichnete bereits den vierten Handelstag in Folge Kursverluste. Auch drückten die Entwicklungen in China auf das Sentiment. Eine Unterstützung für den Kospi wird nun bei 1750 Punkten gesehen. Die Aktien von Index-Schwergewicht Samsung Electronics, für die es zwischenzeitlich nach oben ging, verloren 0,9 Prozent. Der Konzern wird Anfang Juli seine Ergebnisse veröffentlichen.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

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