VW trotz Warnung ungebremst Dax auf Schlingerkurs
30.07.2002, 20:15 UhrNach den fulminanten Anstieg am Montag ließen es die deutschen Standardwerte am Dienstag ruhiger angehen und legten erst einmal einen niedrigeren Gang ein. Schlechte Konjunkturdaten aus den USA drückten zudem auf die Stimmung. Weiter in voller Fahrt befand sich trotz einer Gewinnwarnung die Volkswagen-Aktie. Der Dax gewann 0,5 Prozent auf 3.879 Punkte.
Die große Frage sei, ob der aktuelle Börsenaufschwung nur eine technische Reaktion auf die massiven Verluste der vergangenen Wochen sei, oder ob er den Beginn einer echten Erholung einläute, so ein Händler. Nach den deutlichen Gewinnen vom Vortag seien Gewinnmitnahmen allerdings völlig normal.
Die Stimmung sei auf jeden Fall weiter angeschlagen. Viel werde in dieser Woche von den US-Konjunkturdaten abhängen, hieß es weiter. Und von dieser Seite gab es am Dienstag schlechte Nachrichten. Das US-Verbrauchervertrauen ist nach Angaben des Wirtschaftsforschungsinstituts Conference Board im Juli überraschend stark auf 97,1 Punkte nach 106,3 Punkten im Vormonat gesunken. Analysten hatten lediglich mit einem Rückgang auf 101,9 Punkte gerechnet. Im weiteren Wochenverlauf stehen dann noch die neuesten Zahlen zum US-Bruttoinlandsprodukt sowie zur Arbeitslosigkeit und der ISM-Einkaufsmanagerindex an.
Volkswagen hat am Morgen vor Börsenbeginn seine Erwartungen für das Gesamtjahr gesenkt. Beim Gewinn vor Steuern rechnen die Wolfsburger nur noch mit einem Ergebnis von rund vier Milliarden Euro. Bislang hatte VW ein Vorsteuerergebnis von 4,4 Milliarden Euro angestrebt. Im ersten Halbjahr konnte Volkswagen die Erwartungen von Analysten mit einem Rückgang des Vorsteuerergebnis um 4,1 Prozent auf 2,263 Milliarden Euro allerdings schlagen. Durchschnittlich war mit einem Rückgang des Vorsteuerergebnisses um 14 Prozent gerechnet worden. Die Aktie legte 5,2 Prozent auf 46,95 Euro zu. Es sei fraglich, ob es sich um eine echte Reduzierung der Prognosen handele oder nicht, so ein Händler. Die leicht gesenkte Vorhersage befinde sich im Rahmen der Markterwartungen, daher laufe die Aktie heute gut. Die Anleger würden sich auf das besser als erwartet ausgefallene zweite Quartal konzentrieren.
Schlechte Nachrichten gab es auch von dem Dialyse-Konzern Fresenius Medical Care, der seine Gewinnprognose für das Gesamtjahr auf 300 Millionen Dollar von zuvor 350 Millionen Dollar nach unten korrigiert hat. Im ersten Halbjahr konnten die Bad Homburger ihr operatives Ergebnis um sechs Prozent auf 344 Millionen Dollar steigern. Für die Papiere ging es 4,6 Prozent auf 39,20 Euro nach unten. Die Vorzugsaktie der Mutter Fresenius verlor 0,3 Prozent auf 42,29 Euro.
SAP hat den weltweiten Vertriebschef und Leiter der Region Amerika und Japan, Leo Apotheker, in den Vorstand berufen. Durch die Berufung will der Softwarekonzern seine Vertriebsprobleme lösen. Die Aktie legte im Schlussspurt 3,3 Prozent auf 79,50 Euro zu.
Unter Druck stand die Metro-Aktie, die 1,9 Prozent auf 25,90 Euro verlor. Viele Anleger würden sich aus Angst vor dem an diesem Mittwoch präsentierten Ergebnis aus dem Titel zurückziehen, so ein Händler. Nach Ansicht von Analysten hat Deutschlands größter Einzelhandelskonzern auch im zweiten Quartal unter der schwachen Konjunktur und der Zurückhaltung der Verbraucher gelitten. Auch für das Gesamtjahr sehen viele die Geschäftsentwicklung kritisch. Die Aktie litt zudem unter einer Abstufung durch die Privatbank Merck, Finck & Co.
Der Siemens-Konzern hält trotz Unklarheiten bei der künftigen Marktentwicklung bei seiner krisengeschüttelten Netzwerksparte ICN an den mittelfristigen Renditezielen fest. Weitere Restrukturierungsmaßnahmen in der Sparte seien allerdings nicht ausgeschlossen, hieß es weiter. Die Aktie fiel 0,9 Prozent auf 52,29 Euro.
Der im MDax notierte Chemiekonzern Celanese hat im zweiten Quartal beim Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen einen Rückgang um 23 Prozent auf 102 Millionen Euro verbucht. Damit fiel der Rückgang nicht so stark aus wie von Analysten im Durchschnitt erwartet wurde. Zu dem Ergebnisrückgang hätten insbesondere die schwache Ertragssituation bei chemischen Zwischenprodukten sowie Kosten für instandhaltungsbedingte Stillstände bei Anlagen beigetragen, hieß es weiter. Die Aktie gewann nach anfänglichen Verlusten 7,3 Prozent auf 19,80 Euro.
Krones, der weltgrößte Hersteller von Getränkeabfüllanlagen, hat vor allem von seinem starken Auslandsgeschäft profitiert. Der Nachsteuergewinn ist im ersten Halbjahr um fast 30 Prozent auf 32,2 Millionen Euro geklettert. Der Auftragseingang hat mit 606 Millionen Euro dabei ein neues Rekordniveau erreicht. Deshalb hat Krones seine Prognosen für das Gesamtjahr deutlich angehoben. Die Aktie war mit einem Plus von 7,6 Prozent auf 55,96 Euro einer der größten Gewinner im MDax.
Kräftig ins Minus geht es für den Kosmetikkonzern Wella. Die Investmentbank Merrill Lynch hat ihre Einstufung für die Aktie mittelfristig herunter gesetzt, langfristig dagegen angehoben. Begründet wurde die Neueinstufung mit den weiter unsicherem Marktumfeld. Langfristig dürfte jedoch das Restrukturierungspotenzial positiv zum Tragen kommen. Die Aktie brach dennoch um 8,2 Prozent auf 42,45 Euro ein.
Quelle: ntv.de