264 Punkte futsch Dax braust davon
11.11.2008, 17:48 UhrDie deutschen Aktienindizes haben am Dienstag angesichts neu aufkommender Konjunktursorgen deutliche Kursverluste verzeichnet. Nach einer schwachen Eröffnung der US-Börsen baute der Dax seine anfänglichen Verluste deutlich aus und kippte deutlich unter die Marke von 4800 Punkten. Positive Signale von Unternehmens- oder Konjunkturseite wurden links liegen gelassen.
Der Dax beendete den Handel mit einem Minus von 5,3 Prozent auf 4761,58 Punkte. Der MDax verlor 4,1 Prozent auf 5498,42 Punkte. Der TecDax verbuchte ein Minus von 3,2 Prozent auf 521,58 Punkte.
"Der Markt bleibt angeschlagen", sagte Marktstratege Mirko Pillep von der Helaba. Der besser als erwartet ausgefallene ZEW-Index zeige lediglich eine temporäre Entspannung, so Pillep: "Die langfristigen Aussichten bleiben schlecht." Das ZEW-Barometer stieg auf minus 53,5 von minus 63 Zählern. Volkswirte hatten im Schnitt nur mit einem Anstieg auf minus 62 Zähler gerechnet. Auch das von der chinesischen Regierung am Vortag aufgelegte milliardenschwere Konjunkturprogramm werde nicht lange helfen. Alle Augen seien nun auf das G20-Treffen am Wochenende gerichtet, von dem Vereinbarungen für eine neue Weltfinanzordnung erwartet werden.
Aktienstratege Thomas Grüner von der Landesbank Berlin erläuterte: "Es besteht nach wie vor die Gefahr einer tieferen und längeren Rezession in den Industriestaaten, und das ist der entscheidende Unsicherheitsfaktor, der über den Märkten schwebt." Die aktuellen Quartalsberichte der Unternehmen verstärkten die Unsicherheiten. "Wir sehen viele Gewinnwarnungen, es gibt große Fragezeichen zur Geschäftsentwicklung im kommenden Jahr", sagte Grüner.
Unter den größten Verlierern versammelten sich vor allem Finanztitel und konjunktursensible Unternehmen. Das stärkste Minus verbucht die Deutsche Börse mit einem Minus von 10,2 Prozent auf 58,52 Euro, dicht gefolgt von der Deutschen Bank mit einem Minus von 10,1 Prozent. Die Analysten von Sal. Oppenheim blieben bei ihrer neutralen Einstufung für den Banken-Primus, stuften das Kursziel der Papiere aber von 63 auf 40 Euro herunter. Die Commerzbank gab 9,7 Prozent auf 7,34 Euro ab, für die Postbank ging es acht Prozent auf 15,39 Euro nach unten. Dax-Schwergewicht Siemens stand mit 8,9 Prozent Minus ebenfalls ganz weit oben auf der Verliererliste und belastet so den Gesamtmarkt massiv.
RWE überrascht
Die Papiere des Energieversorgers RWE hielten sich mit einem Minus von 1,9 Prozent auf 67,20 Euro besser als der Gesamtmarkt. RWE verzeichnete in den ersten neun Monaten ein operatives Ergebnisplus. "Die Zahlen übertreffen deutlich die Erwartungen und der Konzern hat seine Umsatzprognose für 2008 angehoben und seine restlichen Ziele bestätigt", kommentierte ein Händler. Das stütze die Aktien. Auch Analysten äußerten sich positiv, die WestLB hebt das Papier von "Hold" auf "Add". Die Feststellung des Bundesgerichtshof, dass RWE in Deutschland zusammen mit Eon eine marktbeherrschende Stellung habe, rücke unterdessen in den Hintergrund.
Die Probleme des weltweit zweitgrößten Autobauers General Motors drückten die Aktien der europäischen Konkurrenten ins Minus. "Wenn ein Unternehmen wie GM so stark wankt, drückt das branchenweit auf die Stimmung", sagte ein Händler. Einen kompletten Zusammenbruch befürchte er aber nicht. "Die US-Regierung wird GM ebenso wenig pleitegehen lassen wie Ford oder Chrysler. Das ist schließlich eine Kernindustrie." Die Papiere von GM waren am Vortag in New York um bis zu 31 Prozent auf den tiefsten Stand seit 1946 gefallen. Dem weltweit zweitgrößten Fahrzeug-Hersteller droht nach eigenen Angaben im ersten Halbjahr 2009 das Geld auszugehen. Die Aktien von Daimler und BMW gehörten mit einem Minus von 8,4 bzw. 5 Prozent zu den größeren Verlierern im Dax. Die Titel des Sportwagenbauers Porsche gaben 6,7 Prozent auf 62,50 Euro nach.
Qimonda belastet Infineon
Aktien von Infineon konnten sich nach zwischenzeitlich noch stärkeren Verlusten bei 5,5 Prozent Minus fangen. Einem Pressebericht zufolge spitzt sich die Schieflage bei der Infineon-Tochter Qimonda offenbar zu. In einem internen Papier warnen führende Betriebsräte erstmals vor dem Aus des Chipherstellers mit 13.000 Mitarbeitern. Ein Händler betonte: "Die Möglichkeit einer Pleite ist zwar bereits größtenteils im Qimonda-Kurs enthalten, dennoch dürfte der Beitrag heute den Infineon-Kurs belasten."
Deutlich unter Druck standen auch die Papiere der Allianz mit einem Minus von 8,1 Prozent auf 59,89 Euro. Nach den enttäuschenden Quartalszahlen zum Wochenstart legen nun die Analysten von UBS nach und senken das Kursziel für den Versicherer von 130 auf 100 Euro. Die Kaufempfehlung halten die Experten jedoch aufrecht.
Tognum-Zahlen "erfreulich"
Tognum kippten nach deutlichen Pluszeichen im frühen Handel in die Verlustzone und gaben 1,8 Prozent auf 8,77 Euro nach. Händler hatten die Zahlen des Motorenbauers in einer ersten Reaktion als "erfreulich" eingestuft. Analyst Dirk Nettling von der Commerzbank sieht die Quartalszahlen ebenfalls "über den Erwartungen". Außerdem habe der Konzern die Prognosen für das laufende Jahr bestätigt, was aus Sicht des Händlers ebenfalls positiv zu werten ist.
Aktien der Aareal Bank brachen um 17 Prozent ein. Die Aareal Bank hat trotz solider Zahlen im dritten Quartal ihre Prognose für das Gesamtjahr zurückgenommen. Die dramatischen Marktverwerfungen der letzten Wochen hätten gezeigt, "dass im derzeitigen Umfeld verlässliche Prognosen für das Gesamtjahr 2008 nicht möglich sind", sagte Vorstandschef Wolf Schumacher.
Die Aktien von Celesio gerieten nach einer Herunterstufung durch die Deutsche Bank deutlich unter Druck. Die Papiere des Pharmahändlers fielen um 11,9 Prozent auf 22 Euro. Die Analysten der Deutschen Bank raten in einer Studie dazu, die Celesio-Aktien zu verkaufen. Die Einschätzung hatte zuvor "Hold" gelautet. Das Kursziel senken sie auf 20 von 25 Euro. Die Experten begründen ihren Schritt unter anderem mit den düsteren Wirtschaftsaussichten.
Quelle: ntv.de