Nachwirkungen des G20-Treffens Dax freundlich erwartet
17.10.2011, 08:00 Uhr
Der Lidstrich sitzt, die Woche kann beginnen.
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Am deutschen Aktienmarkt bereiten sich die Beobachter in Banken und Brokerhäusern auf einen freundlichen Wochenauftakt vor: Nach dem G20-Treffen der Finanzminister sehen Experten Anzeichen für eine Beruhigung der Lage.
Die Hoffnung auf umfassende Maßnahmen der Europäischen Union im Kampf gegen die Schuldenkrise dürfte dem Dax am Montag zur Eröffnung Auftrieb geben. Banken und Broker sehen den deutschen Leitindex rund 50 Punkte über seinem Freitagsschluss, als er 0,9 Prozent auf 5967 Punkte gewonnen hatte. Die Finanzminister der G20-Staaten hatten am Wochenende den Druck auf ihre Kollegen der Eurozone verstärkt, rigoros gegen die Krise vorzugehen und beim EU-Gipfel am 23. Oktober in Brüssel umfangreiche Maßnahmen vorzulegen.

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In Tokio legte der Nikkei 1,7 Prozent auf 8895 Punkte zu. Der Shanghai-Composite notierte nahezu unverändert bei 2431 Zählern. An der Wall Street hatte der Dow-Jones-Index vor dem Wochenende mit einem Plus von 1,5 Prozent bei 11.644 Punkten geschlossen. Der S&P-500-Index beendete den Tag bei 1224 Punkten, ein Plus von 1,7 Prozent. Der Composite -Index der Nasdaq gewann 1,8 Prozent und ging mit 2667 Punkten aus dem Handel. Zum Börsenschluss in Europa hatten die drei Indizes jeweils weniger als 1 Prozent im Plus gelegen.
Vor diesem Hintergrund rechnen Marktteilnehmer in Deutschland mit weiter steigenden Kursen: Die deutlichen Gewinne im US-Handel könnten den Dax zurück über die Marke von 6000 Punkten treiben, hieß es am frühen Morgen. Lediglich die überkaufte Lage könnte den Dax etwas bremsen.
Das G20-Treffen der Finanzminister am Wochenende habe die Hoffnung auf eine Lösung der europäischen Schuldenkrise verstärkt, meinte ein Beobachter. In der Abschlusserklärung wurden die Fortschritte Europas bei der wirtschaftspolitischen Aufsicht und der Ausweitung des Euro-Rettungsfonds EFSF begrüßt. Mit dem Treffen bereiteten die Ressortchefs aus den 20 einflussreichsten Wirtschaftsmächten der Welt den anstehenden G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Anfang November im südfranzösischen Cannes.
Vor Beginn des europäischen Aktienhandels bemühten sich die Analysten um Überblick: Es stelle sich die Frage, hieß es zum Beispiel, inwieweit eine tragfähige Vereinbarung beim europäischen "EU-Krisengipfel" am 23. Oktober durch die Gewinne der vergangenen acht Handelstage bereits vorweggenommen worden sei. Die Aufmerksamkeit könnte sich daher schon bald wieder stärker auf die weltweite konjunkturelle Lage und die Geschäftsentwicklung der Unternehmen richten.
Die Autowerte dürften erneut zu den stärksten Gewinnern am deutschen Aktienmarkt zählen. Neben guten Vorgaben - in Tokio war die Aktie von Toyota gefragt - verweisen Marktteilnehmer auf die zuversichtlichen Aussagen des BMW-Finanzvorstands Friedrich Eichinger in der "Wirtschaftswoche". Auf die Frage nach den Aussichten für das kommende Jahr hat Eichinger geantwortet, BMW blicke "durchaus optimistisch auf 2012". Nach den Worten von BMW-Chef Norbert Reithofer rechnet das Unternehmen auch im laufenden Monat mit einer guten Absatzentwicklung. Reithofers Aussage fiel im Zusammenhang mit der Präsentation des neuen 3er-Modells.
"Das dürfte die Sorgen vor einer starken wirtschaftlichen Eintrüben dämpfen, nachdem sich bereits mehrere Unternehmen in ähnlicher Weise geäußert haben", meint ein Händler. Allerdings habe die BMW-Aktie mit der scharfen Erholung der Vortage schon viel vorweg genommen. Das kurzfristige Potenzial könnte daher auf das September-Erholungshoch bei 57,50 Euro begrenzt sein.
Der Münchener Autobauer will einem Magazinbericht zufolge zudem eine Beteiligung an erwerben. Nachdem die BMW-Großaktionärin Susanne Klatten bereits mit rund 29 Prozent an SGL beteiligt sei, wolle der BMW-Konzern selbst einen eigenen Aktienanteil an dem Hersteller erwerben, berichtete der "Spiegel". Offen sei noch, wie viele Aktien BMW übernehme. Sinnvoll wäre ein Anteil von gut 20 Prozent. Zusammen mit Klatten würde BMW dann über mehr als 50 Prozent an SGL verfügen, was die Übernahmespekulationen um SGL Carbon weiter anheizen dürfte.
Der VW-Konzern, der bislang gut 8 Prozent an SGL hält, bereite ebenfalls einen Aktienkauf bei SGL vor, hieß es. "Wenn der Preis stimmt, werden wir unseren Anteil erhöhen", sagte ein namentlich nicht genannter Manager des VW-Konzerns dem Magazin. "Allerdings bleibt die Frage, was angesichts der bereits hoch bewerteten Aktie ein stimmiger Preis ist", merkte ein Händler an. Er vermute hier eher Kurse unter 30 Euro, die so schnell aber nicht mehr erreicht werden dürften.
Ein anderer Marktteilnehmer fragt sich, ob ein derartiger Schritt von Klatten und BMW ohne Weiteres durchführbar sei, oder ob ein formales Übernahmeangebot vorgelegt werden müsse. Ungeachtet derartiger Details sollte die auffallend stabile und von der Gesamtmarktkorrektur nicht betroffene SGL-Aktie aber in Richtung des bisherigen Jahreshochs bei 41 Euro steigen.
Die Quartalszahlen von Philips könnten den Kurs der Aktie stützen. "Mit den angekündigten 4500 Stellenstreichungen und 800 Mio. Euro Einsparungen hat Philips die Sparmaßnahmen konkretisiert", sagte ein Händler. Beim Umsatz hätten die Sparten Gesundheit und Beleuchtung die Konsensprognose leicht übertroffen, "Consumer Lifestyle" habe wegen des schwachen TV-Geschäfts etwas unter dem Konsens abgeschnitten. Beim Vorsteuerergebnis (Ebita) lägen jedoch sowohl "Consumer Lifestyle" als auch das Beleuchtungsgeschäft über den Konsensschätzungen. "Neben den Spardetails ist das die zweite positive Nachricht", sagte ein Händler. Davon könne auch Siemens etwas profitieren. Beim Ausstieg aus dem TV-Joint-Venture habe Philips noch keinen Vollzug melden können. "Die Aussagen hierzu klingen nicht sehr optimistisch", meinte ein Händler. Hier liege ein Risiko, denn das TV-Geschäft sei margenschwach.
Der Flughafenbetreiber Fraport will die am Frankfurter Flughafen wie geplant am 21. Oktober in Betrieb nehmen. Das Unternehmen geht damit nicht auf eine Forderung der Deutschen Lufthansa ein, den Termin zu verschieben.
Zum Wochenbeginn dürften die Kurse an auch an den übrigen europäischen Börsen leicht zulegen. "Die Erwartung, dass sich die Situation in der Eurozone langsam stabilisiert, dürfte die Aktienmärkte weiter stützen", sagte ein Händler. Eurostoxx50 und FTSE-100 könnten den Ausbruch über die "runden Marken" von 2400 und 5500 Punkten versuchen, hieß es.
In Asien setzten sich die freundlichen Vorgaben aus dem späten US-Handel am Freitag fort. Finanzwerte und Konjunkturzykliker lagen an der Spitze der Aufwärtsbewegung.
Neue Informationen zum wirtschaftlichen Status der USA könnten am Nachmittag Konjunkturdaten aus dem Bundesstaat New York liefern: Erwartet wird der Empire State Manufacturing Index für Oktober. Die Prognose von minus 4 deutet darauf hin, dass er im negativen Bereich verharrt und damit auf Kontraktion hindeutet. Zudem gibt es noch Ausführungen zur Industrieproduktion und Kapazitätsauslastung der USA im September. Hier werden nahezu unveränderte Angaben im Vergleich zum Vormonat erwartet.
Die Optionsprämien auf Dax -Optionen preisen für Montag eine Schwankungsbreite im Dax von 111,31 Punkten oder 1,87 Prozent um den Schlusskurs vom Vortag ein. Das entspricht einer Dax -Bewegung auf bis zu 6079 Punkte nach oben und 5856 Punkte nach unten.
Quelle: ntv.de, DJ/rts