Ende gut, alles gut Dax hält sich wacker
09.06.2008, 17:41 UhrSchnäppchenjäger haben die deutschen Standardwerte am Montag in die Gewinnzone gezogen, trotz hoher Ölpreise. Stützen konnten Kursgewinne bei Schwergewichten wie Siemens und den Versorgern. Eine milliardenschwere Kapitalerhöhung bei der US-Investmentbank Lehman Brothers setzte dagegen Finanzwerte unter Druck.
Der Leitindex Dax schloss 0,2 Prozent höher bei 6.815 Punkten. Marktbeobachtern zufolge nutzten einige Anleger die niedrigen Notierungen für einen Wiedereinstieg in den Aktienmarkt.
Die anderen Indizes verbuchen hingegen weiterhin Abschläge. So sank der MDax um 1,1 Prozent auf 9.568 Punkte, wohingegen der TecDax 1,5 Prozent auf 838 Zähler nachgab.
"Wir halten uns jetzt ganz gut, der Ölpreis hat sich auch ein bisschen beruhigt", sagte ein Händler. Das Fass US-Leichtöl der Sorte WTI verbilligte sich gegenüber dem späten Freitagsgeschäft um 1,2 Prozent auf 136,80 Dollar. Marktteilnehmer erwarten allerdings, dass die Belastung anhält.
"Das teure Öl wird längerfristig seine Wirkung haben, insbesondere bei allen energieintensiven Branchen wie Luftfahrt, Auto, Chemie sowie Eisen und Stahl", prognostizierte ein Börsianer.
Bankentitel litten unter enttäuschenden Quartalszahlen der US-Investmentbank Lehman Brothers. Die Aktien der Commerzbank sanken mit 2,5 Prozent am deutlichsten. Papiere der Deutschen Bank gaben 1,9 Prozent nach.
Zu den größten Verlierern im Dax gehörten auch - ölpreisbedingt - Lufthansa. Die Titel gaben 2,1 Prozent nach. Auch Berichte um interne Ermittlungen zum Aufspüren eines Lecks im eigenen Aufsichtsrat lastete hier auf die Stimmung. Der "Spiegel" schrieb, der Konzern habe interne Passagierdaten genutzt, um den Kontakt eines Journalisten der "Financial Times Deutschland" mit einem Lufthansa-Aufsichtsrat zu ermitteln. "Dabei hat es sich um Ermittlungen mit rechtlich einwandfreien Mitteln und keine in Eigenregie durchgeführten Überprüfungen gehandelt", sagte ein Lufthansa-Sprecher am Samstag.
Die durch hohe Treibstoffpreise ausgelöste Krise bei den Airlines wirkt sich nach Angaben von EADS nicht auf den Luft- und Raumfahrtkonzern aus. "Ich glaube nicht, dass die Probleme des Marktes uns kurzfristig treffen werden", sagte EADS-Finanzchef Hans Peter Ring der "Euro am Sonntag". Ein Börsianer äußerte sich jedoch skeptisch und verwies auf die Entwicklung im kommenden Jahr. Sollte der Ölpreis 2009 weiterhin nach oben schießen, könnte dies auf die Gewinne der Fluggesellschaften drücken und weitere Stornierungen von Aufträgen für EADS zur Folge haben. EADS verbilligten sich um 2,5 Prozent.
Zu den Spitzenreitern zählten die Titel von Siemens, die sich um 1,5 Prozent verteuerten. Die Aktie profitierte damit von der Wiederaufnahme des Aktienrückkaufprogramms. Siemens setzt ihr Programm mit einer zweiten Tranche im Volumen von bis zu 2,0 Mrd. Euro fort. Dies sind auf Basis des derzeitigen Kurses bis zu 28 Mio. Stückaktien. Der Rückkauf läuft bis zum 23. Juli.
Die Aussicht auf ebenfalls steigende Gaspreise sowie eine Einigung der EU-Länder über Grundzüge einer Reform des europäischen Energiemarktes halfen hingegen den Versorgeraktien. Die Titel des deutschen Branchenprimus Eon stiegen um 1,9 Prozent, die Anteilsscheine der Nummer zwei RWE legten knapp zwei Prozent zu. Experten erwarten wegen der Bindung des Erdgaspreises an den Ölpreis eine weitere Verteuerung des Brennstoffs.
Gegen einen negativen Branchentrend im Autosektor legten Volkswagen-Titel um 2,6 Prozent zu. Händler führten dies auf positive Aussagen von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech in einem Interview sowie anhaltende Spekulationen über Zukäufe von Porsche zurück. Porsche gaben 2,9 Prozent ab. Zudem könnten die Aktien kurzfristig von Aussagen des niedersächsischen Ministerpräsidenten Christian Wulf profitieren, wonach der Bund VW-Aktien kaufen müsse, um eine von ihm 1959 zugesagte staatliche Sperrminorität beim größten europäischen Autokonzern zu sichern, hieß es am Markt.
MAN gaben nach einem negativen Analystenkommentar am Dax-Ende 4,0 Prozent ab. Die UBS hat die Titel des Maschinen- und Nutzfahrzeugbauers von "Neutral" auf "Sell" abgestuft. Der europäische Lkw-Markt dürfte seiner Einschätzung nach 2008 seinen Höhepunkt erreichen, schrieb Analyst Frederic Stahl.
Deutsche Telekom fielen nach einem Pressebericht zu möglichen Kundenabwanderungen wegen der Spitzelaffäre 0,6 Prozent. Einer Umfrage der "WirtschaftsWoche" zufolge droht dem Ex-Monopolisten eine massive Abwanderung von Kunden zu anderen Anbietern, nachdem jeder Zweite das Vertrauen in den Telefon-Konzern verloren habe. "Ein Drittel der Telekom-Kunden will wegen der Abhöraffäre 'bestimmt' oder 'wahrscheinlich' zu einem anderen Anbieter wechseln", so das Ergebnis der Umfrage. Händler wollten den Bericht am Morgen nicht zu hoch hängen, zumal das Marktforschungsinstitut Psychonomics nicht so bekannt sei.
Zu den Spitzenreitern im MDax zählten die Aktien von Norddeutsche Affinerie (NA) mit einem Plus von 6,6 Prozent. Die Deutsche Bank hat die Einschätzung der Aktien der Kupferhütte von "Hold" auf "Buy" angehoben und das Kursziel von 22,50 auf 40,0 Euro beinahe verdoppelt. Das Aufwärtspotenzial der NA-Aktien werde unterschätzt, schrieben die Analysten in einer aktuellen Studie.
Versatel legten im TecDax 3,1 Prozent nach. Händler sprachen von einem Bericht der italienischen Tageszeitung "Il Sole 24Ore", demzufolge Telecom Italia Interesse an dem Festnetzanbieter haben soll. Der Finanzinvestor Apax habe bereits informelle Verhandlungen mit Telecom Italia über den Anteil von mehr als 43 Prozent geführt. Versatel stehe bereits seit geraumer Zeit im Zentrum von Übernahmespekulationen und bereits im Vorjahr sei Telecom Italia als möglicher Interessent gehandelt worden, bemerkte ein Händler.
Quelle: ntv.de