Anleger machen Kasse Dax hält sich wacker
17.09.2012, 17:40 Uhr
(Foto: dpa)
Nach der Liquiditätsrally der Vorwoche legt der Frankfurter Aktienmarkt eine Verschnaufpause ein. Das Anlegerinteresse lässt zwar nach, die Verluste halten sich jedoch in Grenzen. Schlusslicht im Dax sind ThyssenKrupp.
Nach zwei Wochen mit starken Kursgewinnen hat der deutsche Aktienmarkt leichte Verluste verzeichnet. Der Dax setzte um 0,1 Prozent auf 7403 Punkte zurück, während der MDax 0,6 Prozent auf 11.161 Zähler einbüßte. Der TecDax tendierte mit 814 Punkten nahezu unverändert. In der Vorwoche war der deutsche Leitindex mit einem Zuwachs von 2,7 Prozent auf das höchste Niveau seit Juli vergangenen Jahres geklettert. Dank der von diversen Notenbanken ausgelösten Flut billigen Geldes und der Entspannung in der Euro-Schuldenkrise ist für Dax, EuroStoxx50 & Co. nach Ansicht der meisten Börsianer das Ende der Fahnenstange aber noch nicht erreicht.
Händler sprachen von einem ruhigen Handelstag. Nach dem jüngsten Reigen an Schlüsselereignissen seitens der Notenbanken und des Bundesverfassungsgerichts fehle es nun an wichtigen neuen Nachrichten, sagte Stratege Stan Shamu von IG Markets. Eine Rallye von fast sieben Prozent seit Monatsanfang locke ohnehin zur Sicherung der Gewinne. "Während die kräftige Aufwärtsbewegung der letzten Handelswochen primär durch die Politik begründet wurde, werden nun sukzessive wieder Konjunkturdaten in den Fokus rücken", so Analyst Gregor Kuhn von IG Markets. Ein Börsianer ergänzte dies um Verunsicherung über eine europäische Bankenaufsicht und die Frage, ob und wann Spanien sich unter den Euro-Rettungsschirm stellen wird.
"Die Märkte sind weiterhin in risikofreudiger Stimmung. Angesichts der jüngsten Bewegungen besteht aber das Risiko von Gewinnmitnahmen", meinte Mitul Kotecha von der Credit Agricole. Die Auseinandersetzung zwischen China und Japan um eine Inselgruppe im Ostchinesischen Meer lastet an der Börse in Schanghai auf den Kursen und könnte auch an Europas Börsen die Neigung zu Gewinnmitnahmen verstärken.
"Der Aufwärtstrend bleibt uns aber sicher erhalten", betonte ein anderer Börsianer. Schließlich müsse auf Jahre hinaus mit anhaltend niedrigen Zinsen gerechnet werden. Vielen Investoren bleibe daher kaum etwas anderes übrig, als in Aktien zu investieren, weil sie bei anderen Anlagen wie zum Beispiel Staatsanleihen nur magere Renditen erwirtschaften könnten. "Die Notenbanken scheinen entschlossen, die Welt mit Liquidität zu fluten", meinte auch Philippe Gijsels, Chef-Analyst von BNP Paribas Fortis Global Markets. Da dieses frische Geld irgendwo investiert werden müsse, träten die trüben Konjunkturaussichten zumindest kurzfristig in den Hintergrund. "Dies macht jeden Kursrücksetzer zu einer Einstiegschance", so Gijsels.
"Es gibt weiterhin Aufwärtspotenzial für Aktien, da wir noch dabei sind, das Nicht-Auseinanderbrechen der Euro-Zone einzupreisen", sagte Händler Jerome Troin-Lajous von Louis Capital Markets. Der Markt beginne gerade erst zu bemerken, wie viel Abwärtsrisiken zuvor die Kurse gedrückt hätten. Die Rally werde allerdings nicht durch die Konjunktur, sondern durch die Umschichtung der Anleger getrieben. Viele Investoren hätten europäische Aktien untergewichtet, müssten nun in diese einsteigen und sich von US-Titeln sowie Staatsanleihen trennen.
BayernLB legt sich fest
Die geplanten Anleihe-Käufe der EZB und der Fed sowie das grüne Licht des Bundesverfassungsgerichts für den Rettungsfonds ESM gäben den Märkten Auftrieb, sagte auch Helaba-Aktienstratege Markus Reinwand. "Aktien sind immer noch moderat bewertet. Außerdem sind die Aktienquoten vieler Anleger noch überschaubar. Mit einem kräftigen Schwung ist aber erst dann zu rechnen, wenn die Konjunktur und die Gewinnerwartungen nach oben gehen."
Uneins sind sich Analysten, inwieweit der Dax von den Bewegungen profitieren wird. Während die Experten von JP Morgan den deutschen Leitindex weiterhin als erste Wahl innerhalb der Euro-Zone sehen, raten ihre Kollegen von Societe Generale zum Verkauf deutscher Titel. Das niedrigere Risiko mache stattdessen italienische Aktien wieder attraktiv, wogegen die exportorientierten deutschen Unternehmen unter der Konjunkturabkühlung litten.
Dax-Anleger müssen sich auch nach Einschätzung der Bank auf Rückschläge einstellen. Der deutsche Leitindex werde bis Dezember 2012 auf 6800 Punkte einbrechen, sagte Chefvolkswirt Jürgen Pfister voraus. Bis März 2013 werde sich das Börsen-Barometer dann auf 7000 Zähler erholen. In einem Jahr dürfte der Dax bei 7300 Punkten liegen. Als Hauptgrund für den erwarteten Rückschlag nennt Pfister das verlangsamte Gewinnwachstum der Unternehmen. "Beim Dax ist schon jetzt viel Euphorie drin." Wegen der hohen Lohnabschlüsse werde in vielen Fällen der Kostendruck bald größer. Bessere Zeiten an der Börse werde es erst geben, wenn die Staatsschuldenkrise als beherrschbar gelte und die Konjunktur wieder stärker anziehe.
ThyssenKrupp unter Druck
Die stärksten Verluste waren bei ThyssenKrupp zu sehen. Händler führten das Minus von 4,5 Prozent auf Gewinnmitnahmen zurück. Bankentitel holten derweil ihre anfänglichen Verluste auf und gehörten europaweit zu den Favoriten. Im Dax spielten Commerzbank-Aktien mit 3 Prozent den Vorreiter. Deutsche Bank schlossen 0,5 Prozent im Plus.
Anleger trennten sich in großem Stil von Celesio-Aktien. Die Papiere des Pharmahändlers fielen bei überdurchschnittlichen Umsätzen um 4,9 Prozent auf ein Drei-Wochen-Tief von 14,05 Euro und trugen damit die rote Laterne im MDax. Einen unmittelbaren Auslöser für den Kursrutsch konnten Börsianer nicht nennen. Sie verwiesen auf das 27-prozentige Plus der vergangenen drei Monate und sprechen von Gewinnmitnahmen.
Gefragt waren dagegen Hochtief, die sich um 2,5 Prozent verteuerten. Der Chef des französischen Konkurrent Vinci hatte in einem Interview mit der "Financial Times Deutschland" Interesse an Teilen des Baukonzerns und der Muttergesellschaft ACS signalisiert. Vinci will sein Konzessionsgeschäft mit Flughäfen und Autobahnen ausbauen.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ