Deutlich unter 7000 Punkten Dax hat nichts zu feiern
01.08.2011, 17:35 UhrVon Partylaune ist am deutschen Aktienmarkt nach dem US-Schuldenkompromiss nichts zu spüren, im Gegenteil. Nach dem Kompromiss im US-Schuldenstreit verbucht der Dax zunächst Kursgewinne, rutscht im Handelsverlauf jedoch deutlich. Den Rest geben dem Markt am Nachmittag überraschend schlechte Konjunkturdaten, die den Dax unter die Marke von 7000 Punkten drücken.
Starke Kursverluste auf breiter Front haben den deutschen Aktienmarkt am Montag deutlich belastet. Der Leitindex Dax fiel erstmals seit dem März wieder unter die Marke von 7000 Punkten. Nach dem Kompromiss im US-Schuldenstreit sah es am Morgen zunächst nach einem positiven Handelstag aus, doch schon im frühen Geschäft schwanden die Gewinne. Neben der Nervosität über die bevorstehende Abstimmung über den Schuldenkompromiss drückte am Nachmittag der viel beachtete US-Einkaufsmanagerindex auf die Stimmung, der auf den schwächsten Wert seit zwei Jahren fiel.
Der Dax rutschte in der Schlussauktion auf den Tagestiefststand von 6953,98 Punkten, das entspricht einem Minus von 2,9 Prozent. Der MDax verlor 1,4 Prozent auf 10.338,08 Punkte. Der TecDax ging mit einem Minus von 0,6 Prozent bei 815,77 Punkten aus dem Handel. Damit fielen die Kursverluste am deutschen Aktienmarkt weitaus stärker aus als in den USA.
Die US-Industrie ist mit einem Wachstumseinbruch ins zweite Halbjahr gestartet. Der ISM-Einkaufsmanagerindex fiel im Juli überraschend kräftig von 55,3 auf 50,9 Punkte. Experten hatten im Schnitt lediglich mit einem kleinen Minus auf 54,9 Punkte gerechnet. Mit dem niedrigen Indexstand fehlt nicht mehr viel bis zur Marke von 50,0 Punkten, unter der der Index ein Schrumpfen der Wirtschaftsleistung signalisiert.
"In Verbindung mit den schwachen BIP-Daten vom Freitag und angesichts der möglicherweise anstehenden Bremseffekte durch die US-Fiskalpolitik trübt sich das konjunkturelle Bild weiter ein", sagte Helaba-Analyst Ralf Umlauf. "Sorgen scheinen berechtigt, wonach auch in der zweiten Jahreshälfte kaum Wachstumsimpulse zu spüren sein werden."
Schuldenkompromiss könnte platzen
Börsianer bezweifelten zudem, dass der US-Kongress die Anhebung der Schuldengrenze durchwinken wird. "Ich will nicht ausschließen, dass der Kompromiss bei der ersten Abstimmung durchfällt, wie damals die Hilfen für die Banken nach der Lehman-Pleite 2008", sagte ein Händler. Für Folker Hellmeyer, den Chef-Volkswirt der Bremer Landesbank, ist der US-Haushalt damit noch lange nicht saniert. "Es handelt sich um eine fiskalische Bremse, die nicht im erforderlichen Maße die Ursachen der Krise bekämpft."
Chris Iggo, Anleihe-Experte bei Axa Investment Managers, wies auf das Risiko einer Herabstufung des US-Ratings hin. "Die im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt erreichten Defizit- und Schuldenwerte sind die schlechtesten eines mit 'AAA' beurteilten Staates. Der Finanzierungsbedarf des US-Finanzministeriums in den kommenden zwei Jahren ist erheblich, und es ist kaum vorstellbar, dass die Anleiherenditen so niedrig bleiben wie bislang, sollte sich der fiskalische Ausblick nicht bessern."
Auf der Suche nach "sicheren Anlagehäfen" griffen Investoren unter anderem zu Franken. Dollar und Euro fielen auf neue Rekordtiefs zur Schweizer Währung. Der Goldpreis näherte sich auf bis zu zwei Dollar seinem bisherigen Rekordhoch von 1632,30 Dollar je Feinunze an. Auch Bundesanleihen standen hoch im Kurs: Der Bund-Future stieg um 85 Ticks auf 131,21 Stellen.
Volkswagen hält die Fahne hoch
Am Aktienmarkt war die Gewinnerliste zu Handelsschluss völlig leergefegt. Am besten schlug sich relativ gesehen noch der Autobauer Volkswagen mit einem Minus von 1 Prozent. Analysten von Goldman Sachs hatten die Papiere am Morgen zum Kauf empfohlen und das Kursziel von 245 auf 260 Euro erhöht. Nach Aussage der Analysten ist VW einer der weltweit am besten aufgestellten Automobilhersteller, um strukturellen Veränderungen in der Branche zu begegnen und davon zu profitieren. Die übrigen Branchenwerte BMW und Daimler gaben dagegen 3,0 bzw. 3,3 Prozent nach.
Selbst Titel aus Branchen, die in unsicherern Zeiten von Anlegern gesucht werden, gaben teils deutlich nach. So verloren Papiere des Gesundheitskonzerns Fresenius 2,8 Prozent, die Dialysetochter FMC verbuchte einen Abschlag von 1,3 Prozent.
Banken dick im Minus
Besonders dick erwischte es Titel aus dem Finanzsektor. Für die Commerzbank ging es um 5,2 Prozent nach unten, die Deutsche Bank verlor 3,9 Prozent. Die Papiere befanden sich in Europa damit in guter Gesellschaft. Insbesondere in Italien verzeichneten die Branchentitel massive Abschläge, der dortige Branchenprimus Unicredit musste zeitweise vom Handel ausgesetzt werden.
Starke Verluste verbuchten auch Papiere der Deutschen Telekom mit einem Minus von 3,8 Prozent. Börsianer sprachen schon am Morgen von Gewinnmitnahmen, nachdem die Papiere in den vergangenen Tagen angesichts der großen Unsicherheit am Markt zu den stärkeren Werten gehört hatten. Hinzu kam eine Kurszielsenkung durch die UBS von 11,40 auf 11,20 Euro.
Quelle: ntv.de, nne/DJ/rts