Irland-Sorgen und US-Konsum Dax kippt vom Besen
17.09.2010, 17:59 UhrDie deutschen Aktienindizes landen am Ende des Tages im Minus. Die sinkende Kauflaune der US-Bürger und die Spekulationen über die Finanzkraft des irischen Bankensektors verdirbt den Anlegern die Lust auf Aktien.
Die deutschen Standardwerte konnten ihr komfortables Kurspolster am großen Verfallstermin am Terminmarkt nicht halten. Die Unterstützung brach nach dem Verfall weg, die Kurse trudelten ins Minus. Positive Impulse von der höher erwarteten Wall Street hatten zuvor lange Zeit für steigende Kurse gesorgt. Vor allem die nachbörslich gemeldeten guten Bilanzen von Oracle und RIM sorgten hier für gute Stimmung. Die sinkende Kauflaune der US-Bürger und Spekulationen über die Finanzkraft des irischen Bankensektors verhagelten den Anlegern jedoch die Laune.
Der Dax schloss am Tag des "Hexensabbats" 0,6 Prozent leichter bei 6209 Zählern. Das Tageshoch lag immerhin bei 6321 Punkten, was der höchste Stand seit Anfang August war und nur gut ein Prozent unter dem Jahreshoch.
Analysten begründeten den erste Rücksetzer vor allem technisch. Der Handel sei typisch für einen Verfallstag, hieß es mit Blick auf den "Hexensabbat", an dem an den Terminbörsen quartalsweise zahlreiche Derivate auslaufen. Es gibt viel Bewegung, aber keinen klaren Trend.
Der zweite Rücksetzer ging auf das Konto des von der Universität Michigan ermittelten US-Verbrauchervertrauens, das so schlecht war wie seit einem Jahr nicht mehr. "Die US-Konsumenten bleiben skeptisch", kommentierte Helaba-Analyst Ralf Umlauf. "Damit wird deutlich, dass der US-Konsum bis auf weiteres nur moderat und unterdurchschnittlich zulegen dürfte."
Irland im Fokus
Die Spekulationen um Irland taten in Sachen Negativmeldungen zur Krisenbewältigung ihr Übriges: Die Zeitung "Irish Independent" hatte unter Bezug auf eine Studie der Investmentbank Barclays Capital berichtet, die irische Regierung stehe kurz vor einem Hilfeersuchen an den Internationalen Währungsfonds (IWF). Das irische Finanzministerium wies die kursierenden Spekulationen zurück. In den vergangenen Wochen sind die Renditeaufschläge für irische Anleihen wegen der anhaltenden Sorgen über die Kosten zur Rettung der angeschlagenen Banken des Landes kontinuierlich gestiegen. Viele Anleger zweifeln, ob der irische Staat in der Lage sein wird, diese Finanzlasten zu tragen. Nach der Barclays-Studie könnten die Kosten zur Restrukturierung des irischen Bankensektors auf einen Anteil von 31 Prozent am BIP steigen.
Der MDax schloss dagegen 0,3 Prozent fester bei 8722 Punkten und damit auf dem höchsten Stand seit Anfang Juli 2008. der TecDax hielt sich ebenfalls mit 0,3 Prozent im Plus bei 774 Zählern.
Bei den Einzeltiteln kletterten Metro nach positiv aufgenommenen Nachrichten eines Wettbewerbers 3,2 Prozent nach oben. Ein Börsianer verwies auf die Nachricht, dass der französische Konkurrent Carrefour mit Milliardeninvestitionen sein Ladennetz im großen Stil modernisieren will, was dessen Aktie sichtbar antrieb.
Techwerte profitieren von US-Zahlen
Infineon legten am letzten Handelstag der Woche noch einmal ein Brikett drauf. Die Titel verteuerten sich um 2,2 Prozent. Der Chart der Halbleitertitel sei aussichtsreich und locke weitere Käufer an, sagte ein Börsianer. Hintergrund der starken Nachfrage sei wohl eine neue Sichtweise einiger Anleger nach dem Verkauf der Handychip-Sparte.
Zu den größten Gewinnern im Dax gehörten SAP: Nach starken Geschäftszahlen des US-Konkurrenten Oracle legten die Aktien knapp 1,0 Prozent zu. Der Softwarekonzern aus den USA hat im Auftaktquartal seines Geschäftsjahres nicht nur die eigenen Prognosen übertroffen, sondern auch die des Marktes. Analysten zufolge passt das in die aktuell gute Nachrichtenlage im Softwaresektor.
ThyssenKrupp verteuerten sich um knapp 2,0 Prozent. Die Aktien des Mischkonzerns profitierten laut Händlern von dem bevorstehenden Verkauf der griechischen Werftentochter HSY. Nach langem Gezerre mit der Regierung in Athen gaben beide Seiten am einen Durchbruch bekannt. Die griechische Regierung habe zugestimmt, die Werft an den arabischen Schiffbauer Abu Dhabi Mar zu verkaufen, teilte das griechische Verteidigungsministerium mit. "Es ist positiv, dass der Verlustbringer endlich verkauft werden kann", sagte ein Marktteilnehmer.
Versorger landen am Jahrestief
Als belastend für den Gesamtmarkt machten sich die starken Verluste der Versorger bemerkbar. Bei "massivsten Umsätzen" markierten sowohl RWE als auch Eon neue Jahrestiefs. "Die Anleger sorgen sich um die Dividende", hieß es im Handel. Auslöser für den erneuten Verkaufsdruck war ein Bericht der "WAZ"-Gruppe, wonach RWE derzeit für 2011 mit einer Gewinn-Minderung um etwa 1,5 Mrd Euro rechne.
Ursache dafür seien dauerhaft niedrigere Stromerlöse sowie neue Belastungen aus dem Atomkompromiss mit der Bundesregierung. Bereits vor einigen Tagen gingen Gerüchte über eine Gewinnwarnung von Eon durch den Markt. Eon gaben um 2,8 Prozent nach und RWE verloren 2,2 Prozent.
Zu den Schlusslichtern gehörten auch Deutsche Bank mit einem Abschlag von 1,8 Prozent. Händlern zufolge belastet hier die große Kapitalerhöhung weiter den Kurs. Am Sonntag hatte der deutsche Branchenprimus eine Rekord-Kapitalerhöhung um mindestens 9,8 Mrd. Euro angekündigt und damit zuvor kursierende Spekulationen bestätigt.
Im MDax standen noch einmal die Aktien von Hochtief wegen des Übernahmeangebots von ACS im Fokus. Die Titel erhöhten sich noch einmal um 2,6 Prozent. ACS hält bisher knapp 30 Prozent an Hochtief und bietet für die restlichen Anteile acht eigene Aktien für jeweils fünf Hochtief-Anteile. Das bewertet Hochtief aktuell mit 58,66 Euro. Die LBBW erhöhte in Reaktion auf die Übernahmeofferte ihr Hochtief-Kursziel von 61 auf 70 Euro und sieht kaum Rückschlagsgefahr für den Kurs. HSBC hob das Ziel von 74 auf 80 Euro je Hochtief-Aktie.
Im TecDax legten Dialog Semiconductor an der Indexspitze 5,8 Prozent zu. Börsianer begründeten dies neben guten Zahlen des BlackBerry-Herstellers RIM auch mit einer positiven Studie von Cheuvreux, in der der Schaltkreis-Hersteller auch als mögliches Übernahmeziel genannt wurde. Für das dritte Quartal rechnen die Experten mit Ergebnissen am oberen Rand der Unternehmensziele.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ/dpa