Bammel vor der Finanzkrise Dax krümelt weg
08.07.2008, 17:44 UhrDie Angst vor einer Ausweitung der Finanzkrise hat die Anleger am deutschen Aktienmarkt am Dienstag wieder eingeholt. Spekulationen über einen höheren Kapitalbedarf der beiden größten US-Hypothekenfinanzierer Freddie Mac und Fannie Mae drückten vor allem die Finanzwerte. Etwas Unterstützung bekam der Markt am Nachmittag von einem Rückgang des Ölpreises, der unter 139 Dollar je Fass (159 Liter) US-Leichtöl rutschte.
Der Dax notierte bei Handelsschluss 1,4 Prozent leichter bei 6.304 Punkten. Im Fokus stand der Beginn der US-Bilanzsaison, die am Abend vom Aluminiumkonzern Alcoa eröffnet werden soll. Investoren rechneten im Vorfeld mit einem Gewinneinbruch von fast 20 Prozent. "Die Börse interessiert sich aber vor allem für den Ausblick, das könnte entscheidend sein", erklärte ein Händler.
Nach den in den vergangenen Wochen herumgereichten Gerüchten sei es höchste Zeit, dass der Markt wieder fundamentale Daten darüber an die Hand bekomme, in welchem Umfang sich Kreditkrise und Konjunkturschwäche tatsächlich auf die Unternehmensgewinne ausgewirkt haben, hieß es. "Dabei könnte es zu teilweise deutlichen Prognosesenkungen für das Gesamtjahr kommen", so ein Marktteilnehmer weiter.
Die Ängste vor einer Ausweitung der Finanzkrise hatten am Montagabend Berichte über die beiden Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und Freddie Mac ausgel öst. Die Analysten von Lehman Brothers haben ausgerechnet, dass die beiden Unternehmen wegen einer anstehenden Änderung in der Rechnungslegung zusammen weitere 75 Mrd. US-Dollar an frischem Kapital benötigen. Beide Papiere hatten daraufhin zweistellig nachgegeben. "Die Finanztitel gehen in die Knie. Es gibt große Angst, dass die Banken wesentlich mehr Kapital benötigen und es nicht zu bekommen ist", sagte ein Händler.
Besonders hohen Abgabedruck gab es auch dann bei den deutschen Finanzwerten. Deutsche Bank fielen um 2,6 Prozent, Commerzbank gaben 1,6 Prozent ab und Hypo Real Estate büßten 3,4 Prozent ein.
Deutsche Post wurden von einem negativen Analystenkommentar belastet und gaben 3,5 Prozent ab. Händlern zufolge empfehlen die Experten der Deutschen Bank nur noch die Titel zu halten, nachdem sie zuvor noch zum Kauf empfohlen hatten. Zudem hätten sie ihr Kursziel "heftig" auf 17,50 von 26 Euro gesenkt.
Deutsche Börse brachen 7,7 Prozent ein. Die Tochter Clearstream hat im Juni 25 Prozent weniger Wertpapier-Transaktionen abgewickelt als im Vorjahresmonat. Das Clearing gilt als deutlich margenstärker als beispielsweise das Aktien-Trading selbst.
Im Blick standen auch Siemens. Der Konzern hat seine Pläne für Stellenstreichungen bekanntgeben. Obwohl die Katze nun aus dem Sack ist, gaben die Titel noch einmal 1,6 Prozent ab.
Für Infineon gab es wieder mal kein Halten. Ohne Nachricht verloren die Papiere noch einmal 4,7 Prozent. Händler verwiesen auf den High-Beta-Charakter der Aktien. "Nachdem die Übernahmefantasie geschwunden ist, vollziehen die Papiere nur noch gehebelt die Bewegung des Dax nach", sagte ein Marktteilnehmer.
Bei den Technologiewerten im TecDax gerieten Solon unter Druck. Die Titel rauschten 10,1 Prozent in die Tiefe. Händler führten dies auf eine Herabstufung durch die UBS-Analysten zurück. Zudem sei das Kursziel auf 39 von 57 Euro gesenkt worden. Es sei möglich, dass in den nächsten sechs bis zwölf Monaten eine Kapitalerhöhung anstehe.
Dagegen profitierten die Aktien des Stahlhändlers Kl öckner & Co davon, dass der Stahlhändler am Vorabend nachbörslich einen über den Prognosen liegenden Halbjahresgewinn bekanntgegeben und seine Jahresprognose angehoben hatte. Die Titel legten 2,8 Prozent zu.
Schlusslicht im SDax waren Air Berlin mit minus 8,1 Prozent. Grund ist die jüngste Entwicklung bei der geplanten Übernahme der Ferienfluggesellschaft Condor. Das Bundeskartellamt setzt Air Berlin eine letzte Frist zur Erläuterung ihrer Pläne. Bis zum 14. Juli muss die Airline jetzt detaillierte Informationen über ihr Vorhaben liefern. Hält Air Berlin diese Frist nicht ein, wird das Bundeskartellamt dem Unternehmen eine sogenannte Abmahnung senden. Dies wäre der erste Hinweis auf eine geplante Untersagung der Fusion.
Biotechunternehmen Medigene hat nach einem Todesfall eine laufende klinische Studie mit einem vielversprechenden Medikamentenkandidaten gestoppt. Anleger zeigten sich verunsichert. An der Börse brach die Medigene-Aktie um 23 Prozent ein.
Quelle: ntv.de