Nach italienischer Anleiheauktion Dax landet deutlich im Aus
28.12.2011, 17:59 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach drei Gewinntagen ist wieder Schluss mit lustig. Der deutsche Leitindex rutscht trotz einer erfreulich verlaufenen Auktion italienischer Staatsanleihen ins Minus. Der Handel bleibt dünn. Belastend wirken sich enttäuschende Konjunkturdaten aus Japan aus. Schlusslichter bilden Auto- und Finanzwerte.
Der deutsche Aktienmarkt ist am Mittwochnachmittag regelrecht aus der Kurve geflogen. Immerhin half die gut verlaufene Auktion italienischer Staatsanleihen, vorübergehend Verluste auszubügeln. In der Woche zwischen den Jahren blieb der Handel weiter ruhig und umsatzschwach.

Vom Himmel hoch ist der Kurs heruntergekommen. Das Jahreshoch vom 20.6.2011 betrug 3,876 Euro.
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Der Dax schloss schloss 2,01 Prozent tiefer bei 5771,27 Punkten. Der MDax der mittelgroßen Werte sank um 0,96 Prozent auf 8752,86 Punkte und der TecDax gab 0,57 Prozent auf 674,45 Punkte ab.
Dennoch erfreulich: Am Anleihemarkt konnte sich das hoch verschuldete Euro-Land Italien zu wesentlich geringeren Zinsen als noch vor einigen Wochen neues Kapital beschaffen. Zugleich zog die Nachfrage an, was als Signal für sinkendes Misstrauen bei den Investoren gilt.
Italien-Anleihen gut nachgefragt
Das Land hat Kurzläufer mit einem Volumen von 9 Mrd. Euro und eine zweijährige Nullkuponanleihe im Umfang von 1,7 Mrd. Euro erfolgreich platziert. Die Rendite der zehnjährigen italienischen Benchmarkanleihe ist mit 6,7 Prozent am Sekundärmarkt wieder deutlich unter 7 Prozent gefallen. Es bleibt aber spannend. Denn die wichtigere Auktion italienischer Langläufer geht erst am Donnerstag über die Bühne.
"Wenn keine schlechten Nachrichten kommen, dann wirkt das an diesen extrem handelsschwachen Tagen schon positiv", sagte Chefhändler Matthias Jasper von der WGZ Bank. Er verwies zugleich auf den kräftigen Umsatzrückgang am Aktienmarkt zwischen Weihnachten und Neujahr im Vergleich zu den Umsätzen Ende der 90-er Jahre.
Für Analyst Tobias Reichert von IG Markets könnte die Kursentwicklung bei abermals sehr dünnen Umsätzen "ein Indiz dafür sein, dass die meisten Akteure eine neue Positionierung ihrer Portfolios auf das nächste Jahr verschieben". Ein Händler verwies darauf, dass die Kredite der Europäischen Zentralbank (EZB) an die Banken der Euro-Zone in der Vorweihnachtswoche auf 879 Mrd. Euro gestiegen sind und die EZB-Bilanzsumme auf 2,73 Bill. Euro geklettert ist.
Zudem habe der Internationale Währungsfonds (IWF) noch keine Entscheidung darüber getroffen, ob und wann Hilfsprogramme für Ungarn anlaufen sollten. "Ungarn selbst ist keine große Sache", betonte der Händler. Für Banken, die dort investiert seien, ergäben sich damit aber weitere Unsicherheiten. "Beide Nachrichten zusammen könnten zu einigen Euro-Verkäufen geführt haben, die in einem dünnen Markt übertriebene Reaktionen ausgelöst haben."
Japan-Daten enttäuschen
Belastet wurden die Kurse aber auch von enttäuschenden Konjunkturdaten aus Japan aus. Die Industrieproduktion ist im November mit einem Minus von 2,6 Prozent deutlich unter den Erwartungen geblieben. "Die Daten unterstreichen einmal mehr das Bild einer sich abflauenden Weltwirtschaft", sagt ein Händler. Autowerte neigten denn auch eher zur Schwäche.
So verloren VW knapp 2,6 Prozent und BMW 3,3 Prozent. Daimler gaben 3,9 Prozent nach. Die Rabattaktionen der Autohersteller wurden laut dem Center Automotive Research der Universität Duisburg-Essen zum Jahresende hin nochmals ausgeweitet.
Auch Finanzwerte gehörten nach einer kurzen Erholungsphase nach der Italiien-Auktion zu den Schlusslichtern im Dax. Nachdem die Aktien der Commerzbank bereits tags zuvor schwächster Wert gewesen waren, gaben sie nun um weitere 4,2 Prozent nach. Die Titel der Deutschen Bank büßten 3,8 Prozent ein.
Telekom will Entertain-Angebot erweitern
Mit minus 1,2 Prozent zeigten sich die Aktien der Deutschen Telekom nach anfänglichen Gewinnen nicht mehr so freundlich. Sky Deutschland sanken um 1,7 Prozent und weitten damit ihre Vortagesverluste aus. Einem Bericht der "Financial Times Deutschland" zufolge will der Telekomkonzern sein TV-Angebot Entertain kräftig erweitern und erwägt zur Stärkung des neuen Satelliten-Fernsehens "Entertain Sat" den Erwerb der Rechte für die Übertragung der Fußball-Bundesliga. Ein Börsianer sieht in diesen Plänen eine weitere Belastung für die Anteilsscheine des Bezahlsenders Sky.
Diese hatten bereits tags zuvor rund zwei Prozent eingebüßt, nachdem das Vertragsende mit Paramount Film bekannt wurde. "Zwar sind die Pläne lediglich eine Bestätigung früherer Aussagen seitens der Telekom, aber das Satellitenangebot scheint sehr erfolgreich anzulaufen", meinte der Börsianer. "Die Sicherung der Bundesligarechte wird für Sky nicht gerade einfacher."
Thyssen dockt an die Bahn an
Der Stahlproduzent ThyssenKrupp will anscheinend mit der Deutschen Bahn wieder ins Geschäft kommen und arbeitet deshalb die Vorwürfe von Preisabsprachen beim Schienenverkauf auf. Der Ruhrkonzern habe rund ein Dutzend Mitarbeiter bei der Tochter GFT Gleistechnik entlassen und in einem weiteren Schritt habe ThyssenKrupp nun eingewilligt, Schadensersatz an die Deutsche Bahn zu leisten, berichtete das "Handelsblatt" aus Branchenkreisen. Die Aktien gaben 2,5 Prozent nach.
Ein Händler wertete das Vorhaben dennoch als "wenig überraschend". Die Aktien des Bau- und Dienstleistungsunternehmens Bilfinger Berger verloren 1,2 Prozent ebenfalls schwächer. Einem Medienbericht zufolge bekommt Bilfinger Berger im Projektgeschäft wegen der Staatsschuldenkrise eine größere Kundenzurückhaltung zu spüren.
Sie werde aber ausgeglichen durch das Wartungs- und Instandhaltungsgeschäft, sagte Vorstandschef Roland Koch und bestätigte die Jahresziele für 2011. Ein Händler kommentierte: "Das dürfte leicht negative Auswirkungen auf die Aktie haben, da das Projektgeschäft wichtiger für Bilfinger ist als das Instandhaltungsgeschäft"
Quelle: ntv.de, ddi/dpa/rts/DJ