Blick über den Atlantik Dax legt Rückwärtsgang ein
29.05.2013, 17:40 Uhr
(Foto: REUTERS)
Nach zwei starken Tagen geht es am Frankfurter Aktienmarkt bergab. Börsianern zufolge trüben Bedenken über ein langsames Ende der lockeren Geldpolitik der Notenbanken die Stimmung.
Spekulationen auf eine vorzeitige Straffung der US-Geldpolitik haben Anleger an den europäischen Börsen zu Gewinnmitnahmen verleitet. Auch der deutsche Aktienmarkt präsentierte sich schwächer und näherte sich der Marke von 8300 Punkten. Der Dax schloss 1,7 Prozent schwächer bei auf 8336 Punkten, während der MDax 1,3 Prozent auf 14.111 Zähler abgab. Der TecDax verlor 1,3 Prozent auf 966 Punkte.
"Gestern haben die Aktienmärkte vielleicht doch zu positiv auf die guten Konjunkturdaten aus den USA reagiert", sagte ein Händler. Denn ein boomender Immobilienmarkt und ein überschießendes Konsumentenvertrauen seien Wasser auf die Mühlen derjenigen Fed-Mitglieder, die sich für ein Zurückschrauben der ultralockeren Geldpolitik aussprechen. "Der Dollar hat gestern mit Kursgewinnen auf die guten Daten reagiert. Auch am Aktienmarkt scheint man nun etwas vorsichtiger geworden zu sein", sagte der Händler.
Der am Dienstag veröffentlichte Index des US-Verbrauchervertrauens war auf den höchsten Stand seit Februar 2008 gestiegen. Parallel dazu zogen die Hauspreise in den USA um knapp elf Prozent an - so stark wie seit fast sieben Jahren nicht mehr.
Auch andere Händler sahen robuste US-Konjunkturdaten als Grund für den Rücksetzer der deutschen Indizes. Damit sei die Wahrscheinlichkeit gewachsen, dass die amerikanische Notenbank Fed die Geldpolitik bald straffe, hieß es. Angesichts einer möglichen Drosselung oder gar eines Endes der Wertpapier-Käufe der US-Notenbank Fed nehme der eine oder andere Anleger sicher Gewinne mit, sagte Philippe Gijsels, Chef-Analyst von BNP Paribas Fortis Global Markets. "Dennoch: Wir gehen von einer Fortsetzung der Rally aus, da die US-Konjunktur stärker wird, die Geldpolitik locker bleibt und es kaum Alternativen zu Aktien gibt." Seit Monaten profitieren die Börsen weltweit davon, dass es angesichts der niedrigen Zinsen kaum rentable Anlagealternativen gibt.
"Kurzfristig betrachtet sind die Zahlen aus den USA ein zweischneidiges Schwert", sagte Arnaud Poutier, Frankreich-Chef des Brokerhauses IG Markets. Denn sie könnten die US-Notenbank Fed dazu bringen, weniger Geld in die Märkte zu pumpen. "Aber langfristig ziehen wir natürlich Wirtschaftswachstum und solide Fundamentaldaten den lebenserhaltenden Maßnahmen der Notenbanken vor."
Investoren halten sich zurück
Derweil rechnet die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) für 2013 mit einem stärkeren Rückgang des Bruttoinlandsprodukts im Euroraum als bisher. Dazu blieb die Kreditvergabe der Banken an Verbraucher und Unternehmen im April schwach, wie aus Zahlen der Europäischen Zentralbank hervorgeht. Auch von den schwachen Vorgaben aus Übersee kommt zur Wochenmitte keine Unterstützung.
Auf Konjunkturseite blieb es abgesehen von den Arbeitslosenzahlen aus Deutschland ruhig. Die Arbeitslosenquote in Europas größter Volkswirtschaft ging zwar im Mai zurück - saisonbereinigt legte die Arbeitslosenzahl aber stärker zu als von Volkswirten erwartet. Insgesamt bleibe die Marktstimmung von Vorsicht geprägt, sagt ein Händler. Es mehrten sich die Bedenken über ein langsames Ende der lockeren Geldpolitik der Notenbanken.
Auch Commerzbank-Devisenexperte Ulrich Leuchtmann sah in den positiven US-Daten zum Konsumentenvertrauen vom Vortag ein weiteres klares Zeichen für eine Erholung der weltgrößten Volkswirtschaft und ein Signal für eine früher oder später fällige Straffung der ultra-expansiven US-Geldpolitik. Seit Monaten profitieren die Aktienmärkte davon, dass es angesichts der niedrigen Zinsen kaum rentable Anlagealternativen gibt.
Commerzbank arbeitet sich vor
Im Dax lagen fast alle Einzelwerte mehr oder weniger stark im Minus. Die größten Verluste verzeichnen Deutsche Telekom mit einem Minus von 3,7 Prozent. Lufthansa gaben 2,9 Prozent nach.
Commerzbank gewannen nach Abschluss der milliardenschweren Kapitalerhöhung um 0,1 Prozent. Die Autotitel entwickeln sich uneinheitlich, nachdem der Branchenverband Acea erstmals seit anderthalb Jahren wieder über steigende EU-Zulassungszahlen für Nutzfahrzeuge berichtet hatte. BMW tendierten nach positiven Händleraussagen gegen den Trend nahezu unverändert. Für die Volkswagen-Vorzüge ging es um 0,3 Prozent nach unten. Im Streit um das VW-Gesetz dürfte Deutschland um die drohende millionenschwere EU-Strafe herumkommen: Der einflussreiche Gutachter am Europäischen Gerichtshof empfahl, die Klage der EU-Kommission abzuweisen. Dagegen büßten Daimler 2 Prozent ein.
Trotz eines Dividendenabschlags von 3,45 Euro gehörten Pfeiffer Vacuum mit einem Plus von 3,4 Prozent auf 82,73 Euro zu den größten Gewinnern Aktien im TecDax. Die Anteilsscheine waren am Dienstag um 18 Prozent in die Tiefe gerauscht, nachdem die Konzernleitung auf der Hauptversammlung vor schwachen Geschäften in diesem Jahr gewarnt hatte.
Quelle: ntv.de, jga/rts/DJ/dpa