7000 Punkte so nah und doch so fern Dax macht Augen
09.08.2012, 17:55 Uhr
(Foto: REUTERS)
Déjà-vu am deutschen Aktienmarkt: Wie schon am Vortag hangelt sich der Leitindex Dax nach einem verlustreichen Handel kurz vor Handelsende an den Schlussstand des Vortages. Mancher Investor wittert nun beim dritten Anlauf die Chance für den Sprung über die Marke von 7000 Punkten.
Anleger am deutschen Aktienmarkt reiben sich die Augen. Wie bereits tags zuvor hat der Frankfurter Aktienmarkt seinen Handel nahezu auf Vortagesschluss beendet, nachdem zuvor teils deutliche Kursverluste auf dem Kurszettel standen. Statt des am Morgen erhofften Sprungs über die psychologisch wichtige Marke von 7000 Punkten sackte der Dax zwischenzeitlich sogar unter die Marke von 6900 Zählern.
Der Dax beendete den Donnerstagshandel quasi unverändert mit einem Kursminus von rund 1 Punkt bei 6946,99 Punkten. Der MDax ging mit einem kleinen Plus von 0,1 Prozent aus dem Handel und schloss damit bei 11.064,24 Punkten. Für den TecDax ging es um 0,1 Prozent nach unten auf 786,37 Punkte.
Nach seinem knapp zehnprozentigen Anstieg in den vergangenen beiden Wochen stellten sich immer mehr Investoren die Frage, ob dieses Plus gerechtfertigt ist. Händler Andreas Lipkow von MWB Fairtrade kommentierte die zwischenzeitlichen Verluste als möglichen Beginn einer "längst notwendigen Konsolidierungsphase". Andere Börsianer betonten positive Aussichten für Aktien: "Wenn man eine weitere Lockerung der Geldpolitik erwartet und realistische Chancen auf ein moderates Gewinnwachstum sieht, sind Aktien nicht besonders teuer", sagte Investment-Stratege Richard Batty von Standard Life Investments. "Man sollte sich aber nicht zu weit aus dem Fenster lehnen."
Von der Konjunktur kamen uneinheitliche Signale: Dem eingetrübten Ifo-Wirtschaftsklima im Euroraum standen die überraschend gesunkenen wöchentlichen US-Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe gegenüber. Darüber hinaus hatten von der EZB regelmäßig befragte Ökonomen ihre Konjunkturprognose im Schnitt gesenkt und damit einen Fingerzeig für die offizielle EZB-Projektion im September gegeben.
Leicht stützend wirkten Nachrichten aus China. Der Inflationsdruck im Reich der Mitte scheint mit einer Jahresrate von 1,8 Prozent im Juli eingedämmt, was der dortigen Zentralbank Spielraum für eine zusätzliche geldpolitische Lockerung gibt. "Angesichts der rückläufigen Teuerung dürfte Wachstumsförderung für die Regierung vorrangig bleiben", urteilt Nomura-Volkswirt Zhang Zhiwei. Dafür spricht auch, dass die Industrieproduktion im Juli weniger stark gewachsen ist als erwartet.
Zahlen treiben Kurse
Durchwachsene Geschäftszahlen einiger Konzerne erhöhten den Druck auf die Aktienindizes. Im Dax kamen Deutsche Telekom und Commerzbank mit ihren Zwischenberichten bei den Anlegern nicht sonderlich gut an - auch wenn es bei beiden positive Signale gab, wie Börsianer betonten. So begrüßten sie bei der Telekom vor allem die stabile Dividendenrendite von derzeit rund sieben Prozent. Bemängelt wurde die mangelnde Phantasie für die Zukunft. T-Aktien rutschten um zwei Prozent auf 9,21 Euro ab.
Auch bei der Commerzbank machten Analysten Licht und Schatten aus: Die Stärkung der Kapitaldecke wurde durchweg positiv gewertet. Enttäuscht zeigten sich Börsianer aber über den zurückhaltenden Ausblick. Der Aktienkurs rauschte um 4,2 Prozent in den Keller auf 1,23 Euro.
Metro legten gegen den Trend 2 Prozent auf 23,80 Euro zu, nachdem der Konzern im Dauerstreit mit Media-Saturn-Gründer Erich Kellerhals um das Sagen bei Europas größter Elektrohandelskette einen Punktsieg errungen hatte. Die Spekulationen um eine Herausnahme von Media-Saturn aus der Metro-Bilanz seien nun beendet, schrieb DZ Bank-Analyst Herbert Sturm in einem Kommentar. Damit könnten sich Anleger wieder auf die Fundamentaldaten konzentrieren. Viel Luft nach oben habe die Metro-Aktie allerdings nicht, da eine Gewinnwarnung nicht ausgeschlossen werden könne.
Kräftig zulegen konnten dagegen Rhön-Klinikum, die sich im Nebenwerte-Index MDax um 3,9 Prozent auf 18,25 Euro verteuerten. Auslöser der Rally war eine Meldung, der zufolge ein zweites Übernahme-Angebot von Fresenius immer wahrscheinlicher wird. "Positiv ist vor allem, dass Fresenius sich zunächst mit einer Mehrheit von 50 Prozent plus einer Aktie zufriedengeben würde", sagte ein Händler. Danach wäre eine größere Mehrheit vermutlich rasch zu erwerben.
Unter den übrigen Nebenwerten gaben im MDax die Aktien von Deutz um 6,6 Prozent nach, nachdem der Maschinenbauer seine Prognose gesenkt hat. Nachdem der Motorenbauer schon im Juli die Ziele als nicht erreichbar erklärt und damit kassiert hatte, gab man nun niedrigere Prognosen ab.
SMA Solar schockte die Anleger mit den Quartalszahlen. Das zweite Quartal habe enttäuscht, stellte DZ-Bank-Analyst Sven Kürten fest. "Das Ebit ist eine klare negative Überraschung." Die Erhöhung der Mindestziele sei zu erwarten gewesen. Daher dürften sich die Anleger auf die schlechten Zahlen konzentrieren, fügte Kürten hinzu, der seine Verkaufsempfehlung ausdrücklich bekräftigte. Auch Händler äußerten sich enttäuscht. "SMA steht angesichts der Solar-Krise zwar noch gut da, weil China noch keine große Konkurrenz im Wechselrichter-Geschäft ist", sagte ein Händler. "Aber wenn die Chinesen da ebenfalls ordentlich in den Markt einsteigen, dürfte SMA auch größere Probleme bekommen." Die Aktien verloren im TecDax 7,7 Prozent.
Quelle: ntv.de, nne/rts