Über 6100 Punkten Dax macht Augen
14.06.2010, 17:40 UhrKräftige Kursgewinne bei Konjunkturaktien treiben den deutschen Aktienmarkt am ersten Handelstag der Woche ein gutes Stück nach oben. Getreu dem Motto "Keine schlechten Nachrichten sind gute Nachrichten" spielen Anleger Aufschwung und treiben den Dax deutlich über die Marke von 6100 Punkten.
Der deutsche Aktienmarkt profitiert am ersten Handelstag der Woche von einer wachsenden Risikobereitschaft unter Anlegern. Der Dax kletterte um 1,3 Prozent auf 6125 Punkte. Für den MDax ging es um 1,9 Prozent auf 8398,1 Punkte nach oben. Der TecDax kletterte 1,1 Prozent auf 772,74 Zähler.
"Die Äußerungen vom Bankertreffen in Wien haben zunächst für etwas mehr Zuversicht gesorgt", sagte Marktstratege Michael Köhler von der Landesbank Baden-Württemberg. Bei der Tagung hatten Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou und Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann optimistische Kommentare abgegeben. Auch der Euro erholte sich weiter und sprang am Mittag wieder über die Marke von 1,22 US-Dollar. Patrick Pflüger von IG Markets sah die Stimmung aber nach wie vor auf wackeligen Beinen stehen. Der Markt hoffe auf positive Signale vom EU-Gipfel am Donnerstag, sagte der Experte. Sollten diese ausbleiben, drohe beim Euro ein neuer Rückschlag.
Gestützt werden die Aktienlurse aber auch vom näher rückenden großen Verfall an den Terminbörsen. Am Freitag verfallen Index-Futures, Index-Optionen und Optionen auf die Einzelaktien. "Viele Marktteilnehmer haben sich an der Terminbörse auf eine Verschärfung der Euro-Krise positioniert und müssen nun korrigieren", so ein Händler.
Stahlaktien heiß
Salzgitter stiegen um 4,4 Prozent auf 51,34 Euro und Thyssen um 2,4 Prozent auf 21,555 Euro. Die Analysten der UBS hatten den europäischen Stahlsektor auf "Neutral" von "Untergewichten" hoch gestuft und dabei auch Salzgitter auf "Neutral" erhöht. Klöckner & Co gewannen im MDax 2,9 Prozent auf 15,55 Euro.
Siemens zogen um 4 Prozent an auf 77,35 Euro und lagen damit nur noch knapp unter dem Jahreshoch von 78,36 Euro. "Neue Jahreshochs im Schwergewicht Siemens würden die Struktur des Markts weiter verbessern", meint ein technischer Analyst. Vergangene Woche hatten bereits BMW und Daimler ihre Korrekturen mit neuen Jahreshochs beendet. Gefragt waren auch Infineon, die nach guten Branchenvorlagen um 2,6 Prozent auf 4,94 Euro stiegen. "Der Markt setzt darauf, dass er Stärke und Dauer des Nachfrage-Zyklus massiv unterschätzt hat", sagt ein Händler.
Deutsche Post kletterten um 1,4 Prozent auf 12,31 Euro. Der Konzern will einem Medienbericht zufolge eine Mrd Euro im Briefgeschäft einsparen. "Damit würde sich das Einsparvolumen vervierfachen", so ein Händler.
Neue Entwicklungen in der Spitzel-Affäre bei der Deutschen Telekom ließen die Papiere vergleichsweise ungerührt. Mit einem Kursplus von 0,8 Prozent auf 9,48 Euro legten die Aktien unterdurchschnittlich zum Gesamtmarkt zu. Der ehemalige Konzernchef Kai-Uwe Ricke und der Ex-Aufsichtsratsvorsitzende Klaus Zumwinkel bleiben unbehelligt. Die Bonner Staatsanwaltschaft sieht keine Hinweise auf einen Tatverdacht.
Allianz profitierten von Sektorbewegungen und Bewertungsfantasie innerhalb der Branche und legten um 1,7 Prozent zu auf 82,76 Euro. Hintergrund sei die Aussicht auf eine Übernahme des britischen Lebensversicherungsgeschäfts von AXA durch den Finanzinvestor Resolution. In der Vorwoche hatte Brit Insurance ein Übernahmeangebot offenbar von Apollo Management erhalten, dieses aber zurückgewiesen.
Unter Druck standen dagegen Bayer. Zwar konnten die Aktien des Pharmakonzerns Kursverluste aus dem frühen Handel wettmachen, mit einem Kursplus von 0,3 Prozent auf 47,975 Euro entwickelten sich die Aktien jedoch deutlich unter dem Schnitt des Gesamtmarktes. Grund war eine Studie mit "Nexavar" zur Anwendung bei Lungenkrebs, die den primären Endpunkt verfehlt hat. Die defensiven FMC litten mit einem Minus von 1 Prozent auf 43,63 Euro unter Gewinnmitnahmen, nachdem der Titel zuletzt auch gegen den Trend stark gestiegen war. Merck hinkten mit +0,4 Prozent ebenfalls deutlich hinterher.
Pfleiderer springt hoch
Im MDax stiegen Pfleiderer um sage und schreibe 20 Prozent auf 4,413 Euro. Händler verweisen auf Aussagen von Pfleiderer-Chef Hans Overdiek, nach denen Pfleiderer 2011 Gewinne erzielen und ab 2012 Dividenden zahlen könnte. Lanxess legten mit der Ankündigung eines Aktienrückkaufprogramms um 3,7 Prozent auf 37,06 Euro zu. Das Programm soll die Ausgabe von Belegschaftsaktien ermöglichen.
Im TecDax hoben die Papiere von Drägerwerk mit einem Plus von neun Prozent auf 53,41 Euro regelrecht ab. Der Medizintechnikkonzern hatte seine Gewinnprognose nach oben geschraubt. Für 2010 rechnet Drägerwerk nun mit einem Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich und einer Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern von 7 bis 8 Prozent. Gründe für die wachsende Zuversicht sind die gute Auftragslage und die starke Umsatzentwicklung insbesondere in den Regionen Asien-Pazifik und Amerika.
Die Titel von Primacom brachen um fast die Hälfte ein. Der Vorstand des Kabelnetzbetreibers plant, zeitnah einen Insolvenzantrag zu stellen.
Quelle: ntv.de, nne/DJ/dpa-AFX