Hexen flogen Achterbahn Dax mit wilden Sprüngen
21.06.2002, 20:20 UhrDer letzte Börsentag der Woche stand ganz im Zeichen der Hexen - nach Angaben von Händlern bestimmte der dreifache Verfallstag von Futures und Optionen am Freitag den Handel. Der Dax zeigte sich im Tagesverlauf entsprechend schwankungsanfällig. Bei dünner Nachrichtenlage aus den Unternehmen dürfte sich das Interesse vieler Anleger aber auch auf die Viertelfinalspiele der Fußball-WM gerichtet haben.
Zum Schluss lag der Dax mit 0,3 Prozent bei 4.232 Punkten im Minus. Zuvor war es bereits bis auf 4.153 Punkte nach unten gegangen, aber auch bis auf 4.312 Punkte nach oben. Dramatisch vor allem die Entwicklung bei der T-Aktie, sie fiel zeitweise über 4 Prozent unter 9 Euro, drehte zwischenzeitlich in die Gewinnzone, um dann doch wieder abzugeben.
Mit hohen Umsätzen und oft stark schwankenden Kursen reagieren die Aktienmärkte einmal im Quartal auf den großen Verfallstag an der Terminbörse Eurex. An jedem dritten Freitag im März, Juni, September und Dezember verfallen gleichzeitig die Optionen und Futures auf den Deutschen Aktienindex (um 13 Uhr) und Optionen auf einzelne Aktien (um 20 Uhr). Anleger bezeichnen diesen Tag auch als "Triple Witch " oder "dreifachen Hexensabbat".
Der Hexensabbat sei am Freitag das einzig große Thema auf dem Frankfurter Parkett, so ein Händler. Von den Unternehmen gebe es kaum Nachrichten. Spannend sei die Frage gewesen, wie sich die Umsätze gestalten würden. Zwar gebe es an Verfallstagen normalerweise hohe Umsätze, aber die Fußball-WM und das Spiel der deutschen Mannschaft könnten viele Anleger in ihren Bann ziehen. Die Umsätze lagen mit rund 300 Millionen gehandelten Dax-Werten auf Xetra denn auch eher am unteren Ende des für einen Triple Witch Üblichen.
Hintergrund für den starken Börsenhandel vor und am großen Verfallstag sind Versuche von Marktteilnehmern, den Kurs von Aktien, auf die sie Derivate haben, in die gewünschte Richtung zu bewegen. An diesem Freitag kommt hinzu, dass die Deutsche Börse am Montag die Berechnung ihrer Indizes auf Streubesitz umstellt. Dadurch verändert sich die Gewichtung bestimmter Aktien in diesen Börsenbarometern zum Teil deutlich. Fonds, die die Indizes genau nachbilden, versuchen daher, die entsprechenden Positionen anzupassen. Dies könnte manche Effekte aus dem "Hexensabbat" noch verstärken, hieß es dazu vom Parkett.
Ein Teil der jüngsten Kursverluste bei der Deutschen Telekom ist nach Ansicht von Händlern auf eben diese beiden Effekte zurückzuführen. Die Telekom gehört zu den größten Verlierern des neuen Berechnungsmodells beim Dax. Die T-Aktie fiel am Freitag zeitweise um über vier Prozent auf 8,93 Euro und lag damals erstmals in ihrer Geschichte unter der Marke von neun Euro, im Anschluss gingen die Papiere auf Erholungskurs und stiegen bis auf 9,71 Euro. Aber auch das hielt nicht, die Aktie drehte wieder auf ein Minus von 3,1 Prozent bei 9,05 Euro.
Einem Zeitungsbericht zufolge verdankt die Telekom der rot-grünen Bundesregierung, dass der Bundestag nicht auf eine Klärung der Immobilienbewertung drängt. Die Regierung habe dies im Haushaltsausschuss durchgesetzt, so der Bericht. Der Bundesrechnungshof hatte in einem Gutachten die nach wie vor zu hohe Bewertung der Telekom-Immobilien gerügt.
Unter Druck standen auch die Aktien der Deutschen Autobauer, die unter den schwachen Vorgaben aus den USA litten. An der Wall Street waren die Titel von General Motors und Ford nach einer Analystenabstufung deutlich unter Druck geraten. DaimlerChrysler verloren 1,7 Prozent auf 44,96 Euro, für BMW ging es 4,4 Prozent auf 38,18 Euro nach unten und Volkswagen verlor 3,4 Prozent auf 47,60 Euro.
Im MDax richteten sich die Blicke der Anleger auf Babcock Borsig. Einem Zeitungsbericht zufolge benötigt das Unternehmen bis kommende Woche neue Kredite in Höhe von rund 200 Millionen Euro. Andernfalls drohe dem Unternehmen die Insolvenz, hieß es weiter. Das Unternehmen selber räumte Schwierigkeiten ein. Es gebe Gespräche mit Banken und Anteilseignern über eine Restrukturierung, hieß es weiter. Der Betriebsrat teilte mit, ein Sanierungskonzept für den Konzern sehe den Abbau von 1.000 Arbeitsplätzen vor. Die Aktie brach 45 Prozent auf 1,84 Euro ein.
Quelle: ntv.de