Wall Street lastet schwer Dax mit zartem Plus
18.09.2008, 18:00 UhrEin plötzlicher Kursrutsch an den US-Börsen hat die Gewinne am deutschen Aktienmarkt kurz vor Handelsschluss bis auf ein minimales Plus vernichtet. In einem schwankungsträchtigen Geschäft hatte sich der Dax zeitweise bis auf 5.967 Zähler hochgearbeitet, rutschte dann aber im späten Handel ins Minus und schloss schließlich mit einem leichten Plus von 0,04 Prozent auf 5.863,42 Punkte. Bei 5.818 Zählern hatte der Leitindex im frühen Handel ein neues Zweijahrestief markiert. Der MDax mittelgroßer Werte verlor zu Handelsende 1,04 Prozent auf 7419,80 Zähler. Der TecDax stand 0,05 Prozent im Minus bei 712,04 Punkten. Das leichte Plus im Dax führten Börsianer vor allem auf den steilen Anstieg der Volkswagen-Aktien zurück.
Milliardenschwere Dollarspritzen der Zentralbanken hatten aber auch für Erleichterung an den Aktienmärkten gesorgt. Kurzfristig verschaffe die Aktion den Banken Handlungsspielraum, sagte Volkswirt Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus & Burkhardt, warnte aber gleichzeitig: "Die grundlegenden Zweifel über die Stabilität des Finanzsystems lassen sich so nicht lösen." Die weltweit wichtigsten Zentralbanken haben dem Geldmarkt mehr als 180 Mrd. Dollar zusätzliche Kredite zur Verfügung gestellt. Allein bei der EZB können die Banken bis zu 40 Mrd. Dollar für einen Tag aufnehmen. Mit diesem Schritt wollen die Notenbanken Engpässe am Dollar-Geldmarkt lindern, die sich in den vergangenen Tagen verschärft hatten.
Händler warnten davor, sich zur sehr auf die Erholung zu verlassen. "Wir stehen auf sehr wackeligen Beinen. Schon eine kleine belastende Nachricht aus dem Bankensektor kann das fragile Gebilde erneut zum Einstürzen bringen", so ein Händler. Im Vorfeld des großen Verfalls von Aktien- und Index-Optionen sowie den Future auf die Indizes am Freitag kann es laut Börsianern weiter zu hektischen Kursbewegungen kommen. "Der Markt ist weiterhin extrem nervös", so ein Börsianer. Viele Marktteilnehmer seien momentan nicht dabei, sondern sähen dem Treiben von der sicheren Seitenlinie zu. Nur wer muss, sei in diesen Märkten aktiv.
VW gaben weiter Gas und waren mit einem Plus von mehr als 26 Prozent auf 304 Euro mit Abstand der größte Gewinner im Dax. Im Verlauf hatte der Titel gar ein Allzeithoch bei 305,06 Euro berührt. Händlern zufolge kauften Anleger, die auf fallende Kurse gesetzt hatten, wegen der zuletzt höheren Kurse nun nach. "Da sind eine Reihe Leute auf dem falschen Fuß erwischt worden", hieß es aus Finanzkreisen. Fundamental, also mit dem operativen Geschäft, sei dieser rasante Anstieg nicht mehr erklärbar, sagte ein Börsianer.
Kräftige Gewinne waren auch bei der Deutschen Börse zu sehen, die 7,4 Prozent zulegten. "In diesen volatilen Zeiten ziehen die Umsätze auf Xetra und an der Terminbörse Eurex deutlich an", so ein Händler. Davon profitiere die Aktie momentan.
Aufregung gab es zeitweise im Finanzsektor. Gerüchte, dass die Übernahme der Dresdner Bank abgeblasen werden könnte, drückten die Allianz-Aktie in der Spitze um mehr als acht Prozent und die Commerzbank um mehr als sechs Prozent ins Minus. Nachdem die Commerzbank beteuerte, dass die Übernahme der Dresdner Bank wie geplant durchgeführt werde, drehte der Titel zeitweise wieder ins Plus, schloss aber 1,9 Prozent leichter bei 13,22 Euro. Die Allianz verharrten 5,5 Prozent im Minus bei 89,40 Euro.
Die Aktien von Arcandor erholten sich von ihren Vortagesverlusten und legten um 1,9 Prozent zu. Der Konzern hat den Abschluss von Refinanzierungsgesprächen mit einem Bankenkonsortium in Aussicht gestellt. "Arcandor waren ein wenig unter Druck, nachdem in einem Zeitungsbericht behauptet wurde, dass die Refinanzierungsgespräche ins Stocken geraten sind", sagte ein Händler. "Die gegenteiligen Äußerungen des Unternehmens haben der Aktie heute geholfen." Die Papiere haben seit Jahresbeginn 80 Prozent verloren.
Der Fall durch die 5,20er-Unterstützung in ProSiebenSat.1 sorgte für weiteren Abgabedruck in der Aktie. Der Titel brach um mehr als 10 Prozent auf 4,75 Euro ein. "Das war so ziemlich die letzte Stop-Marke vor dem Allzeittief", sagte ein Händler. Fundamental drücke weiter die Sorge über die Schuldenlast, aber auch die abschwächende Konjunktur in der Werbeindustrie. "Bei ProSieben sind sowohl Substanz als auch Zukunft unattraktiv, da gibt es keinen Grund, dagegenzuhalten."
Centrotherm schlossen erneut im Plus und zogen um 2,1 Prozent auf 36,74 Euro an. Ein Händler sprach von einer Fortsetzung der Erholungsbewegung.
Quelle: ntv.de