Fed-Hoffnungen tragen über 8200 Dax nimmt wieder Fahrt auf
17.06.2013, 18:01 Uhr
Die Erholung nach den schwachen US-Konjunkturdaten vom Freitag setzt sich fort. Sie werden als Zeichen gedeutet, dass die Fed mit ihrer Politik des billigen Geldes weitermachen muss.
(Foto: picture alliance / dpa)
Der deutsche Aktienmarkt legt sich ordentlich ins Zeug. Rückenwind kommt von positiven Vorgaben aus Asien, aber auch von der Hoffnung, dass die Fed vorerst die geldpolitischen Zügel locker halten wird. Insgesamt gibt es jede Menge kursbewegender Nachrichten. Sprichwörtlich auf der Sonnenseite stehen Solarworld.
Ein negativer Medienbericht über mysteriöse Aktienumsätze in Frankfurt ist im stetigen Nachrichtenregen mit einer stattlichen Anzahl kursbewegender Meldungen geradezu untergegangen. Statt sich die Laune verhageln zu lassen, ließen sich die Anleger lieber von dem knapp dreiprozentigen Kursgewinn der Tokioter Börse inspirieren. Mit den Kursgewinnen in Asien im Rücken griffen die Investoren auch am deutschen Aktienmarkt beherzt zu. Marktbeobachtern zufolge wirkten zudem auch noch die schwachen US-Daten vom Freitag nach. Sie werden allgemein als Zeichen gedeutet, dass die US-Notenbank mit ihrer Politik des billigen Geldes weitermachen muss. Sämtliche Sektoren notierten im Plus. Besonders die Telekommunikationswerte schossen nach Übernahmefantasien nach oben.
Der Dax schloss 1,0 Prozent höher bei 8215 Punkten. Für den MDax ging es 0,6 Prozent auf 14.048 Punkte nach oben. Der TecDax gewann 0,5 Prozent auf 952 Punkte. Auch in Europa zeigten sich die wichtigsten Börsen von ihrer freundlichen Seite: Der EuroStoxx 50 kletterte um 1,4 Prozent auf 2703 Punkte.
Die Daten von der deutschen Konjunkturfront fielen erfreulich aus: Nach den April-Daten für Industrieproduktion und Auftragseingang zu urteilen, ist die deutsche Wirtschaft gut ins zweite Quartal gestartet. Die Frühindikatoren für den Folgemonat Mai sprechen für eine Fortsetzung dieses Trends, und auch für Juni wird ein Anstieg wichtiger Stimmungsindikatoren erwartet.
Auch die Konjunkturdaten aus den USA am Nachmittag waren positiv. Der Empire State Manufacturing Index, der die Wirtschaftsaktivität im Großraum New York misst, erholte sich im Juni kräftig auf einen Stand von 7,84. Erwartet worden war lediglich ein Anstieg auf 0,0 nach minus 1,43 im Vormonat.
bestimmendes Thema im Handel war natürlich wieder die Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank am Dienstag und Mittwoch. Seit Wochen wird an den Finanzmärkten heftig darüber diskutiert, ob und wann die Fed ihre Wertpapierkäufe von derzeit 85 Mrd. Dollar monatlich drosseln wird.
Den Analysten der Credit Agricole zufolge wird Fed-Chef Ben Bernanke das Ankaufvolumen vorerst nicht verringern. Entscheidend sei jetzt, wie gut er die nächsten Schritte seines Hauses kommuniziere. Davon hänge es ab, ob die Nervosität der Anleger zu- oder abnehme.
Kurssprung bei Solarworld dank Katar-Einstieg
Bei den Unternehmen sorgten die Aktien von Solarworld für Furore. Von dem Kursfeuerwerk, das die Titel in der Spitze um 30 Prozent verteuerte, blieben am Ende noch 18,4 Prozent übrig. Einem Insider zufolge ist die angeschlagene ehemalige Vorzeigefirma der deutschen Solarbranche auf dem Weg zur Sanierung einen großen Schritt vorangekommen. Hintergrund ist ein Bericht des "WSJ Deutschland" über einen geplanten Einstieg von Katar. "Es ist ein klar positives Zeichen, wenn Katar in das angeschlagene Unternehmen investieren möchte", sagte ein Händler.
Ansonsten sorgte die Übernahmefantasie im europäischen Telekom-Sektor für Kursaufschläge: Laut der spanischen Zeitung "El Mundo" hat AT&T für die spanische Telefonica 70 Mrd. Euro geboten. Der US-Konzern will dem Bericht zufolge auch deren Schulden von 52 Mrd. Euro schultern. Der Kaufpreis entspräche einem Aufschlag von 30 Prozent auf den Telefonica-Kurs, hieß es. Telefonica erklärte zwar, kein Übernahmeangebot erhalten zu haben. Dennoch stiegen die Titel der Branche europaweit munter in die Höhe:
Die Papiere von Telefonica Deutschland, Deutscher Telekom, Telekom Austria, France Telecom, Telecom Italia und Vodafone gewannen teils kräftig an Wert. Die Papiere von Telefonica notierten mit einem Aufschlag von 2,6 Prozent hoch oben auf der Gewinnerseite im Leitindex in Madrid. Die Aktie der Deutschen Telekom gehörte mit einem Kursplus von 1,0 Prozent im Dax ebenfalls zu den größten Kursgewinnern.
France Telecom, die 3,3 Prozent zulegen konnten, profitierten unterdessen auch von der Rückendeckung für ihren Konzernchef durch Staatspräsident Francois Hollande. Der Vorstandsvorsitzende Stephane Richard werde seinen Job trotz laufender Ermittlungen gegen ihn behalten, sagte Hollande. Anleger seien froh, dass der europaweit viertgrößten Telekomgesellschaft nun kein Führungsvakuum drohe, hieß es von Börsianern. Entsprechende Befürchtungen waren aufgekommen, weil gegen Richard im Zusammenhang mit einem Rechtsstreit zwischen der französischen Regierung und dem Unternehmer Bernard Tapie ermittelt wird.
Kaum Bewegung bei Kabel Deutschland
In London legten Vodafone-Titel um 1,6 Prozent zu. Offenbar fanden Investoren Gefallen an der Idee, dass der Konzern für eine erfolgreiche Übernahme von Kabel Deutschland bereit ist, tiefer in die Tasche zu greifen. Dem Kurs des deutschen Kabelnetzbetreibers ging dagegen nach einem 2,6-prozentigen Plus am Freitag schon wieder die Luft aus, die Titel lagen 0,3 Prozent im Minus.
Am deutschen Aktienmarkt waren ansonsten - wie in Tokio - eher konjunkturunabhängige Werte gefragt. Bayer-Aktien standen mit einem Plus von 2,1 Prozent an der Spitze des Leitindex. Die Leverkusener müssen ihre Anti-Baby-Pillen Yaz und Yasmin in Kanada nicht vom Markt nehmen.
Deutsche Bank bleiben zurück
Im Fokus stand auch der Banken-Sektor: Zum einen gab es Neuigkeiten aus Griechenland, zum anderen gab es Spekulationen über die Kapitalausstattung der Deutschen Bank. Die Titel pendelten zunächst um ihrem Schlusskurs vom Freitag, schlossen ann aber 0,3 Prozent leichter. Händler verwiesen auf Aussagen des Vize-Chefs der Einlagensicherungsbehörde FDIC, Thomas Hoenig: Nach Hoenigs Ansicht ist die Deutsche Bank "schrecklich unterkapitalisiert", wenn man die Verschuldungsquote ("leverage ratio") als Maßstab nehme. Die Erklärung Hoenigs wirke abstrus, dürfte aber trotzdem kurzfristig Einfluss auf den Aktienkurs der Bank haben, hieß es von einem Börsianer. Die Deutsche Bank selbst betrachtet sich gemessen an den Basel-III-Regeln als eines der am besten kapitalisierten Institute der Welt.
Nachrichten gab es auch aus der Autobranche: Der Staatsfonds des ölreichen Emirats Katar steigt bei Porsche aus. Der Fonds einigte sich mit den Familieneigentümern der Porsche SE auf den Verkauf seines 10-Prozent-Anteils, hieß es am Morgen aus Doha. Die Beteiligung am Porsche-Mutterkonzern Volkswagen will das Emirat hingegen behalten. Der 17-prozentige Anteil bleibe bestehen, hieß es in einer Mitteilung. Damit bleibt Katar drittgrößter Eigentümer von Europas größtem Autobauer nach der Porsche-Holding und dem Land Niedersachsen. Die Porsche-Aktien gehen an die Familien Porsche und Piëch. Damit gehört das Unternehmen wieder voll den beiden Familien. Die Aktien von Porsche notierten knapp 1,0 Prozent höher.
Die Papiere von VW bewegte zudem die Tatsache, dass sie künftig noch stärker ins Visier von US-Investoren rücken könnten: Die Aktie wird in Automobilsektorindex des Börsenbetreibers Nasdaq OMX aufgenommen. VW-Aktien stiegen ebenfalls um knapp 1,0 Prozent.
Zu den Gewinnern im MDax zählten die Aktien von Hannover Rück mit einem Plus von 3,3 Prozent. Der Rückversicherer bekräftigte sein Ziel, in diesem Jahr einen Konzerngewinn von rund 800 Mio. Euro abzuliefern. Das Großschaden-Budget für das erste Halbjahr werde voraussichtlich nicht aufgebraucht. Nach einer ersten Schätzung dürfte der Nettoschaden durch das verheerende Hochwasser in Deutschland 100 Millionen Euro übersteigen, aber "deutlich unter 200 Mio. Euro bleiben", erklärte Hannover Rück.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ