Unter 4600 Punkten Dax rauscht in die Tiefe
17.11.2008, 17:35 UhrDer deutsche Aktienmarkt hat seine Talfahrt am Montagnachmittag beschleunigt. Schuld waren unter anderem die starken Abgaben bei Volkswagen-Stämmen. Auch die schwache Wall Street bot keine Unterstützung. Mangels jeglicher Impulse von Unternehmens- und Konjunkturseite habe es keine Kaufgründe gegeben, kommentierten Marktteilnehmer. Der Markt fiel schon bei geringen Volumina.
Der Dax notierte bei Handelschluss knapp über seinem Tagestief bei 4.541 Punkten. Das entspricht einem Minus von 3,2 Prozent.
Marktteilnehmern zufolge hatten die Anleger zu Börsenstart noch auf das positive Signal von den asiatischen Börsen gesetzt. Diese hatten freundlicher geschlossen. Letztlich habe sich aber auch nach dem G-20 Gipfel die Brisanz der Lage nicht verändert und die zählbaren Ergebnisse des Treffens müssten sich noch herausstellen, hieß es. Da zudem Anschlussorder fehlten, habe sich der Markt dann für den Weg ins Minus entschieden, zumal es auch in den USA erneut Kursabschläge gäbe.
Bei VW ging "das Spiel nun mal anders herum", sagte ein Händler mit Blick darauf, dass zwischenzeitlich auch mal die Vorzüge stiegen. "Offensichtlich hat auch der Shortdeckungsbedarf in den Stämmen stark nachgelassen", hieß es weiter.
Die Umsätze waren insgesamt sehr dünn. Damit konnten schon kleine Aufträge starke Ausschläge auslösen. Bis zum Mittag lag der Aktienumsatz aller 30 Dax-Werte bei rund 32 Millionen. An einem Durchschnittstag wechseln allein so viele Papiere der Deutschen Telekom den Besitzer. "Viele institutionelle Anleger haben mit dem Börsenjahr geistig bereits abgeschlossen", klagte ein Händler. "Da wird in den kommenden Wochen vielleicht noch einmal die eine oder andere Position glattgestellt. Ansonsten halten sie die Füße still."
An die Spitze der Dax-Gewinner behaupteten sich wie zum Wochenausklang die Titel des Autozulieferers Continental mit einem Plus von 2,2 Prozent. Am Freitag meldete Schaeffler, dass die Genehmigung der Continental-Übernahme innerhalb von 25 Werktagen erwartet werde. Damit müssten diejenigen Investoren ihre Leerverkaufs-Positionen schließen, die auf ein Scheitern der Übernahme gewettet hatten, zieht ein Händler eine Parallele zu den jüngsten Kurskapriolen bei VW.
Einem Zeitungsbericht zufolge spricht der Familienkonzern Schaeffler derweil mit Staatsfonds aus dem arabischen Raum, um die Last der Continental-Übernahme zu verteilen. Es gehe in erster Linie darum, größere Pakete von Conti-Aktien weiterzuverkaufen, schreibt die "Financial Times Deutschland".
Presseberichte haben bezüglich der Fehlspekulationen bei VW den Ratiopharm-Großaktionär Merckle als prominentes Opfer dieser Fehlspekulationen ausgemacht. Die Sorge, Merckle müsse Anteile an HeidelbergCement verkaufen, drückten diese Aktie um 21,9 Prozent.
Die Bilanz des Autosektors war am Ende des Tages gemischt. Daimler drehten nach satten Kursgewinnen mit 2,3 Prozent ins Minus. Einem Magazinbericht zufolge plant Daimler-Chef Dieter Zetsche eine Neuauflage des Sparprogramms Core, mit dem Daimler von 2005 bis 2007 Kosten in Höhe von 7,1 Mrd. Euro eingespart hat, unter anderem auf Kosten von 10.000 Arbeitsplätzen. Das Programm Core 2 soll den Informationen zufolge noch vor Weihnachten beschlossen werden.
BMW hielten sich mit 0,9 Prozent im Plus, nachdem die Analysten von Merrill Lynch die Aktie auf die Europe-1-List genommen haben. VW scherten komplett aus und verloren am Ende 7,4 Prozent. Auch die Vorzüge drehten nach einer Stippvisite im Plus mit knapp zehn Prozent ins Minus.
Hypo Real Estate legten eine sportliche Berg- und Talfahrt hin. Zuletzt notierten die Papiere mit 1,2 Prozent im Plus. Die Bank ist auf erneute staatliche Finanzspitzen angewiesen.
Auch Deutsche Bank ließen Federn und verloren 2,7 Prozent. Vorstandschef Josef Ackermann hat in einem Interview die Inanspruchnahme staatlicher Hilfen nicht mehr kategorisch ausgeschlossen, um Wettbewerbsnachteile zu verhindern. Man bräuchte zwar kein Geld vom Staat. "Aber wir wollen auch nicht diese Wettbewerbsverzerrungen", so Ackermann.
Infineon gaben ihre Anfangsgewinne ab und drehten mit 3,2 Prozent ins Minus. Nach einem Bericht der "WirtschaftsWoche" (WiWo) hat der US-Chiphersteller Micron Technology mit dem deutschen Chiphersteller offenbar eine Übernahmeoption für die defizitäre Infineon-Tochter Qimonda ausgehandelt. Nach Informationen der "WiWo" ist die Option Teil der Vereinbarung, die Micron und Qimonda Mitte Oktober getroffen haben. Micron hatte für 400 Mio. Dollar in bar die 35,6-Prozent-Beteiligung übernommen, die Qimonda am taiwanischen Chipunternehmen Inotera Memories besaß. Händler tun sich scher, die Nachricht einzustufen. "Der positive Impuls für Infineon dürfte begrenzt sein, da die Option Micron mehr Zeit geben dürfte, und Zeit arbeitet derzeit angesichts der Branchenkrise für Micron", erklärte ein Börsianer.
Deutsche Post World Net verloren 3,9 Prozent. Laut "Financial Times Deutschland" (FTD) will Vorstandschef Frank Appel verhindern, dass künftig sämtliche Aktien des Unternehmens frei an der Börse gehandelt werden. "Ein Free Float von 100 Prozent ist weder für den Konzern noch für die Mitarbeiter gut", sagte Appel der "FTD". Der Manager räumte ein, dass nach der Abspaltung der Postbank die Gefahr einer feindlichen Übernahme des Postkonzerns gestiegen sei. Laut einer ersten Händlereinschätzung könnte der Beitrag dem Kurs etwas Rückendeckung geben. "Es sieht so aus als versuchte Appel den angeschlagenen Kurs mit ein paar Spekulationen nach oben zu hieven", sagte der Börsianer.
Repower Systems präsentierten sich 3,6 Prozent fester. Börsianer begründeten die Kursgewinne mit Medienberichten, denen zufolge der indische Mehrheitsaktionär Suzlon bis Mai den Anteil der portugiesischen Martifier übernehmen will. Einem Händler zufolge könnte dies Spekulationen wieder aufwärmen, wonach Suzlon Repower von der Börse nehmen könnte.
Quelle: ntv.de