Marktberichte

Zuckerbrot und Peitsche Dax reduzierte Minus

Nach den "Hiobs-Vorgaben" aus den USA von Montag ging es mit dem Dax zunächst mächtig in den Keller. Nach den neuesten Daten zur Produktivität aus Übersee konnte der Dax aber einen großen Teil seiner Verluste wieder abbauen. Noch wagt aber niemand, von einer Kehrtwende zu sprechen. Der Dax verlor 0,2 Prozent und schloss bei 4.872 Zählern.

Nach vorläufigen Berechnungen des Arbeitsministeriums in Washington ist die Produktivität in den USA außerhalb der Landwirtschaft im ersten Quartal 2002 gegenüber dem Vorquartal um 8,6 Prozent (hochgerechnet auf die Jahresrate) gestiegen. Dies wäre der stärkste Anstieg seit 1983. Analysten hatten im Vorfeld mit einem Anstieg um lediglich 6,9 Prozent gerechnet.

Bei den Lohnstückkosten außerhalb der Landwirtschaft wurde nach Angaben des Arbeitsministeriums im ersten Quartal ein Rückgang um 5,4 Prozent verzeichnet; rechnet man die Landwirtschaft mit ein, dann ergibt sich sogar ein Minus von 6,5 Prozent. Dies wäre der stärkste Rückgang seit 1961.

Die Freude über diese Rekordzahlen weicht allerdings rasch einer nüchternen Betrachtung. Denn die Produktivität hängt im wesentlichen von den Lohnstückkosten ab, die wiederum maßgeblich durch den Grad der Beschäftigung bestimmt werden. Dieser ist derzeit aber niedrig oder anders ausgedrückt: die Arbeitslosigkeit in den USA ist so hoch wie seit fast acht Jahren nicht mehr. Und wenn die Unternehmen wenig Menschen beschäftigen, sind ihre Lohnkosten niedrig, die Produktivität demzufolge hoch.

Weitere Konjunkturdaten vom Handelsministerium wurden von den Börsianern mit Enttäuschung aufgenommen. Die Lagerbestände im Großhandelsgewerbe sind im März unverändert geblieben; Volkswirte hatten dagegen einen Rückgang um 0,3 Prozent vorhergesagt. Die Umsätze der Branche gingen leicht um 0,1 Prozent zurück

Anlass zu einem Hoffnungsschimmer gibt der deutsche Arbeitsmarkt. Die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland Ost und West ist im April gegenüber dem Vormonat unbereinigt von 4,16 auf 4,02 Millionen bzw. von zehn auf 9,7 Prozent zurückgegangen. Und der neue Chef der Bundesanstalt für Arbeit, Gerster, ist optimistisch. Für die zweite Hälfte des Jahres 2002 erwartet er eine spürbare Verbesserung auf dem Arbeitsmarkt. Diese stelle sich mit einer Verzögerung von bis zu zwei Quartalen nach einer Konjunkturbelebung ein, so Gerster. Sollte Gerster Recht haben, dann müsste es mit der Konjunktur spätestens im laufenden Quartal aufwärts gehen.

Daran glaubt an der Börse im Moment aber noch niemand so recht. Widersprüchliche Konjunkturdaten und pessimistische Unternehmensprognosen sind nicht gerade der Stoff, aus dem Kursgewinne entstehen. Und dann das Risiko Dollar. Die amerikanische Währung zeigt seit geraumer Zeit Schwäche gegenüber dem Euro und dem Yen, über die Ursachen gibt es aber unterschiedliche Ansichten.

Ein Teil der Analysten sieht allenfalls spekulative Gründe für eine Stärke von Euro und Yen. Sowohl die Rahmenbedingungen der Wirtschaft in Euroland als auch in Japan würden keinen Höhenflug der Währungen rechtfertigen; am ehesten habe der US-Dollar Grund für einen Höhenflug. "Die wirtschaftliche Erholung kommt nicht aus Europa und schon gar nicht aus Japan, sondern sie wird von den USA ausgehen", so ein Analyst.

Dort wiederum wachsen die Zweifel an einer raschen konjunkturellen Erholung zunehmend. Und das veranlasst offenbar auch mehr und mehr Anleger, ihr Geld aus amerikanischen Aktien zurückzuziehen. Das wiederum setzt den Dollar unter Druck. Zusätzliches Abwärtspotenzial für den "Greenback" sehen Experten aber auch im wachsenden Zahlungsbilanzdefizit der USA. "Hier bauen sich Ungleichgewichte auf, die auf Dauer nicht zu halten sind", sagte ein Händler.

BMW hat in den ersten drei Monaten des Jahres 2002 konzernweit einen Umsatz von 10,8 Milliarden Euro erzielt und einen operativen Vorsteuergewinn von gut einer Milliarden Euro erwirtschaftet. Das teilte der bayerische Autobauer am Dienstag Morgen in München mit. Insgesamt zeigte sich BMW mit den Zahlen zufrieden: Trotz Autoflaute habe man den Umsatz um 14 Prozent und den betrieblichen Gewinn um 5,9 Prozent (bereinigt um Sondereffekte) steigern können. Der Konzernüberschuss lag den Angaben zufolge bei 632 Millionen Euro und damit etwa 3,8 Prozent höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Die BMW-Aktie konnte nach den Zahlen 0,7 Prozent zulegen auf 44,85 Euro.

Die Gerüchte um eine Übernahme des dänischen Softwareanbieters Navision durch Microsoft haben sich am Dienstag bestätigt. Wie die Nachrichtenagentur Reuters meldet, sollen bereits 60 Prozent des stimmberechtigten Kapitals von Navision der Übernahme zugestimmt haben. Microsoft will pro Navision-Aktie 300 Dänische Kronen zahlen und der Vorstand von Navision habe den Aktionären bereits empfohlen, das Angebot zu akzeptieren, so Reuters weiter.

Microsoft will mit Navision die Geschäftssparte mit betrieblicher Software stärken. "Das geht klar gegen SAP", kommentierte ein Beobachter die Übernahme-Absichten bereits Ende vergangener Woche. SAP dagegen zeigt sich gelassen. Vorstandssprecher Hasso Plattner dämpfte Befürchtungen einer härteren Konkurrenz für SAP: "Wir nehmen das sehr ernst, ohne vor dem Riesen Microsoft Angst zu haben", sagte Plattner auf der SAP-Hauptversammlung am vergangenen Freitag in Mannheim. Die beruhigenden Worte von Plattner verfehlen allerdings ihre Wirkung bei den Anlegern - die Aktie von SAP verlor 4,1 Prozent und notiert bei 127,49 Euro. SAP zählt damit zu den größten Verlierern im Dax.

Kräftige Verluste musste auch die Aktie der Deutschen Bank hinnehmen. Das Papier verlor 1,9 Prozent auf 74,55 Euro. Die Äußerungen von Noch-Vorstandssprecher Rolf Breuer über die Kreditwürdigkeit der Kirch-Gruppe und das mögliche juristische Nachspiel könnten Breuer und die Deutsche Bank in Bedrängnis bringen.

Die Musik spielte am Dienstag vor allem in der zweiten Reihe. Größter Verlierer im Mdax war der Finanzdienstleister Gold Zack. Der ist Großaktionär bei der Gontard & Metallbank, die am Dienstag für den Kundenverkehr geschlossen wurde. Grund: wegen außerordentlicher Wertberichtigungen erfüllt das Frankfurter Traditionshaus nicht mehr die Anforderungen an die Eigenkapitalquote. Das könnte auch zu einem zusätzlichen Wertberichtigungsbedarf bei der Mutter führen. Die Gold-Zack-Aktie brach um 38 Prozent auf 48 Cent ein.

Erneut kräftig unter Druck stand der Luftschiffbauer Cargolifter. Nach dem missglückten Versuch, über eine Wandelanleihe frisches Kapital zu besorgen, hatte sich Cargolifter an die Politik gewandt. Bereits am Montag äußerte sich der brandenburgische Wirtschaftsminister skeptisch zu schnellen Staatshilfen. So lange die langfristige Finanzierung nicht stehe, sei auch nicht an kurzfristige Überbrückungen zu denken. Am Dienstag wandte sich Cargolifter-Finanzchef Karl Bangert an die Öffentlichkeit. "Wir brauchen kurzfristig ein politisches Signal, weil sonst die Liquiditätsdecke zu dünn wird." Kurzfristig sei dabei eher eine Sache von Tagen als von Wochen. Die Anleger hörten die Alarmglocken und stiegen aus der Aktie aus: Zum Handelsschluss wurden noch 2,71 Euro bezahlt, ein Minus von 11,4 Prozent.

Von der schwachen Konjunktur waren die Quartalszahlen bei Heidelberger Zement und Krones gezeichnet. Beide Unternehmen äußerten sich zudem verhalten zur weiteren Geschäftsentwicklung. Heidelberger Zement verloren 3,8 Prozent auf 53,75 Euro, für Krones ging es 4,9 Prozent nach unten auf 61,99 Euro.

Quelle: ntv.de

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