Trotz Banken-Desaster Dax rettet Tagesplus
16.01.2009, 18:00 UhrGestützt auf positive Impulse von den US-Börsen und eine technische Erholung ist der deutsche Aktienmarkt am Freitag zum ersten Mal in acht Tagen mit einem Plus aus dem Handel gegangen. Im späten Handel verlor der Leitindex Dax aber an Dynamik und schloss um 0,68 Prozent gefestigt bei 4.366,28 Punkten. Auf Wochensicht ergab sich dennoch ein Verlust von 10,53 Prozent. Der MDax mittelgroßer Werte gewann 0,21 Prozent auf 5.079,16 Zähler. Der TecDax stieg um 2,38 Prozent auf 471,20 Punkte.
Am Donnerstag hatte der Dax den siebten Tag in Folge mit Verlusten geschlossen, am 6. Januar war er noch bei mehr als 5.000 Punkten aus dem Handel gegangen. Händler verwiesen angesichts der aktuellen Erholung auf eine technische Gegenreaktion. "Das, was wir heute sehen, ist eine rein technische Erholung nach den deutlichen Verlusten in den vergangenen Tagen", erklärte Florian Weber, Handelsvorstand der Schnigge Wertpapierhandelsbank. Der Markt habe bereits im Tagesverlauf wieder an Kraft verloren, so der Experte. "In den kommenden Wochen wird der Markt voraussichtlich die 4.000er-Marke testen." Am Nachmittag gab es noch Daten zum Konsumklima der Universität Michigan. Die Stimmung hat sich im Januar laut Kreisen überraschend aufgehellt.
Nach den mit Spannung erwarteten Bilanzvorlagen der Citigroup und der Bank of America (BofA) konnten zum US-Handelsbeginn lediglich die Papiere der Citigroup zulegen. Zum Handelsschluss in Deutschland sackten die Papiere dann jedoch auch ins Minus. Die deutschen Finanztitel gingen derweil erneut auf Tauchstation. Der Chef der größten deutschen Landesbank LBBW, Siegfried Jaschinski, schließt den Griff nach dem Rettungsschirm der Bundesregierung nicht mehr aus. "Wir brauchen eine Eigenkapitalerhöhung um fünf Milliarden Euro, um gemeinsam mit unseren Kunden diese Krise durchstehen zu können", sagte Jaschinski. Sollten die Eigner der angeschlagenen Landesbank Baden-Württemberg diese Finanzhilfe nicht aufbringen, müsse die Bank wegen fehlenden Eigenkapitals Kreditlinien kürzen.
Die Aktien des Einzelhandelskonzerns Metro gewannen nach Vorlage von Bilanzen der Wettbewerber Ahold und Carrefour 0,80 Prozent auf 25,16 Euro. Der niederländische Einzelhändler setzte im vierten Quartal wegen der Zuwächse in den USA mehr um als im Vorjahr und entsprach damit in etwa den Analystenerwartungen. Der französische Einzelhändler bekräftigte am Vorabend das Ziel, 2008 einen operativen Cash-Flow von 1,5 Milliarden Euro zu erreichen.
SAP gewannen 3,40 Prozent auf 26,915 Euro. Der Softwarekonzern lud zur Vorlage vorläufiger Zahlen für den 28. Januar ein. Händlern zufolge dämpft diese Einladung jüngst aufgeflammte Gerüchte um eine mögliche, vorgezogene Gewinnwarnung. "Wenn eine offizielle Einladung erfolgt, sollte außerplanmäßig nichts mehr kommen", sagte ein Börsianer.
Lufthansa legten um 3,04 Prozent auf 10,68 Euro zu. Händler verwiesen auf Medienberichte, denen zufolge die Fluggesellschaft ihre Prognose für die Spritkosten 2009 gesenkt hat. "Im Oktober war Lufthansa von 5,6 Milliarden Euro ausgegangen, jetzt sollen noch 3,7 Milliarden Euro anfallen", sagte ein Börsianer.
Aktien von Merck büßten 3,36 Prozent auf 63,55 Euro ein. Händler verwiesen als Belastung auf Aussagen des südkoreanischen LCD-Herstellers LG Display. Dieser hatte im vierten Quartal aufgrund der Nachfrageschwäche einen Rekordverlust verbucht und ein düsteres Zukunftsbild gezeichnet. Es sei mit weiter sinkenden Preisen zu rechnen. Im ersten Halbjahr 2009 seien weitere Verluste zu erwarten, so LG. "Das ist für die Stimmung der Merck-Aktie mit Blick auf deren Flüssigkristallsparte nicht gut", kommentierte ein Börsianer.
Die Titel vom Chiphersteller Infineon brachen im späten Handel ein und gingen mit einem Abschlag von 16,07 Prozent bei 0,705 Euro aus dem Handel, nachdem sie zuvor noch zu den größten Gewinnern im Leitindex gehört hatten. Ein Händler erklärte dazu nur kurz und knapp, der Konzern sei in einem desolaten Zustand.
Im MDax sackten TUI mit minus 9,70 Prozent auf 6,52 Euro auf ein Rekordtief und ans Index-Ende. Spekulationen über Probleme beim Verkauf der TUI-Reederei Hapag-Lloyd an ein Hamburger Konsortium haben die Aktie des Konzerns am Freitag auf Talfahrt geschickt. Das Hamburger Bieterkonsortium "Albert Ballin", das die Reederei übernehmen will, ließ die Gerüchte über ein mögliches Scheitern des Geschäfts zwar umgehend dementieren. Insidern zufolge wackelt allerdings die Finanzierung der 29 Containerschiffe, die Hapag-Lloyd dem Mutterkonzern TUI abgekauft hat.
An die Spitze des MDax stiegen nach einem Pressebericht mit plus 9,45 Prozent auf 31,50 Euro HeidelbergCement . Händler verwiesen auf einen Artikel des "Wall Street Journal", demzufolge einige Beteiligungsgesellschaften an einem Anteil an dem deutschen Baustoffhersteller interessiert sind. "Das sollte die Spekulationen der vergangenen Tage um mögliche Interessenten weiter anheizen", sagte ein Händler.
Aktien von Wacker Chemie gehörten unterdessen zu den größten Verlierern im Mittelwertesegment und verloren 4,89 Prozent auf 64,21 Euro. Händlern zufolge gibt es aus fundamentaler Sicht nichts Neues, der Chart sehe aber eher schlecht aus. "Die Aktie hängt seit Monaten fest und pendelt in einer Bandbreite um das alte Tief bei rund 74 Euro von Mitte 2006. Der Markt kann sich schlicht nicht für eine klare Richtung entscheiden", sagte ein Händler. Auffallend sei allerdings, dass die Titel bereits am Vortag geschwächelt hätten. "Vielleicht wird hier eine größere Position abgebaut", spekulierte ein weiterer Börsianer.
Im TecDax kletterten Freenet um 3,21 Prozent auf 4,50 Euro. Händler verwiesen auf Gerüchte am Markt, denen zufolge der Telefondienstleister einen Käufer für seine DSL-Sparte zu einem Preis von 525 Millionen Euro gefunden habe. "Ich halte dieses Gerücht allerdings nicht für sonderlich glaubwürdig - erst ist der Kurs gestiegen und dann kam die Spekulation. Das klingt sehr nachgereicht", sagte ein Börsianer.
Quelle: ntv.de