Schreck lässt nach Dax schafft's ins Plus
27.04.2009, 17:44 UhrNach einer gefestigten Wall Street hat der deutsche Aktienmarkt am Montag ebenfalls Stärke bewiesen: in der letzten Handelsstunde drehte das deutsche Börsenbarometer von tiefrot ins Plus. Selbst der Widerstand bei 4.700 Punkten wurde zwischenzeitlich geknackt. Die Furcht vor einer rasanten Ausbreitung der Schweinegrippe hatte die Aktienmärkte den ganzen Tag europaweit fest im Griff gehabt. Eine Pandemie könnte die erhoffte wirtschaftliche Erholung bremsen oder verzögern, hieß es. Vor allem Tourismuswerte wurden abgestoßen, während Pharmatitel gefragt waren.
Nachdem der Dax wegen der Furcht vor einer weiteren Ausbreitung der Schweinegrippe zunächst um bis zu 2,2 Prozent abgerutscht war, beendete er den Xetra-Handel doch noch 0,4 Prozent im Plus bei 4.694,07 Punkten. Damit schloss er an seine positive Entwicklung der vergangenen Wochen an.
Am Freitag war der deutsche Leitindex mit 4.674 Zählern ins Wochenende gegangen. Damit hatte er in den vergangenen Börsentagen lediglich 0,1 Prozent verloren. Seit seinem Jahrestief Anfang März bei 3589 Punkten machte der Leitindex bereits wieder 1000 Punkte oder rund 25 Prozent wett.
Neben möglichen Neuigkeiten zu den US-Banken steht diese neue Woche ganz im Zeichen der Bilanzsaison, die in Deutschland in die heiße Phase geht. Fast die Hälfte der Dax-Unternehmen legt von Montag bis Donnerstag Zahlen vor. Sollten die Zahlen der Deutschen Bank am Dienstag gut ausfallen, sei sogar ein steiler Anlauf in Richtung 4.900 Punkten wahrscheinlich. Wegen des Maifeiertages am Freitag endet die neue Börsenwoche allerdings schon am Donnerstag.
Albtraum SARS
Als "Horror-Szenario" für die Schweinegrippe wurde am Markt die SARS-Epidemie herangezogen. Die Lungenerkrankung hatte sich vor ein paar Jahren von Asien aus ausgebreitet und mehrere hundert Todesopfer gekostet . Dennoch erinnern sich viele Anleger nur zu gut daran, wie stark im Jahr 2003 der Ausbruch der Lungenseuche SARS gerade die asiatische Wirtschaft in Mitleidenschaft gezogen hat.
Die EU-Kommission hat eine Krisensitzung zur Schweinegrippe einberufen, an der in Mexiko bereits mehr als 100 Menschen gestorben sind. In den USA und in Kanada wurden erste Krankheitsfälle gemeldet, auch in Europa ist bereits ein Fall bekannt.
Die Nervosität der Investoren ließ den europäischen Index für die Tourismusbranche um gut vier Prozent fallen. Lufthansa gaben nach Herausrechnung eines Dividendenabschlags 9,4 Prozent nach. Für die Papiere von Air Berlin ging es 4,0 Prozent nach unten. Auch die größten Reisekonzerne wie TUI und Thomas Cook gerieten in den Abwärtssog. TUI verloren 2,9 Prozent.
Die Aktien aus dem Pharmasektor, und hier vor allem die Aktien von Herstellern von Grippeschutzimpfungen, profitierten von der Angst vor der Schweinegrippe. So waren europaweit die Aktien des Schweizerischen Pharmakonzerns Roche gefragt. Die Titel von GlaxoSmithKline gewannen in London ebenfalls. Beide Firmen verfügen über Medikamente, die zur Behandlung von saisonaler Grippe empfohlen werden.
Merck-Aktien notierten nach Vorlage von Quartalszahlen 2,1 Prozent höher. "Besonders positiv sind die Aussagen zu werten, dass das Unternehmen bei Flüssigkristallen die Talsohle erreicht hat", sagte ein Händler. Bayer gaben 0,1 Prozent nach, wobei der Abbruch einer Studie zu Hautkrebs mit dem Medikament "Nexavar" etwas belastet.
Albtraum Banken
Zu den größten Verlierern zählten nach dem Anstieg der vergangenen Wochen die Finanzwerte und die zyklischen Werte. Commerzbank arbeiteten sich nach einem Tagestief von 4,67 Euro auf 5,04 Euro vor, was noch einem Minus von 0,7 Prozent entsprach. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte geschrieben, dass die Finanzaufsichtsbehörde BaFin noch Risiken über 816 Mrd. Euro bei deutschen Banken schlummern sieht. Die höchsten Risiken lägen bei HSH Nordbank, Commerzbank und Hypo Real Estate.
Deutsche Börse retteten sich mit 0,5 Prozent ins Plus, Salzgitter verloren dagegen 3,3 Prozent und ThyssenKrupp 2,9 Prozent.
Allianz fielen 2,9 Prozent. Die "FAZ" schreibt, der Konzern habe den Verlust der Dresdner Bank im vierten Quartal nicht oder nur teilweise bilanziert. Statt die 3,9 Mrd. Euro in die Gewinn- und Verlustrechnung einzuarbeiten, habe die Allianz eine Zeitwertabschreibung von 2,7 Mrd. Euro vorgenommen.
Im Automobilsektor wurden Porsche leicht gestützt von Spekulationen um einen Einstieg Katars. "Das könnte mögliche Kapitalprobleme bei Porsche lindern und den Ausbau der VW-Beteiligung erleichtern", so ein Händler. Der "Focus" schreibe, der Emir von Katar sei an einem Einstieg bei dem Sportwagen-Konzern interessiert. Porsche notierten daraufhin 1,2 Prozent höher. Selbst Volkswagen drehten mit 2,9 Prozent ins Plus.
Im MDax fielen die Aktien von Kuka 2,2 Prozent. Die Autoflaute hat dem Roboterhersteller zu Jahresbeginn das Geschäft verdorben. Zudem enttäuscht Kuka mit seinem Gewinnausblick auf 2009.
Kontron b üßten im TecDax knapp 3,6 Prozent ein. Der Umsatz des Minicomputer-Herstellers stagnierte im ersten Quartal und wegen der Produktionsverlagerung nach Asien verbuchte Kontron einen Gewinnrückgang. Damit lag Kontron etwas unter den Gewinnprognosen.
Quelle: ntv.de