Spanien im Fokus Dax schießt nur knapp vorbei
08.06.2012, 17:38 Uhr
Schluss mit lustig nach einer bewegten Börsenwoche.
(Foto: REUTERS)
Die deutschen Standardwerte dämmen ihre Verluste deutlich ein, für den Sprung in den grünen Bereich reicht es allerdings nicht mehr. Die Anleger tappen weiter im Dunklen, wie sie die Lage in Spanien bewerten sollen. Wird Madrid nun bald einen Hilfsantrag für den angeschlagenen Bankensektor stellen oder nicht?
Die anhaltenden Sorgen um die Weltkonjunktur haben die Anleger an den europäischen Aktienmärkte auch zum Wochenschluss in Atem gehalten. Dass Spanien voraussichtlich noch am Wochenende einen Hilfsantrag für seinen angeschlagenen Bankensektor stellen wird, konnte die Investoren da nur etwas beruhigen.
Der Dax beendete den Handel 0,2 Prozent im Minus bei 6130,82 Zählern. Auf Wochensicht verbucht der deutsche Leitindex damit ein Plus von 1,3 Prozent. Der MDax verlor ein Prozent auf 10.123,12 Punkte, der TecDax 0,5 Prozent auf 745,09 Stellen und der SDax 0,2 Prozent auf 4768,81 Punkte.
Der EuroStoxx50 schloss nahezu unverändert bei 2143 Punkten.
Das Problem der vergangenen beiden Handelstage war, dass Anleger "gleich ein ganzes Bündel an Enttäuschungen zu verkraften" hatten, wie es ein Händler ausdrückte. Unter anderem wirkten auch die enttäuschenden Aussagen von Fed-Chef Bernanke nach.
Insidern zufolge will die spanische Regierung am Wochenende Finanzhilfen aus dem europäischen Rettungsfonds EFSF für die angeschlagenen Banken des Landes beantragen. "Spanien ist wohl klargeworden, dass die Zeit drängt und das Problem dringend gelöst werden muss", sagte ein weiterer Marktteilnehmer. Die Regierung hat sich allerdings bisher offiziell noch nicht dazu durchgerungen, diesen einschneidenden Schritt zu gehen. Berichte, wonach Madrid bereits entschieden habe, unmittelbar Hilfe aus dem Euro-Rettungsschirm für seine kriselnden Banken zu beantragen, wurden dementiert.
Spanien-Abstufung und Spielverderber Bernanke
Schwer wog dagegen eine Herabstufung der Bonität Spaniens durch Fitch. Die Ratingagentur senkte die Note für die Kreditwürdigkeit Spaniens gleich um drei Stufen. Fitch hat den Schritt unter anderem mit einem Rekapitalisierungebedarf der Banken von 60 bis 100 Mrd. Euro begründet. In den vergangenen Tagen kursierten Schätzungen zwischen 40 und 100 Mrd. Euro.
Eine nachhaltige Enttäuschung für die Finanzmärkte war auch der Auftritt von US-Notenbankchef Ben Bernanke am Vortag im Kongress, der klargemacht hat, dass sich die Fed trotz der schleppenden Wirtschaftserholung in den USA zunächst nicht auf weitere Konjunkturspritzen festlegen lassen will. Auch das hallte nach. Roger Peeters, Vorstand von Close Brothers Seydler Research, bezeichnete Bernanke als "Spielverderber". Seine pessimistischen Worte hätten keine neuen Einsichten in die weitere Geldpolitik der Amerikaner gegeben.
China heute in anderem Licht
Für einen Dämpfer sorgte im nachhinein sogar noch die Leitzinssenkung in China, die am Vortag noch ganz anders aufgefasst wurde. "Hatte die Ankündigung am Donnerstag noch für Begeisterung gesorgt, macht sie die Investoren heute nervös. Denn den meisten ist klargeworden, dass die Konjunktur dort offenbar wirklich schwächelt, wenn die Chinesen so überraschend die Zinsen senken", sagte ein Börsianer.
Gegenüber den vergangenen Handelstagen war bei den Einzeltiteln aufgrund der wieder nachgebenden Märkte ein Favoritenwechsel zu verzeichnen, so dass die Finanzwerte zu den größten Verlierern gehörten. Commerzbank und Deutsche Bank gaben 3,1 beziehungsweise 0,5 Prozent nach.
Papiere der Allianz notierten 0,3 Prozent schwächer. Der Versicherungskonzern übernimmt die Schaden- und Unfallversicherungssparte des Maklers Gan Eurocourtage, einer Tochter des genossenschaftlichen Versicherers Groupama. Insidern zufolge liegt der Preis bei 100 Millionen Euro. DZ-Bank-Analyst Thorsten Wenzel bezeichnete die jüngste Übernahme im derzeitigen Umfeld als strategisch sinnvoll. Die Münchener täten gut daran, sich bei Akquisitionen auf das Schaden- und Unfallgeschäft von Versicherern aus Kerneuropa zu beschränken.
Die europäischen Titel der Stahlhersteller schließen sich nahtlos den überwiegend sehr schwachen Vorgaben aus Asien an. ThyssenKrupp und ArcelorMittal tendieren sehr schwach. ThyssenKrupp notierten notierten 3,8 Prozent leichter.
"Es ist sicher auch die Enttäuschung über Bernanke, die Konjunkturzykliker heute weltweit belastet", sagt ein Händler. Im Dax zeigten mit Heidelcement (-1,4%), Infineon (-1,4%), Lufthansa (-0,2%), MAN (-2,6%) weitere ausgewiesene Zykliker Kursschwäche.
Im MDax legten Celesio um 5,5 Prozent zu. Das Unternehmen sortiert im Zuge des Konzernumbaus die Führungsstrukturen neu, wie Insider berichteten.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/dpa/DJ