Überraschung in Fernost China senkt Leitzins
07.06.2012, 15:44 Uhr
Noch knapp 8 Prozent Wirtschaftswachstum sagen Ökonomen für China in diesem Jahr voraus.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das chinesische Wirtschaftswachstum verliert zunehmend an Dynamik. Für das Gesamtjahr sagen Ökonomen ein BIP-Plus von 8,2 Prozent voraus. Das wäre der schwächste Anstieg seit 1999. China steuert gegen: Die Notenbank greift zu zinspolitischen Mitteln.
Wehret den Anfängen: Im Kampf gegen eine drohende Konjunkturflaute hat Chinas Notenbank überraschend den Leitzins gesenkt. Er wurde um einen Viertelprozentpunkt auf 6,31 Prozent gekappt. Auch der Einlagezins, zu dem Finanzinstitute Geld bei der Zentralbank parken können, wurde im selben Umfang auf 3,25 Prozent gesenkt. Die Aktienmärkte reagierten weltweit erleichtert auf den Konjunkturimpuls der Notenbank der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Der Euro stieg auf ein Tageshoch von 1,26 Dollar.
"Die Zinssenkung ist ein probates Mittel, um die Konjunktur wieder anzuschieben. Die chinesische Wirtschaft wird nach einem schwachen Sommer wieder schneller wachsen", sagte Ökonom Christian Schulz von der Berenberg Bank. Weitere Schwellenländer könnten mit Zinssenkungen nachziehen. Auch Analyst Keith Bowman von Hargreaves Lansdown findet es gut, dass China als leuchtendes Beispiel vorangeht: "Das ist zwar keine massive Senkung, aber sie hilft und signalisiert, dass die Notenbanken bereitstehen, bei Bedarf die Wirtschaft zu stützen."
Die australische Notenbank hatte jüngst ihren Leitzins wegen der weltweiten Konjunkturabkühlung auf den tiefsten Stand seit zweieinhalb Jahren gedrückt. Die weltweit einflussreichste Zentralbank, die US-amerikanische Fed, hatte zuletzt ebenfalls Signale ausgesendet, dass sie angesichts der schleppenden wirtschaftlichen Erholung für weitere Konjunkturspritzen bereitsteht.
Die Europäische Zentralbank (EZB) hält ihr Pulver zwar noch trocken, hat aber zumindest die Tür für eine Senkung des rekordniedrigen Zinssatzes offengelassen. "Angesichts der drohenden Rezession ist eine Zinssenkung im Juli wahrscheinlich", sagte Ökonom Schulz. Die EZB könnte nach Ansicht von Experten bei größeren Turbulenzen um Griechenland und Spanien in der Euro-Krise recht bald in Zugzwang geraten. Die Folgen der Krise haben in Zeiten der Globalisierung bereits China erfasst: Denn der Exportweltmeister leidet unter den Problemen in der EU, seinem wichtigsten Absatzmarkt.
Niedriges Wachstum droht
In der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt hatten sich zuletzt die Anzeichen für eine spürbare Konjunkturabkühlung verstärkt. Der Einkaufsmanager-Index für große Industrieunternehmen fiel im Mai überraschend auf ein Jahrestief. Noch schlechter steht es um Chinas mittelständische Industrie. Deren Einkaufsmanager-Index signalisiert bereits seit sieben Monaten schrumpfende Geschäfte.
Für das Gesamtjahr sagen Ökonomen ein Wirtschaftswachstum von 8,2 Prozent voraus. Das wäre der schwächste Anstieg seit 1999. Für zahlreiche deutsche Unternehmen ist China inzwischen der wichtigste Kunde, etwa für Volkswagen und Porsche.
Quelle: ntv.de, rts