Höhenluft zu dünn Dax schließt im Minus
20.02.2013, 18:05 Uhr
Haben die Anleger genug von der Höhenluft?
(Foto: dpa)
Mit der Kauflust der Aktienanleger ist es zur Wochenmitte schon wieder vorbei, der ZEW-Index ist Schnee von gestern. Nach und nach gibt der Dax seine Gewinne ab, bis er schließlich ins Minus rutscht. Bei den Unternehmen sorgt Lufthansa für lange Gesichter.
Nach den starken Kursgewinnen vom Vortag bröckelten die Kurse am deutschen Aktienmarkt langsam, aber stetig ab. "Die gestrige Stärke im Markt kam doch etwas unerwartet", sagte ein Händler. Der Dax schloss 0,3 Prozent leichter bei 7729 Zählern. "Die Einkaufsmanager-Indizes und der ifo-Index müssen den starken Anstieg des ZEW-Index von gestern erst noch bestätigen. Da scheint allmählich Skepsis oder zumindest Vorsicht Einzug zu halten", sagte ein anderer Händler. Am Donnerstag werden Einkaufsmanager-Indizes in der Eurozone veröffentlicht und am Freitag der ifo-Index, beide Datenreihen für den Februar.
"Der Fokus der Investoren richtet sich jetzt auf die Parlamentswahlen in Italien ", sagte Robert Halver, der für die Baader Bank die Kapitalmarktanalyse leitet. Die große Frage sei, wie es mit der Reformpolitik des Landes weitergehe. Die Italiener entscheiden Sonntag und Montag über ihre neue Regierung, und es scheint möglich, dass Ex-Regierungschef Silvio Berlusconi es noch einmal an die Macht schafft. Der 76-Jährige ist gegen etliche Reformvorhaben. Er hat der EZB erst jüngst ein Versagen ihrer Krisenpolitik vorgeworfen und sogar schon über einen Austritt Italiens aus dem Euro spekuliert. "Schlimmstenfalls könnte der Berlusconi-Effekt den Draghi-Effekt überlagern", so Halver. Notenbankchef Mario Draghi hatte im Sommer mit seiner Aussage, alles Nötige zur Rettung des Euro zu tun, eine monatelange Börsen-Rally in Gang gesetzt.
Mit Enttäuschung reagierten die Anleger auf die Dividendenstreichung der Lufthansa. Sie stießen die Aktien ab und verursachten so einen Kursrutsch. Die Aktie lag mit minus 6,2 Prozent am Dax-Ende. Börsianer sprachen von einer "bösen Überraschung". DZ Bank und Equinet bekräftigten dennoch ihre Kaufempfehlungen. Lufthansa sei mit den Restrukturierungen auf dem richtigen Weg, sagte Equinet-Analyst Jochen Rothenbacher.
Verkauft wurden auch die Aktien von E.ON und RWE, sie verloren jeweils rund zwei Prozent. Die Analysten der Credit Suisse führen für den nun schon mehrere Monate dauernden Kursverfall beider Aktien den Rückgang der Strompreise an.
Besonders gesucht waren im Dax HeidelbergCement, die um 1,8 Prozent auf 51,26 Euro stiegen. Zum einen wirkte sich eine Kursziel-Anhebung der Citigroup positiv aus. Zum anderen animierte der Zwischenbericht des weltgrößten Zementherstellers Lafarge die Anleger zum Kauf. Die Franzosen rechnen für das laufende Jahr mit einem Marktwachstum von einem bis vier Prozent, wovon auch die Konkurrenz profitieren dürfte. Die in Paris gelisteten Lafarge-Aktien verteuerten sich um sechs Prozent.
Besonders gefragt blieben aber die Werte aus der zweiten oder dritten Reihe. Die Aktien von Kabel Deutschland legten kräftig zu, mussten einen Teil der Gewinne aber wieder abgeben. Zum Schluss blieb ein Plus von 0,9 Prozent stehen. Die Anhebung der Dividende sei eine positive Überraschung, stellte DZ-Bank-Analyst Karsten Oblinger fest. Ansonsten seien die Zahlen solide, aber unspektakulär. "Alle konzentrieren sich auf eine mögliche Übernahme durch Vodafone", erklärte Marktanalyst Heino Ruland von Ruland-Research. Dazu schwieg sich das Unternehmen aber aus. Laut Insidern will Vodafone für Kabel Deutschland ein Angebot vorlegen.
Angesichts des geplanten Verkaufs von Geschäftsteilen durch die Tochter Leighton zogen die Aktien von Hochtief um 2,7 Prozent auf ein Zwölf-Monats-Hoch von 55,04 Euro an. Ein erfolgreicher Deal könnte Leighton einen substanziellen Einmal-Ertrag bringen, erklärte DZ Bank-Analyst Marc Nettelbeck. Die Aktien von Leighton stiegen in Sydney um 3,6 Prozent.
An der MDax-Spitze standen die Papiere der Aareal Bank mit einem Plus von 4,5 Prozent. Im abgelaufenen Geschäftsjahr ging das Neugeschäft zwar zurück, das selbst gesteckte Ziel konnte der Immobilienfinanzierer aber übertreffen
Im TecDax fielen die Aktien von Dialog Semiconductor um bis zu 3,5 Prozent, konnten die Verluste aber eindämmen. Übrig blieb ein Abschlag von 0,33 Prozent. Der Chipentwickler sieht noch kein Ende des Smartphone-Booms, erwartet für das erste Quartal 2013 aber ein nur verhaltenes Wachstum.
Die Nachwehen der Geschäftszahlen vom Vortag haben Comdirect erneut auf Talfahrt geschickt. Die Aktien fielen um 1,44 Prozent. "Die geringer als erwartet ausgefallene Dividende ist ganz klar eine Enttäuschung", schrieb Equinet-Analyst Philipp Häßler in einem Kommentar. Angesichts des sich abzeichnenden Rückgangs bei den Zinserträgen hält der Experte zudem die Gewinnerwartungen des Marktes für 2013 in Höhe von 0,49 Euro je Aktie für zu hoch. Er rechne mit einem Ergebnis von 0,39 Euro je Aktie. Häßler stufte die Comdirect-Titel auf "Sell" von "Reduce" herunter und senkte das Kursziel auf 6,60 von 7,20 Euro. Die Aktien der Comdirect-Mutter Commerzbank verloren 0,4 Prozent auf 1,50 Euro.
Quelle: ntv.de, sla/rts/DJ