Marktberichte

Nach dem Zinsentscheid der EZB Dax schließt klar im Plus

Es ging schon ruhiger zu am deutschen Aktienmarkt: Indexänderungen, zwei Zinsentscheide, US-Absatzzahlen, G20-Treffen, Bundestagswahlkampf und eine geopolitische Militärschlag-Krise.

Es ging schon ruhiger zu am deutschen Aktienmarkt: Indexänderungen, zwei Zinsentscheide, US-Absatzzahlen, G20-Treffen, Bundestagswahlkampf und eine geopolitische Militärschlag-Krise.

(Foto: REUTERS)

Kurvenreich bewegt sich der deutsche Aktienmarkt durch einen wechselvollen Handelstag: Nach einem kurzen Ausflug Richtung Süden stößt der Leitindex am frühen Nachmittag in die Gewinnzone vor. Die 8200er-Linie hält, Börsianer gehen voller Zuversicht in den Feierabend.

Am deutschen Aktienmarkt blicken Händler und Anleger auf einen kurvenreichen Handelstag zurück: Ermutigende Konjunkturdaten und die Aussicht auf längerfristig niedrige Zinsen im Euroraum haben den Börsen am Donnerstag europaweit Auftrieb verliehen.

Nach der kurzfristig aufgeflammten Unruhe am späten Vormittag geht der Leitindex Dax mit einem Plus von 0,48 Prozent auf 8234,98 Punkte aus dem Handel. Das Tagestief liegt bei 8165,36 Zählern, das Tageshoch bei 8257,73 Punkten. Der Nebenwerteindex MDax schließt 0,65 Prozent fester bei 14.610,03 Zählern. Der TecDax beendet den Tag 0,86 Prozent höher bei 1050,93 Punkten.

EZB-Chef Mario Draghi hatte in der Pressekonferenz nach dem stabilen Zinsentscheid bekräftigt, dass die Zinsen "für einen längeren Zeitraum auf dem jetzigen oder niedrigeren Niveau bleiben werden". Den Leitzins ließ der EZB-Rat nach der September-Sitzung unverändert bei 0,5 Prozent. Ähnlich stabil fiel der Zinsentscheid der Bank of Englang in London aus.

Die Aussicht auf dauerhaft niedrige Zinsen hätte Anleger wohl noch sehr viel mehr beflügelt, hätte Draghi nicht in der Pressekonferenz zum Zinsentscheid zugleich auch einen verhaltenen Ausblick für die europäische Wirtschaft geliefert. Dies habe größere Kursgewinne im Dax und den übrigen großen Indizes verhindert, erklärten Beobachter. Der Eurostoxx50 legte um 0,3 Prozent auf 2767,56 Zähler zu. An der Wall Street gewannen Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 zum Handelsschluss in Europa zwischen 0,1 und 0,3 Prozent.

"An den Wachstumsaussichten der EZB wird deutlich, dass die konjunkturelle Situation in der Eurozone weiter von Unsicherheit geprägt ist", sagte Volkswirt Lothar Hessler von HSBC Trinkaus. "Die Rezessionsphase ist vielleicht vorbei, aber ob uns eine nachhaltige Erholung bevorsteht, ist noch unklar." Im laufenden Jahr rechnen die EZB-Experten zwar nur noch mit einem Rückgang von 0,4 Prozent (zuvor: minus 0,6 Prozent) der Wirtschaftskraft, für 2014 nahmen sie allerdings ihre Wachstumsvorhersage auf plus eins von plus 1,1 Prozent zurück.

Besser läuft es dagegen in den USA: Dort überraschten die wöchentlichen Erstanträge auf US-Arbeitslosenhilfe positiv, ebenso wie die Zahlen zur Produktivität im zweiten Quartal, das Stimmungsbarometer für das nicht-verarbeitende Gewerbe (ISM-Index Service) und der Auftragseingang der Industrie. Die Zahlen untermauerten einem Börsianer zufolge den Trend einer kontinuierlichen Erholung der US-Konjunktur. Damit bestehe weiterhin die Möglichkeit, dass die US-Notenbank Fed bereits im September die geldpolitischen Zügel anziehe, hieß es aus New York.

Bislang kauft die US-Notenbank zur Ankurbelung der Konjunktur monatlich Staatsanleihen und Immobilienpapiere im Volumen von 85 Milliarden Dollar auf. Fed-Chef Ben Bernanke hatte angekündigt, den Geldhahn ab Jahresende allmählich zuzudrehen, sofern sich die US-Konjunktur weiter erholt. Seither wird an den Finanzmärkten heiß darüber diskutiert, ab wann und wie stark die Notenbank ihre Käufe drosselt.

Vor diesem Hintergrund trennten sich einige Anleger von ihren US-Staatsanleihen. Daraufhin stieg die Rendite der richtungsweisenden zehnjährigen Papiere auf ein Zwei-Jahres-Hoch von 2,984 Prozent. Auch Bundestitel standen auf den Verkaufslisten. Die Rendite der deutschen zehnjährigen lag mit 2,047 Prozent so hoch wie zuletzt im März 2012. Im Gegenzug fiel der Bund-Future  auf ein Zwölf-Monats-Tief von 138,48 Punkten.

Ein weiteres großes Thema des Tages blieb die Syrien-Krise: Solange unklar sei, wie sich die Lage im Nahen Osten entwickele, blieben die Börsen anfällig für Kursausschläge, betonte Finanzmarkt-Experte Todd Schoenberger von LandColt Capital. "Wird ein Krieg die Entscheidung der Fed beeinflussen? Sollten wir mit einem Ölpreis-Anstieg auf 140 Dollar rechnen? Das sind die großen Fragen, die sich Anleger stellen." Ein Fass der richtungsweisenden Ölsorte Brent aus der Nordsee kostete am Donnerstag rund 115 Dollar.

In der Arena der Einzelwerte standen Aktien aus dem Automobilsektor an der Spitze der Tagesgewinner: Sowohl im Dax als auch im Eurostoxx50 übernahmen BMW-Titel mit einem Plus von 6,0 Prozent auf 76,97 Euro die Führung. Die Aktien des Autobauers profitierten von den am Vortag veröffentlichten starken US-Absatzzahlen und einer Kaufempfehlung. Im Windschatten von BMW fuhren Daimler ein Kursplus von 1,4 Prozent auf 54,07 Euro ein. Volkswagen legten trotz eines enttäuschenden US-Absatzes der Kernmarke VW um 1,2 Prozent zu - die Töchter Audi und Porsche hatten auf dem wichtigen Markt erfolgreicher abgeschnitten.

Die Anteilsscheine von K+S verloren 0,13 Prozent, obwohl nach der Entscheidung des Arbeitskreises Indizes nun feststeht, dass die Titel des Kali- und Salzunternehmens fürs Erste im Leitindex bleiben werden. Händler begründeten die Verluste mit wieder aufgeflammten Sorgen über sinkende Kalipreise.

Die Aktien von Evonik und Osram legten um 0,98 Prozent beziehungsweise 1,79 Prozent zu. Sie profitierten von ihrer bevorstehenden Aufnahme in den MDax. Die Aktien der RTL Group dagegen fielen nach ersten Gewinnen um 2,36 Prozent. Ebenfalls wie erwartet werden diese drei Werte in den Index der mittelgroßen Werte aufgenommen. Puma, Baywa und SGL Carbon müssen dafür in den SDax absteigen, was die Papiere des Agrardienstleisters und des Kohlestoff-Spezialisten belastete.

Die Aktien von Deutschlands größtem Softwarekonzern SAP gaben deutlich nach, erholten sich aber bis zum Abend von ihren Tagestiefs. "Das ist bemerkenswert, weil die Erholung in den USA unter anderem von den Technologiewerten ausgeht", sagte ein Händler. Mit dem Bruch der Unterstützung bei 54 Euro und dem damit verbundenen Fall aus der bisherigen Trading-Range gebe es vom Chart her kaum Aussichten auf eine schnelle Entspannung. Die SAP-Aktie schloss 1,4 Prozent im Minus bei 53,42 Euro.

Eine Kurzstudie der Analysten von JP Morgan sorgt bei den deutschen Energieversorgern für gegenläufige Bewegungen: Die Aktien von RWE verzeichnen Kursgewinne, die Titel von Eon geben nach. Die Aktien von RWE zogen um 3,7 Prozent an auf 21,87 Euro, während Eon sich lediglich um 0,2 Prozent auf 12,11 Euro verbesserten. Die Analysten von JP Morgan hatten ihre Einstufung für RWE auf "neutral" von "underweight" erhöht. Die weit verbreiteten Sorgen über die RWE-Bilanz seien übertrieben, schrieben die Analysten. Der Versorger habe ein hohes Niveau langlaufender Rückstellungen, aber niedrige Refinanzierungs-Erfordernisse.

Die RWE-Aktien haben im bisherigen Jahresverlauf ziemlich viele Federn lassen müssen: Die Titel liegen derzeit über 30 Prozent im Minus. Eon-Aktionäre können sich da mit einem bisherigen Jahresabschlag von etwa 14 Prozent noch glücklich schätzen. Zum Vergleich: Der Dax liegt - gemessen ab Jahresbeginn - etwa 8 Prozent im Plus. JP Morgan senkte das RWE-Kursziel nun von 28 auf 22 Euro und nahm auch das Ziel für Eon von 12,50 auf 11,00 Euro herunter. Die Anlageempfehlung für Eon blieb bei "underweight".

An der Mailänder Börse waren Telecom Italia mit einem Plus von 8,4 Prozent besonders stark gefragt. Einem Insider zufolge gibt es mehrere Interessenten für einen Einstieg bei dem italienischen Ex-Monopolisten. Dazu gehörten der US-Konzern AT&T und America Movil des Milliardärs Carlos Slim.

Die Aktien von Kaydon schossen sogar 23 Prozent in die Höhe auf 35,53 Dollar. Schaeffler-Konkurrent SKF will den US-Hersteller von Kugellagern für 35,50 Dollar je Aktie übernehmen.

Die am späten Vormittag unvermittelt aufflammende Nervosität am Markt erklärten Händler mit der erneut aufkeimenden Furcht vor einer Währungskrise in den Schwellenländern: Einige Devisenkurse aus diesem Bereich seien im Verlauf erneut unter Druck geraten, darunter auch die türkische Lira, die auf ein neues Rekordtief von 2,0865 Dollar fiel. Am Vortag hatte die türkische Notenbank ihre bisherige Verteidigungsstrategie für Lira aufgegeben. Man gebe einer Volatilität der Wechselkurse den Vorzug vor einer erzwungenen Zinserhöhung, hieß es zur Begründung.

Devisenexperte Erkin Isik von Turk Ekonomi Bankasi erwartet als Folge des Festhaltens an den Zinssätzen und wegen des Fehlens anderer geldpolitischer Instrumente eine weitere Schwächung der Lira gegenüber den Währungen anderer Wachstumsländer. Seit Mai, als die Fed angekündigt hatte, ihre lockere Geldpolitik zum Jahresende aufzugeben, hat die Türkei wie auch andere Schwellenländer umfangreiche Verkäufe der eigenen Währung erlebt. Der Lira half es auch nicht, dass die Notenbank auf Auktionen zuletzt über neun Milliarden Dollar an Devisen abstieß. Die türkische Währung hat seit Mai gegenüber dem Dollar zwölf Prozent an Wert verloren.

Am Markt für Staatsanleihen stieg die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere von 1,61 Prozent am Vortag auf 1,64 Prozent. Der Rentenindex Rex sank um 0,12 Prozent auf 132,03 Punkte. Der Bund Future fiel um 0,75 Prozent auf 138,50 Punkte. Der Kurs des Euro sank deutlich und notierte zuletzt bei 1,3116 US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs zuvor auf 1,3202 (Mittwoch: 1,3171) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7575 (0,7592) Euro.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts/DJ

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