8000er-Marke zum Greifen nah Dax schließt stark im Plus
05.03.2013, 18:06 Uhr
Die Probleme in Rom und Washington sind plötzlich ganz weit weg: Die Aussichten auf eine anhaltende Geldschwemme stimmen Anleger am deutschen Aktienmarkt bemerkenswert optimistisch.
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Das neue Allzeithoch im Dow bleibt am deutschen Aktienmarkt nicht ohne Wirkung: Nach einem sorgenumwölkten Wochenstart gewinnt der Leitindex weiter an Höhe. Am Abend blicken Händler auf den höchsten Stand seit rund fünf Jahren.
Die Hoffnung auf eine anhaltend lockere Geldpolitik treibt den deutschen Aktienhandel am zweiten Handelstag der Woche weit in die Gewinnzone. Unterstützt von starken Unternehmensbilanzen klettert das wichtigste deutsche Börsenbarometer auf den höchsten Stand seit Anfang 2008.
Nach einem freundlichen Handelstag geht der Leitindex Dax mit einem Aufschlag von 178 Zählern oder 2,32 Prozent bei 7870,31 Punkten aus dem Handel. Der Nebenwerteindex MDax brach sogar seinen Rekord für den höchsten Schlusskurs aller Zeiten: Er schloss bei 13.314,47 Punkten - 0,85 Prozent im Plus. Der TecDax verbessert sich am Dienstag um 1,20 Prozent auf 920,13 Punkte.
Auslöser der neu gewonnenen Zuversicht waren geldpolitische Signale aus Japan, Großbritannien und vor allem den USA: Die stellvertretende Chefin der US-Notenbank, Janet Yellen, hatte am Vortag eine unveränderte Fortsetzung des Anleihekaufprogramms zur Stützung der Wirtschaft signalisiert. In Japan wurde mit Haruhiko Kuroda ein Mann als neuer Chef der Bank von Japan (BoJ) nominiert, der als ausgeprägter Verfechter einer ultra-lockeren Geldpolitik zur Ankurbelung der Konjunktur gilt. Angesichts der drohenden Rezession in Großbritannien gehen Börsianer zudem davon aus, dass die Bank von England (BoE) nach ihrer Ratssitzung am Donnerstag neue Anleihe-Käufe ankündigen wird.
Für zusätzlichen Rückenwind sorgte am Nachmittag der Dow Jones Industrial, der im Verlauf ein neues Rekordhoch bei 14.286 Punkten eroberte und damit die alte Bestmarke aus dem Oktober 2007 übertraf. Die Liquiditätsrally gehe weiter, kommentiert Daniel Saurenz von Feingold Research. "Der Sprung des Dax über 8000 Zähler könnte somit durchaus noch in dieser Woche erfolgen. Es wäre nicht das erste Mal, dass man sich vom großen Bruder mitziehen lässt."
In der Liga der deutschen Einzelwerte lieferten ermutigende Bilanzen von Schwergewichten wie Deutscher Post, RWE und Beiersdorf neue Anhaltspunkte. Politische Risiken durch den weiterhin ungelösten Haushaltsstreit in den USA und die schwierige Regierungsbildung in Italien traten in den Hintergrund. Europaweit gehörten auch die Finanztitel zu den größten Gewinnern. Hier trug auch das erneute Rekordergebnis des britischen Instituts Standard Chartered zur guten Stimmung bei.
Stark gefragt waren im Dax die Papiere der Deutschen Post, die nach der Bilanzvorlage für 2012 an der Index-Spitze 5,8 Prozent auf 17,99 Euro zulegten. Laut Analysten überzeugte der Logistikkonzern mit einem "exzellenten vierten Quartal". Der Ausblick auf 2013 traf zudem weitgehend die Erwartungen.
"Das Management hat geliefert, was es für das Jahr 2012 versprochen hat", fasste DZ-Bank-Analyst Robert Czerwensky das Ergebnis des Bonner Konzerns zusammen. Die Prognose für den operativen Gewinn 2013 liege im Rahmen der Analystenerwartungen. Die Post hat für 2012 einen Gewinnsprung verbucht und für das laufende Jahr ein weiteres Plus prognostiziert.
RWE-Anleger fahren Achterbahn
Die Aktien von RWE gaben unterdessen einen Teil ihrer frühen Kursgewinne wieder ab. "Der Markt schießt sich auf den Ausblick für 2014 ein", erklärte ein Händler. Im kommenden Jahr rechnet Deutschlands zweitgrößter Energiekonzern mit einem Gewinnrückgang. Die fallenden Strompreise schlügen sich zunehmend in den Ergebnissen nieder, das Marktumfeld werde immer schwieriger, meinte der Händler.
Im Konsens rechneten Analysten für 2014 mit einem Gewinnrückgang von sieben Prozent. Der Verkauf von Dea werde angesichts einer Verschuldung, die das 3,5-Fache des Vorsteuerergebnisses (Ebitda) betrage, zunehmend als "Notlösung" betrachtet.
Wie aus den am Berichtstag vorgelegten Zahlen hervorgeht, konnte RWE das Ergebnis im abgelaufenen Jahr wieder steigern und sich damit vom Einbruch des Geschäfts nach der Atomwende 2011 erholen. Zudem zieht sich RWE aus der Förderung von Erdgas und Erdöl zurück und will sämtliche Anteile an RWE Dea verkaufen. Die Papiere zogen zeitweise bis an die Indexspitze, notieren zuletzt jedoch nur 1,1 Prozent im Plus.
Nach einem schwachen Start zählten zeitweise auch die Titel von Beiersdorf zu den großen Gewinnern. Bei 69,24 Euro notierten sie im Verlauf nah ihres Rekordhochs. Der Kosmetikkonzern steigerte 2012 seinen Gewinn, verfehlte aber die durchschnittliche Analystenprognose. Am Abend gingen die Aktien von Beiersdorf 0,6 Prozent fester aus dem Handel.
"Die Aussagen, wonach man in die Spitzenliga der Kosmetik-Industrie will und neue Märkte erschließen will, scheinen am Markt zu gefallen", sagte ein Händler. Im frühen Handel waren die Aktien noch um 2,8 Prozent abgerutscht, weil die in Aussicht gestellte Dividende mit stabil 70 Cent je Aktie unter den Erwartungen geblieben war.
Die erneute Nichtzulassung von Xarelto für eine erweiterte Zulassung auf dem US-Markt kann die Aktien von Bayer nur geringfügig in ihrem Aufwärtsdrang bremsen. Am vergangenen Donnerstag waren die Titel noch auf ein Jahreshoch gestiegen. Seitdem handeln sie knapp darunter. "Xarelto hat sich zuletzt sehr gut entwickelt und in einigen wichtigen Absatzländern Marktanteile von 25 bis 30 Prozent erreicht", sagt ein Händler. Insgesamt ging es am Dienstag für die Bayer-Papiere 3,2 Prozent nach oben.
Autobauer "hoffen und glauben"
Die Perspektiven der deutschen Automobilindustrie schätzen Anleger offenbar wieder besser ein: Im Dax legen die Aktien von VW und BMW jeweils deutlich mehr als 2 Prozent zu. "Wir hoffen und glauben, dass im zweiten Halbjahr die Märkte besser werden - der Start ist nicht allzu ermutigend", sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche bei n-tv.
"Wir hoffen, dass die Zuversicht zunehmend wieder Fuß fasst und wir sehen auch durchaus Anzeichen beispielsweise in Deutschland mit der Haltung der Unternehmen, die Chancen für den Export für die zweite Jahreshälfte eindeutig sehen." Die Aktien von Daimler verbesserten sich als einer der stärksten Dax-Werte des Tages um 3,7 Prozent auf 46,66 Euro.
In London kletterte der Index FTSE-100 um 1,36 Prozent auf 6431,95 Punkte. Die Kurse in Paris stiegen um 2,09 Prozent auf 3787,19 Punkte.
Der US-Aktienindex Dow Jones war am Dienstag zu Handelsbeginn auf ein Allzeithoch geklettert. Das Börsenbarometer lag in New York zeitweise bei mehr als 14.260 Punkten. Seine bisherige Höchstmarke von 14.198 Punkten hatte der Dow Jones vor der Finanzkrise am 11. Oktober 2007 erreicht.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts