Finanzwerte unter Druck Dax schwer angeschlagen
23.10.2002, 20:20 UhrDer Dax bekam am Mittwoch erneut einen kräftigen Dämpfer. Massive Kursverluste der Finanzwerte haben den Deutschen Aktienindex zeitweise unter die Marke von 3.000 Punkten gedrückt. Die am Mittag vorgelegten Geschäftszahlen der HypoVereinsbank gaben Befürchtungen über eine Bankenkrise in Deutschland neue Nahrung, sagten Händler. Aber auch Versicherer sackten deutlich ab. So brach der Kurs der Münchener Rück nach einer Verkaufsempfehlung um mehr als 10 Prozent ein. Der Dax schloss mit einem Abschlag von 4,5 Prozent bei 3.015 Zählern und damit rund 80 Punkte über dem Tagestief.
Die Bullen seien jetzt erst einmal müde, so Hans-Jörg Naumer, Finanzmarkt-Analyst bei der Fondsgesellschaft DIT. Der Dax sei in den vergangenen zwei Wochen um über 600 Punkte gestiegen, das sei vielleicht ein bisschen zuviel gewesen. Zudem komme die Diskussion um die Schwäche der deutschen Konjunktur komme langsam wieder ins Blickfeld, fügte Naumer hinzu.
Nach den USA kommt jetzt auch in Deutschland die Berichtsaison langsam in Fahrt - DaimlerChrysler präsentierte sich dabei mit einem Ergebnis über den Erwartungen. Der Autobauer hat seinen operativen Gewinn ohne Sondereffekte im dritten Quartal auf 1,7 Milliarden Euro nach 0,7 Milliarden Euro im Vorjahresquartal gesteigert. Analysten hatten nur mit einem Anstieg auf 1,27 Milliarden Euro gerechnet. Das bereinigte Konzernergebnis stieg nach Angaben des Autobauers um 214 Prozent auf 0,9 Milliarden Euro. Für das Gesamtjahr rechnen die Stuttgarter mit einem bereinigten operativen Gewinn von mehr als 5 Milliarden Euro. Die Aktie gab nach Vorlage der Zahlen allerdings einen Großteil ihrer Gewinne wieder ab und fiel 4,7 Prozent auf 36,90 Euro. Händler machten Gewinnmitnahmen für die Abschläge verantwortlich.
Die HypoVereinsbank hat im dritten Quartal mit einem Vorsteuerverlust von 447 Millionen Euro die Erwartungen von Analysten deutlich verfehlt. Die Experten hatten nur mit einem Fehlbetrag von 260 Millionen gerechnet. Der Verlust resultiert nach Angaben der zweitgrößten deutschen Bank vor allem aus der deutlich aufgestockten Risikovorsorge im Kreditgeschäft in Höhe von 1,232 Milliarden Euro. Die Aktie brach 14,5 Prozent auf 14,21 Euro ein. Dieter Rampl soll zudem des bisherigen HVB-Chef Albrecht Schmidt bereits ab Januar 2003 an der Spitze der zweitgrößten deutschen Bank ablösen und das Kreditinstitut aus der schwersten Ertragskrise seiner Geschichte führen.
Auch die anderen Finanz-Werte zeigten sich schwach. Die Deutsche Bank verlor 7,5 Prozent auf 43,01 Euro, für die Commerzbank ging es 12,5 Prozent auf 6,75 Euro nach unten und die Allianz schloss 7,3 Prozent leichter bei 99,70 Euro.
Schlechte Nachrichten gab es für die Münchener Rück. Die Analysten der Deutschen Bank haben die Aktie auf „sell“ von zuvor „hold“ zurückgestuft. Das Kursziel wurde von der Deutschen Bank mit 121 Euro benannt. Die Aktie fiel 11,2 Prozent auf 127,50 Euro.
Der Siemens-Konzern will einem Zeitungsbericht zufolge beim geplanten Stellenabbau offenbar keine betriebsbedingten Kündigungen aussprechen. Die Firmenleitung hat einem Zeitungsbericht zufolge in den Verhandlungen mit den Betriebsräten erstmals erklärt, auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten zu wollen. Einem anderen Bericht zufolge will Siemens auf mehr als die Hälfte des ursprünglich geplanten Abbaus von rund 2.300 Stellen in München verzichten. Die Aktie fiel 4,7 Prozent auf 40 Euro.
Der Interims-Chef der Deutschen Telekom Sihler will einem Magazinbericht zufolge den rund 4.000 Führungskräften im Konzern für das kommende Jahr eine Gehalts-Nullrunde verordnen. Der Bonner Konzern erwägt nach Angaben aus unternehmensnahen Kreisen zudem den Verzicht auf eine langwierige Zusammenlegung ihrer US-Mobilfunktochter mit einem Konkurrenten. Damit würde T-Mobile in den USA allein weitergeführt. Die T-Aktie lag mit 0,6 Prozent auf 10,40 Euro über dem Vortagesschluss.
Die ursprünglich für Ende dieses Jahres erwartete endgültige Entscheidung des Düsseldorfer Oberlandesgerichts über die Fusion der Energiekonzerne E.ON und Ruhrgas wird sich voraussichtlich verzögern. Eine Sprecherin des Gerichts sagte, der ursprüngliche Termin sei wegen der Komplexität des Themas wohl nicht zu halten. Die E.ON-Aktie fiel 1,3 Prozent auf 46 Euro.
Ärger steht dem Pharmakonzern Bayer ins Haus. Der US-Konkurrent Pfizer will insgesamt fünf Unternehmen, darunter die Leverkusener, verklagen, die in der nächsten Zeit ein dem Pfizer-Medikament Viagra ähnelndes Erektionsmittel auf den Markt bringen wollen. Er sei besorgt und schaue, wie sich die Fälle entwickeln würden, so ein Händler. Selbst wenn das von Bayer und GlaxoSmithKline gemeinsam entwickelte Levitra vor den Augen des Gerichts Gnade finde, werde die Klage wohl den Verkaufsstart verzögern, sagte er. Nachdem Bayer von der US-Zulassungsbehörde FDA um weitere Informationen gebeten worden war, musste der Verkaufsbeginn bereits in die zweite Jahreshälfte verschoben werden. Für die Bayer-Aktie ging es 7 Prozent auf 18,21 Euro nach unten.
Heidelberger Druckmaschinen plant einen massiven Stellenabbau. In Deutschland sollen 1800, im Ausland weitere 400 Arbeitsplätze wegfallen. Das teilte der Vorstandsvorsitzende des weltgrößten Druckmaschinenherstellers, Bernhard Schreier, mit. Die Standorte Ludwigsburg und Mühlhausen sollen zusammengelegt und die Produktion aus Kiel in die USA verlagert werden. Mit dem Stellenabbauprogramm will das Unternehmen dauerhaft 200 Millionen Euro einsparen. Die Aktie, die im MDax notiert ist, verlor 0,8 Prozent auf 27,77 Euro.
Quelle: ntv.de